Nein, wir reden hier nicht über den Filmklassiker „Bodyguard“ mit Kevin Costner und Whitney Houston aus dem Jahre 1992. Es geht vielmehr um eine BBC-Produktion aus dem Jahre 2018, für die Netflix den weltweiten Vertrieb übernommen hat und die gerade im ZDF als Free-TV-Premiere angelaufen ist. Dabei ist „Bodyguard“ nicht irgendeine BBC-Serie – sondern die erfolgreichste Dramaserie, die bislang im Vereinigten Königreich gelaufen ist. Das gilt nicht nur für die Einschaltquoten, sondern auch für die Auszeichnungen, mit denen die Produktion gerade überhäuft wurde: Es gab einen Golden Globe für die beste Serie im Bereich Drama, einen Golden Globe für den Hauptdarsteller, Richard Madden, den wir aus „Game of Thrones“ kennen, dazu eine Emmy-Nominierung als beste Dramaserie.
All das hat allerdings nicht dazu geführt, dass ich mir die Serie einmal vorgenommen hätte. Dazu bedurfte es witzigerweise erst der Ausstrahlung im deutschen Free-TV: Das ZDF strahlt die sechsteilige Dramaserie seit einigen Tagen aus, wobei man erstmal mit dem Zuschnitt der Ausstrahlung klar kommen muss. Derweil Netflix sechs mehr oder weniger einstündige Folgen im Programm hat, strahlt das ZDF drei Folgen aus, die jeweils gut zwei Stunden lang sind – hier hat man immer zwei Folgen zusammengefast, aber dazu gleich mehr. Die BBC hatte übrigens immer Doppelfolgen ausgestrahlt. Dazu wurde die Hauptfigur neu synchronisiert – mehr dazu hier.
Kommen wir zur ersten Folge, die erstmal ganz simpel mit einer Zugreise startet. Wir sehen den schottischen Kriegsveteran David Budd, der mit seinen beiden Kindern im Zug auf der Heimreise ist. Seiner Aufmerksamkeit entgeht nicht ein verdächtiges Treiben auf einem Bahnsteig beim letzten Halt des Zuges vor London. Schnell ist ihm klar, dass hier potenziell ein Anschlag geplant ist. Daraus entwickelt sich so ziemlich das spannendste Intro, das ich bislang bei einer Serie erlebt habe: David versucht, die Situation in den Griff zu bekommen und entdeckt schließlich sowohl die potenzielle Selbstmord-Attentäterin als auch ihren Mann, der sie offensichtlich dazu angestiftet hat. David steigt in einen intensiven Dialog mit der Attentäterin ein, versucht sie zu beruhigen, sie aber auch gleichzeitig vor den alarmierten Einsatzkräften zu beschützen. Das zieht sich über gut 25 Minuten hin – und somit über die Hälfte der Auftaktfolge, so dass man danach erst einmal einen Moment zum Durchatmen braucht. Showrunner Jed Mercurio macht das ganz sorgfältig, indem er erst einmal alles sortiert, uns David näher vorstellt, seinen Aufgabenbereich klärt und in eine neue Situation bringt. Er soll die Innenministerin Julia Montague als Bodyguard beschützen, weil er sich bei dem Anti-Terror-Einsatz so bewährt hat. Im Laufe der Folge stellt sich aber heraus, dass David sowohl mit der Aufgabe als auch mit sich selbst ein gewisses Problem zu haben scheint. Er trifft auf seinen Freund und ehemaligen Kollegen Andy Apsted, die beide offensichtlich unzufrieden damit sind, wie die Regierung mit den Kriegsveteranen umgeht. David offenbart eine dunklere Seite seines Charakters, womit die Folge im Prinzip auch schließt.
Für mich wird diese Folge nahezu perfekt dramaturgisch aufgebaut – angefangen von dem extrem spannenden Opener über die Charakterisierung der Figuren bis zum Aufbau eines Geheimnisses – viel besser kann man’s eigentlich nicht machen. Auch das Drumherum stimmt: Cinematograph John Lee fängt die Szenerie großartig ein, vor allem auch wieder im Zug, wo es ihm gelingt, die räumliche enge und die dichte Atmosphäre der Situation rüberzubringen. Regisseur Thomas Vincent fügt die einzelnen Schwerpunkte perfekt zusammen und lässt schon jetzt viel Raum für Spekulationen und das Weiterdenken abseits der ersten Folge.
