Hinter vorgehaltener Hand muss ich mir immer mal wieder vorhalten lassen, dass ich mir das mit meinem sehr speziellen Serienkonsum sehr, sehr einfach mache. Da ich fast nur UK Serien schaue, sagen wir mal im überwiegendem Maße, sähe ich eben einfach immer nur gute Serien. Weiß man doch, dass im UK die Serien mit den tollsten Geschichten, den unterhaltsamsten Figuren und den besten Schauspielern zuhause sind.
Ich wüsste eben gar nicht mehr, wie ein normaler Serienfan zu leiden hat, wenn er hauptsächlich Serien aus dem US Raum schaut. Um einen Vergleich mit der Bundesliga zu ziehen, ich wäre ungefähr so seriell einzustufen wie Fans des FC Bayern München. Um diesem Gerücht – ein bisschen stimmt es natürlich schon – etwas entgegenzutreten, will ich heute mal den Serienauftakt zu BBCs „Close to the Enemy“ mit Schauspielern wie Jim Sturgess, Freddie Highmore, Alfie Allen oder Alfred Molina mit einem Review versehen. Und siehe da, es ist nicht immer alles Gold was glänzt – wenn es eine britische Produktion ist.
Handlung
Wir befinden uns in der Nachkriegszeit zum 2. Weltkrieg im ziemlich zerstörten London. Captain Callum Ferguson (Jim Sturgess) arbeitet für eine Sondereinheit des britischen Militärs, dass mit der Aufgabe beauftragt ist, die wissenschaftlichen Köpfe des Dritten Reiches auf die Seite der Briten zu ziehen, damit man von deren Forschungen und Entwicklungen im aufziehenden Kalten Krieg profitieren kann.
Im Mittelpunkt der Begierde von Ferguson steht der deutsche Ingenieur Dieter Koehler (August Diehl), der an der Entwicklung des Düsenantriebes bei Flugzeugen mitgewirkt haben soll. Ein Bereich also in dem die Nazis wissenschaftlich den anderen Ländern voraus waren. Dieser Dieter Koehler wird in einer Nacht und Nebelaktion mitsamt seiner kleinen Tochter nach England verschleppt und in einem Hotel in den Trümmern Londons geparkt. Dieses Hotel wird vom Militär überwacht und sämtliche Räume stehen unter Beobachtung und sind abhörbar.
Ferguson erhält demnach die Aufgabe, alles mögliche zu unternehmen, Koehler zur Mitarbeit zu überzeugen. Da ist das nette Ambiente des Hotels und das gute Essen natürlich ein Argument, es zeichnet sich aber ab, dass man Koehler mit einem warmen Bett und einem warmen Mittagessen nicht überzeugen kann. Ferguson muss also andere Geschütze auffahren, er muss bewusst von den Vorgaben und Leitlinien seiner Einheit abweichen, um einen Zugang zu den Koehlers zu bekommen bevor die Zeit abläuft.
Neben Ferguson haben nämlich auch andere Mächte Interesse am deutschen Ingenieur, die ihre Gesandten allesamt in und um dieses Hotel versammeln, um am Ende u.U. die entscheidenden Information zu erhalten oder das Rennen um Koehler zu machen. Zudem ist die britische Abteilung für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, in Person von Kathy Griffiths (Phoebe Fox) sehr interessiert an Dieter Koehler, der mutmaßlich an Kriegsverbrechen teilgenommen haben soll.
Die Zeit scheint gegen die Interessen des Captain Callum Ferguson zu laufen. Denn Dieter Koehler gibt mehrmals zu verstehen, dass er überhaupt nichts mit der Entwicklung von Düsenantrieben zu tun hatte, und selbst wenn, würde er nie mit der britischen Regierung bzw. dem Militär zusammenarbeiten. Er will einfach nur nach Hause.
Und Lotte auch.
Meinung
Was für ein spannender Ansatz. Ein Hotel voller Spione und Agenten und im Mittelpunkt ein Vater mit seiner kleinen Tochter, um dessen Forschungen sich die Geheimdienste und die Militärs dieser Welt streiten, da sie sich dadurch einen Vorteil versprechen. Grundsätzlich ist jede Figur in diesem Hotel ein vermeintlicher Agent fremder Mächte, die einen offen, die anderen verdeckt. Wem kann man trauen, wer spielt uns und dem armen Captain Callum Ferguson etwas vor? Und auch der Trailer sorgt schon dafür, dass man in Verbindung mit dieser Prämisse eine gewisse Grunderwartung aufbaut.
Eine Grunderwartung, die die ersten beiden Folgen ab so was von unterlaufen haben, dass es wirklich keine Freude machte, die zwei Stunden Lebenszeit investiert zu haben.
