Wie soll man eigentlich die letzte Folge toppen? Eigentlich muss die Serie jetzt erstmal die Geschwindigkeit rausnehmen. Aber das bedeutet nicht, dass dies etwas Schlechtes ist. „Better Call Saul“ hat den USP niedrige Geschwindigkeit; sie weiß sie zu nutzen und damit zu glänzen.
Das Intro von „Fahrerflucht“ könnte skurriler nicht sein. Wir sehen die Einöde einer gepflegten Gegend mit Einfamilienhäusern. Eine Frau und ein Mann in Sportanzügen fahren mit dem Fahrrad herum und echauffieren sich über eine zu aggressive Farbe eines Hauses, welches gerade gestrichen wird. Von diesem Thema können gar nicht ablassen und vermuten, dass dies in der Gemeinschaft der Hauseigentümer für Probleme sorgen wird. Und während sie sich unterhalten und in ihr Haus gehen, sehen wir in darin bewaffnete Männer, die dort offenbar mit diesem Pärchen leben und mit Kameras die Gegend beobachten. Man fühlt sich an einen Quentin Tarantino Film erinnert. Banale Gespräche mit vorgehaltener Waffe ABER diese Waffe wird nicht abgedrückt. Man spürt die Gefahr und, dass etwas bevorsteht.
Während sich hier etwas zusammenbraut, macht Jimmy das, was Jimmy macht. Auch ein schöner Kontrast zu dem Intro und Outro der Folge. Wie Jimmy seine Haut färbt, so dass er wie Howard aussieht – großartig! Alles nur, um Clifford gegen Howard aufzubringen. Und Kim ist mal wieder dabei und macht eifrig mit. An diesen Szenen liebe ich einfach alles, insbesondere die Kleinigkeiten. Als Jimmy mit Howards Auto davonfährt und nochmal anhält, weil er den Pylonen auf den Parkplatz stellt, damit dieser noch frei ist, wenn er zurückkommt; die Kamera haben sie an der Autotür befestigt oder zumindest macht sie die Bewegung komplett mit. Das bringt Dynamik in diese skurrile Szene, einfach nur schön. Ode rauch wie Jimmy, um seine Tat zu komplettieren, das Parkschild aus der Erde ziehen muss, weil irgendein Depp seinen Pylonen ignoriert hat und er das Auto nicht dort parken kann, wo Howard geparkt hat.
Ansonsten sehen wir in der Folge, dass Jimmy als Saul Goodman sehr nah an sein späteres Ich in „Breaking Bad“ heranrückt. Dass ihm auf einmal alle schrägen Vögel nachlaufen und vertreten werden wollen, weil sich herumgesprochen hat, dass er mit Salamancas unter einer Decke steckt. Gleichzeitig hassen ihn ab jetzt auch alle im Gericht. Jimmy zeigt Kim sein zukünftiges Büro – ein weiterer Schritt in Richtung „Breaking Bad“. Und einmal mehr mache ich mir Sorgen um Kim. Wird sie auf der Strecke bleiben. Und wie sehr sollte man, sofern dies zutrifft, um sie trauern? Letztendlich ist sie auch nicht viel besser als Jimmy. Außen hat die die weiße Weste, aber innen steht sie Jimmy in fast nichts mehr nach. Das ist eine sehr spannende Charakterentwicklung. Kim ist auch verdammt schlau, sie entdeckt, dass Mike sie verfolgen lässt und trifft dann auch auf Mike. Eine weitere Verstrickung in Kreise für Kim, die ihr zum Verhängnis werden kann.
Richtig genial finde ich das Ende. Dass Gus sich einen Tunnel in das Haus der Leute hat bauen lassen, die man am Anfang gesehen hat. Ein bisschen James Bond Feeling; der übermächtige Superschurke mit einer großen geheimen Basis. Aber damit auch etwas übertrieben; insbesondere, dass Mike offenbar eine ganze Armee leitet und ganz einfach an neue, fähige Leute kommt. Aber es sei der Serie verziehen. Lalo taucht auch in dieser Folge nicht auf, man fragt sich, wie er zurückschlagen wird. In jedem Fall ist Gus vorbereitet.
Fassen wir zusammen: Viel passiert nicht in dieser Folge. Aber die knisternde Spannung und die Atmosphäre sind erneut genial. Jimmy macht Jimmy Dinge und Gus macht Gus Dinge – eigentlich ganz einfach und doch so gewaltig und einprägsam in der Umsetzung.
Bilder: AMC / NETFLIX
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