Was mir nicht so gut gefällt, ist der Zusammenschnitt des ZDF – ich finde, man hätte die beiden als einzelne Folgen gedachten Abschnitte auch getrennt halten sollen – mit Abspann dazwischen. Denn so geht es ohne großen Schnitt weiter und es fühlt sich irgendwie merkwürdig an, weil Folge 2 einer ganz eigenen Dramaturgie folgt. Die Atmosphäre ist eine andere; darauf hätte man meiner Meinung nach achten müssen und – wenn man schon in Blöcken ausstrahlen möchte – es so wie die BBC tun können. Auch in der ZDFmediathek gibt es leider nicht den Original-Cut, sondern die zusammengefügten Folgen. Aber es gibt ja noch Netflix, wo man den ursprünglich gedachten Schnitt sehen kann.
Unabhängig davon eine definitiv sehenswerte Auftaktfolge, die auch wenig Gründe liefert, nicht dabeizubleiben und die Story von David Budd nicht weiter zu verfolgen. Wer weiterlesen möchte: Hier geht’s zum Review der kompletten Folge.
Bilder: Netflix
Super spannend, mehr davon bitte.
Super Serie. Toll zusammengeschniten, spannende Chronologie. Von A bis Z klasse !!
Übrigens hat Richard Madden jeweils verschiedene Sync stimmen auf Netflix und beim ZDF bekommen.
Ist nicht Super wichtig. Aber weiß jemand warum sowas gemacht wird? Wie es sich mit anderen Figuren verhält habe ich nicht mehr geprüft. Bei Madden fiel es mir halt sofort auf, weil ich in der ZDF Mediathek angefangen habe und dann bei Netflix weiter geschaut habe.
Ja, das ist mir auch aufgefallen – hatte die ersten Folgen im ZDF geschaut und bin dann zu Netflix rüber, weil ich nicht mehr warten wollte. Und war dann irritiert, dass er so anders klang. Fand’s im ZDF irgendwie besser. Keine Ahnung, warum die das gemacht haben, vielleicht eine Lizenzsache oder so.
Hab‘ dazu nochmal etwas gemacht – war dann wohl eine Qualitätsfrage: https://www.serieslyawesome.tv/bodyguard-warum-hat-richard-madden-in-zdf-und-netflix-andere-synchronstimmen/
Hach ja, dafür lieb‘ ich euren Blog einfach!
Ich hatte die Serie total übersehen, und vermutlich hätten mich dann auch weder der Titel noch die Kurzbeschreibung in der Mediathek („Als Bodyguard der britischen Innenministerin gerät David zwischen die Fronten von Politik und Terror“) „in Versuchung“ geführt, aber nachdem hier so viele positive Worte über die Serie verloren wurden, kann ich gar nicht anders, als ihr eine Chance zu geben…
Besten Dank schon mal im Voraus😁!
Mir ist aufgefallen, dass sich die Figuren Julia Montague und Roger Penhaligon in den zwei Szenen, die sie in der ersten Folge zusammen haben, siezen. Die beiden sollen jedoch Ex-Ehepartner sein, da siezt man sich doch nicht. Hat die Synchronisation nicht aufgepasst? Weiß jemand was?
War das in der ZDF- oder Netflix-Fassung? Vllt. war es so ein förmliches Ding, wo wir ja auch schonmal vom Du ins Sie rutschen, bei offiziellen Anlässen oder so.
Das war in der ZDF-Fassung. Und nein, es war jeweils ein 4-Augen-Gespräch, also nur zwischen den beiden. Die Gespräche waren zwar auf politischer Arbeitsbasis, aber als früheres Ehepaar siezt man sich auch in einer solchen Situation nicht. Glaube, die haben bei der Synchronisation verrafft, dass die beiden früher verheiratet waren.
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