Ich glaube das Wort „dröge“ beschreibt die ersten beiden Folgen ganz gut. Die Handlung zieht sich wie britisches Kaugummi und am Ende der zweiten Episode sind wir eigentlich genauso schlau wie nach zwanzig Minuten. Herr Koehler will weiterhin nicht mit den Briten zusammenarbeiten und Herr Ferguson überlegt sich wieder eine neue Taktik, Callum Ferguson ist nämlich der Coole von der Nachrichtenschule, dem immer noch etwas einfällt und schwierigste Aufgaben galant löst. Ich will damit nicht sagen, dass Jim Sturgess hier eine unsympathische Rolle abgibt, aber ein wenig ist sein cooler Mr. Ferguson zu cool geraten. Und seine Attitüde, auch mal Vorgaben und Richtlinien zu brechen, ist mehr als lachhaft umgesetzt und absolut unglaubwürdig. Bis hier hin, da muss also noch etwas kommen. Fünf Episoden haben wir ja noch Zeit.
Auch das Hotel an sich finde ich noch absolut unglaubwürdig, inmitten von Ruinen befindet sich dieses nahezu unbeschädigte Hotel, in dem die Agenten dieser Welt ein und aus gehen und abends noch das Tanzbein schwingen. Während draußen vor der Tür die Menschen in Trümmern leben. Die Ausstattung an sich und auch das zerstörte London können für eine TV Produktion schon überzeugen. Auch die Dialoge sind toll geschrieben, da kann man nicht großartig meckern.
Aber die ganze Geschichte ist bisher so etwas von langatmig inszeniert, dass ich wirklich des Öfteren den Finger auf der Fernbedienung hatte. Und ich wollte nicht die Lautstärke verstellen. Ich kann mir momentan nicht vorstellen, wie man aus dieser Lethargie ausbrechen will.
Aber irgendetwas muss noch passieren, warum sonst hätten wir so viele bekannte Schauspieler bzw. vermeintliche Hauptfiguren – um nur mal Alfred Molina zu nennen, der einen mysteriösen ehemaligen Geheimoffizier spielt, der an einer ganz großen Sache dran ist, bei der er auf die Hilfe von Ferguson zurückgreifen möchte und ihm (und uns) so langsam den Mund wässrig macht, dass hier dann die wirklich interessante Geschichte der Serie verborgen ist. Wollen wir es hoffen.
Bisher ist das alles ein ziemlicher Crap.
Apropos. Es gibt da eine Person, die mir nach ungefähr zehn Sekunden des ersten Auftretens aber mächtig auf den Geist geht: Victor Ferguson (Freddie Highmore), der Bruder des Captain. Highmore spielt hier einen ungezügelten jungen Mann, der mal wirklich psychisch belastet aus dem Krieg nach Hause zurückgekehrt ist. Er nimmt zwar Medikamente, die aber noch nicht richtig eingestellt sein dürften. Diesen Charakter habe ich bisher am aller wenigsten verstanden und er nervt richtig. Aber sehr, sehr wahrscheinlich wird genau er das Zünglein an der Waage und wir seinen Bruder und die gesamte Aktion retten. Und dabei sterben.
Bei wem ich ebenfalls etwas im Trüben fische, ist bei Alfie Allens Mr. Ringwood, einem Kollegen von Captain Ferguson, sozusagen dem Stationsleiter der Abhöreinrichtung im Hotel. Da Alfie Allen seit „Game of Thrones“ ein bekanntes Gesicht durch die Gegend trägt, sollte auch seine Figur eine gewisse Bedeutung für die Geschichte haben. Bisher ist da aber nichts zu erkennen. Mich würde es jetzt aber nicht wundern, wenn Allen hier den eigentlichen Antagonisten mimt, Stichwort Doppelagent, da man es ihm aktuell am aller wenigsten zutrauen würde. Und einer muss den Job doch übernehmen.
Um einen positiven Abschluss zu erhalten, die Serie hat schon weitere im Grunde interessante und sympathische Figuren neben die des Captain. Man könnte hier stellvertretend Angela Bassett als Pianistin und Jazz Sängerin Eva nennen, die im Hotel allabendlich die Massen begeistert und scheinbar eine interessante Geschichte (sie scheint eine verkappte Kommunistin zu sein – wobei das in ihrem Heimatland, den USA, ja eigentlich alle sind, die nicht die Meinung der Konservativen vertreten) zu erzählen hat. Noch hat aber auch sie damit nicht wirklich angefangen. Aber zumindest macht ihr Figur bislang am meisten Spaß.
Und jetzt kommt’s: Trotz meiner eher schlechten Bewertung der beiden ersten Episoden, werde ich mir die weiteren Folgen (jeden Donnerstag in der BBC) dennoch antun, einfach weil ich nicht glauben mag, dass die Geschichte so dröge und langweilig weiter geht, wie bislang. Die Prämisse ist einfach zu verlockend. Und außerdem ist das doch eine britische Dramaserie!
Womit wir wieder beim Ausgangspunkt sind. Der symbolische Bayernfan in mir nimmt die aktuelle nicht allzu erfolgreiche Performance seiner Mannschaft zur Kenntnis, im Wissen, dass am Ende eh wieder die Deutsche Meisterschaft herausspringen wird.
Bilder: BBC
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