Wie ist das eigentlich so mit eigenen Kindern? Das eigene Leben wird vollkommen auf den Kopf gestellt, hört man immer. Spoiler an Leonie aus unserem Team und an andere potenzielle Eltern: stimmt zu 100 Prozent. Mehr noch: Eigene Interessen treten vollkommen in den Hintergrund, man ist nur damit beschäftigt, alles für die Kinder zu tun, sie zu lieben (und zu hassen). Ich versuche zum Beispiel gerade, dieses Review zu schreiben, derweil nebenan „Ninja Warrior Kids“ auf TVNOW plärrt. Warum ich das erzähle? Weil die neue Sky-Eigenproduktion (in Kooperation mit FX) „Breeders“ genau von diesen Umständen erzählt. Glücklicherweise nicht als Drama, und auch nicht als Doku, sondern als Comedy. Und nur so kann man es auch ertragen, wirklich.
Martin Freeman hat sich das ausgedacht – selbst Vater und vielbeschäftigter Schauspieler. Für „Breeders“ hat sich der Hobbit- und Watson-Darsteller mit den Comedy-Experten Chris Addison und Simon Blackwell (beides Briten wie Freeman, allein deswegen schon potenziell witzig) zusammengetan, um aus den bezaubernden, nervenden, glückseligen und desaströsen Alltagsgeschichten eine unterhaltsame 30-Minuten-Melange zu kreieren. Natürlich ist alles etwas überzogen und in der halben Stunde komprimiert auf die Spitze getrieben, aber in jedem Moment steckt auch ein bisschen Wahrheit – wahlweise ‚leider‘ oder ‚ja, wirklich‘. Die erste Minute der ersten Folge ist noch nicht ganz durch, da sagt meine Frau zum ersten Mal „Wie bei uns“. Auf die restlichen 29 Minuten verteilt sie sorgfältig Kommentare „Kenn‘ ich“, „Das Buch hatten wir auch“, „Ich bin dabei auch immer eingeschlafen“ und „Die Einschlafautofahrt!“ Sie zeigen an: Hier gibt’s leibhaftige Alltagscomedy direkt aus dem wirklichen Leben. Was Nicht-Eltern hier vielleicht als unwirkliche Dichtung elterliche Schreckensszenarien abtun werden, ist für leidende/liebende Eltern ein großer Spaß. Stellt sich die Frage, ob man tatsächlich nur als Eltern seine Freude an „Breeders“ haben kann – ich kann’s natürlich nicht einschätzen, würde aber vermuten, dass die Show auch ohne eigenen Erfahrungsschatz funktioniert, vielleicht mit einer Krone weniger in der Bewertung.
Noch kurz zur Premierenfolge: Da haben sich Freeman, Addison und Blackwell natürlich das Paradethema „Schlaf“ vorgenommen. Dabei kann man sicher gleich die besten Stories platzieren, auch auf die Gefahr hin, dass die Folgen 2-10 (plus die bereits bestellte zweite Staffel) nicht ganz werden mithalten können. Die Drei teilen sich die Arbeit auch schön auf: Freeman mimt natürlich den Hauptdarsteller, Blackwell schreibt die Folge, Addison führt Regie. In den 30 Minuten erleben wir dann alle Höhen und Tiefen – und man kennt wirklich alles aus dem eigenen Alltag: Der schreckenverbreitende Brandschutzunterricht, die nervigen nächtlichen Geräusche von Nachbarn oder Passanten, das laufende Scheitern der eigenen Argumentation gegenüber den Kindern – ja, und die Extrarunde mit dem Auto, die wie ein Schlafmittel funktioniert. Einfach gut erzählt, gut gespielt, gut inszeniert, mit dem passenden Schuss Extra-Drama am Schluss. Das ist das Seltsame und Besondere an diesem Start von „Breeders“: Man kennt alles, mag an einiges eigentlich nicht mehr erinnert werden – und ist doch bestens unterhalten.
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