Ich habe mich sehr darauf gefreut, wieder die Reviews zu den neuen Folgen „Better Call Saul“ zu übernehmen, war der Auftakt der finalen Staffel doch größtenteils von sehr hoher Qualität. Die bleibt auch in Folge Fünf hoch, auch wenn die ganz großen Highlights ausbleiben. Wobei, eines gibt es dann doch…
Direkt zu Beginn spielt man mit unseren Gefühlen, wähnen wir uns doch ein bisschen in guten alten Meth-Labor-Zeiten, als die glasklare Flüssigkeit flach über eine Fläche gegossen wird. Aber nein, hier wird lediglich Acrylharz angemischt, um eine Art Trophäe zu schaffen. Mit deutschem Schriftzug. Wie so oft zuletzt werden wir jedoch erstmal im Unwissen darüber gelassen, was die Bedeutung dieser Produktion in Nahaufnahme anbelangt.
Kim weiß noch nicht einmal von dieser seltsamen Episoden-Eröffnung und liegt dennoch um 3:17 Uhr nachts wach. Die Angst vor Lalo respektive seinen Leuten treibt sie um. Ob der unter der Türklinke eingekeilte Stuhl da helfen würde, sei dahingestellt. Die Folge schafft es gut, das seelische Innenleben einiger Figuren nach außen zu tragen. Kim wirkt grübelnd, mental angeschlagen. Saul ist auch wach, weiß sein Inneres aber wie gewohnt hinter einer aufgedrehten Fassade zu verstecken. Wirklich interessant wird es jedoch bei Gus, der die größte Todesangst durchleidet.
Fun Fact: Ich glaube, ich hatte das gleiche Modell an Merchandise-Kugelschreibern für LangweileDich.net wie Los Pollos Hermanos! Okay, okay, falscher Zeitpunkt… Gus kann nicht nur nicht schlafen und schrubbt aus Verlegenheit die Badezimmerfugen mit einer Zahnbürste, er wird auch regelrecht paranoid. Selbst die Flucht in die gesetzestreue Arbeit hilft nicht. Mit Sicherheit noch von Bedeutung wird sein Abschreiten in der Meth-Labor-Baustelle, in der er seine kleine Wadenpistole versteckt hat. Das war mir dann vor allem mit Blick auf die ständige Vergewisserung, dass die Waffe noch an der Wade hängt, etwas zu konkretes Foreshadowing.
„Some of us don’t have a ‚protracted timeline‘, if you know what I mean…“ (Altersheim-Bewohnerin)
Howard demonstriert mit seiner kleinen Rede im Altenheim, dass er ein hochfunktionaler „Drogenabhängiger“ ist. Mir persönlich ging das ein bisschen zu leicht, waren die Worte doch recht klischeehaft gewählt. Ebenso seltsam kam mir vor, wie schnell Howard im Zuge der Konfrontation durch Cliff darauf kommt, dass Saul und Kim hinter seinen angeblichen Ausfüllen stecken.
„You’re right, I do have a problem. Just not the problem you think. I have a Jimmy McGill problem!“ (Howard)“
Es wird aber noch seltsamer als Saul einen Hausbesuch bei einem Mr. „H.O. Ward“ abhält, wohinter sich Howard an einem gemieteten Boxring befindet. Der eher sinnlos erscheinende Kampf, mit dem Saul in gewisser Weise zugibt, in die Sache verstrickt zu sein, war ein skurriles Element, das vor allem auflockern sollte. Wirklich 100 Prozent nachvollziehbar war das nicht, aber zum einen wissen wir jetzt, dass Howard einen Privatdetektiv auf Saul und Kim angesetzt hat, zum anderen haben die blauen Flecken dazu geführt, dass Kim Saul auf dessen zukünftigen „I fight for you“-Slogan bringen konnte.
Eine meiner Lieblingsszenen dieser Folge fand in Sauls neuem „Büro“ statt. Die alte Sekretärin findet ein provisorisches „Schild“, ein kleines Camping-Tischchen und die Toilette vor – mehr nicht. Großartig!
„What Cornell Sanders is to chicken, Saul Goodman is to the law!“ (Saul)
Das weitere Highlight folge dann zum Abschluss der Folge. Der Deutschland-Bezug vom Beginn wurde wieder aufgenommen. Inmitten teilweise typisch schlecht Deutsch sprechender Deutscher ertönt plötzlich die Stimme Lalos! Die Frage, wie genau er als international gesuchter Krimineller nun nach Deutschland gekommen ist, wäre wohl die am schwersten zu beantwortende auf der Quiz-Maschine in der Bar gewesen. Vor allem, wie er genau an den Ort gekommen ist, wo er auf Margarethe Ziegler trifft. Die Frau von Gus‘ Architekten Werner.
Lalo lässt als Ben seinen Charme spielen und darf „Tut mir leid, mein Englisch ist nicht gut, aber ich rede mit krassem englischem Akzent und kann schlechter Deutsch…“-Margarethe nach Hause bringen. Die Einladung auf Kaffee und Briefmarkensammlung bekommt er nicht, so dass er eine schöne Kamera-Sequenz später in das eines Architekten würdigen Haus einbricht. Das Wach-Bärchen wird erstaunlich schnell ruhig gestellt und Werners Harz-Andenken ausfindig gemacht. Hier bleibt lediglich ein bisschen fraglich, weshalb er gerade dieses Stück als dermaßen informativ wertvoll erachtet hat (ja, das wird ihn vermutlich letztlich irgendwie zum Labor führen, aber irgendwas hat mir da nicht gepasst). Die Spannung am Ende als Margarethe in die Wohnung zurückkehrt war auch durch das gekonnte Weglassen an Hintergrundmusik förmlich spürbar!
Insgesamt betrachtet könnte man wohl von der schlechtesten Folge der bisherigen Staffel sprechen, aber das wird der Episode nicht gerecht. Vielmehr möchte ich von der am wenigsten spektakulären sprechen. Das war eine klassische Übergangs- und Vorbereitungsfolge. Mit dem Comeback von Lalo wurde ein kleines Highlight gesetzt, das aber zumindest kleine Fragezeichen mit sich gebracht hat. Auch wirkte die über mehrere Folgen aufgeladene Howard-Geschichte etwas abrupt vor-aufgelöst. Aber die Folge hat eben auch wichtige Weichen gestellt und vor allem gut aufzeigen können, in welch misslicher Gefühlslage einige Figuren stecken. Vor allem Gus, der eben nicht einfach nur vorbildlich vorsichtig agiert, sondern wirklich Angst um sein Leben hat.
Wie allgemein seit geraumer Zeit war die Cinematography mal wieder auf hohem Niveau, vor allem, was einige ausgefallene Kameraperspektiven anbelangt, inklusive der guten alten POV-Shots, die wir bereits aus „Breaking Bad“-Zeiten her kennen. Auch war der Einsatz von Sound und Musik gelungen, der Wechsel zwischen den Handlungssträngen fühlte sich stimmig an. Alles gut soweit. Aber das gewisse Extra hat halt gefehlt. Ich bin mir aber sicher, dass wir das in den letzten Folgen bis zur Midseason-Pause noch serviert bekommen werden!
Bilder: AMC
Warum er das Geschenk für die Beerdigung informativ findet?
Die Firma, die das hergestellt hat, könnte die Daten des Kunden dazu noch haben…
Dass er es als eine von mehrere möglichen Informationsquellen ansieht, okay, Strohhalm und so, aber es wurde inszeniert, als hätte er den heiligen Gral gefunden. Was ja an sich okay ist, weil uns Zuschauenden klar gemacht werden soll, dass das Teil von Bedeutung ist, irgendwie hat mich die Art und Weise aber dennoch gestört, wirkte es doch ein bisschen so als ob er direkt wüsste, dass ihn dieses Teil zur Lösung führt. Vermutlich wird er so zu einem der deutschen Arbeiter geführt, der alles ausplappert, stimmt, darauf lässt die deutsche Firma und Inschrift schließen (und nicht zuletzt die vielsagende Labor-Szene). Aber ich wäre davon ausgegangen, dass er auch anderweitig an solche Informationen käme bzw. Mike alles Erdenkliche getan hätte, um Querverstrebungen wie diese zu vermeiden (ergo, solche Gegenstände aus der Welt zu schaffen oder nicht rückführbar zu machen).
Bob Odenkirks Kampfzenen in „Nobody“ haben mir ja eigentlich recht gut gefallen, aber irgendwie mochte ich den Boxkampf zwischen Howard & Saul dann doch sehr viel lieber.
Weil 99% aller Schlägereien einfach genau so aussehen…XD
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