Daniels und Johnnys Zwist geht in die zweite Runde. Nachdem beide in der ersten Staffel zuerst wieder zueinander fanden und man schon glauben konnte, beide alte Haudegen hätten tatsächlich ihre jahrzehntealte „Fehde“ beendet, sorgten die Jungspunde, besser: „Karate-Kids“ dafür, dass die Feindschaft zwischen beiden erneut aufflammte. Der Cliffhanger am Ende von Staffel 1, das abrupte Auftauchen von Johnnys (mittlerweile ergrautem) Sensei John Kreese (Martin Kove), hat wohl nicht nur mir Appetit auf die zweite Runde gemacht. Netflix hat für uns beide Staffeln im Angebot, ergo stand dem nichts im Wege, den (virtuellen) Lebensweg von Daniel, Johnny, Miguel, Sam und Robby mit Interesse weiter zu verfolgen. Gesagt, getan, meine Eindrücke hiervon schildere ich gern.
Johnnys Dojo läuft ganz gut; verständlich, nachdem sein Vorzeige-Schüler Miguel das legendäre All-Valley-Karate Tournaments gewann. Mittlerweile gibt es ausreichend lernwillige und auch finanzkräftige Schüler, was sein Leben allgemein wieder Fahrt aufnehmen lässt. Ganz im Gegensatz zu Daniel, der scheinbar eine persönliche Niederlage darin sieht, dass Johnnys Schüler Miguel erstens (wie im Dojo „Cobra Kai“ üblich mit illegalen Mitteln) das Tournament gewann und zweitens, dass Johnny selbst, so scheint es, irgendwie überhaupt Erfolg haben kann, egal womit. Johnnys Sohnemann Robby wohnt mittlerweile bei den LaRussos und bildet zusammen mit Sam(antha) das Vorzeigeteam des Dojos „Miyagi-Do“. Leider sind die beiden anfangs auch die einzigen Schüler. Das wurmt Daniel und so versucht er so einiges, um sowohl werbetechnisch als auch anderweitig das „Cobra Kai-Dojo“ madig zu machen. Dass dies nicht auf Gegenliebe stoßen kann, versteht sich von selbst, neue Streitigkeiten und Stress sind damit quasi vorprogrammiert. Sticheleien wie nachfolgender Dialog helfen hierbei nicht wirklich.
„Es erstaunt mich sehr, dich in so einem Laden zu sehen.“
– „Wieso? Denkst du ich esse aus der Mülltonne oder was?“
(Daniel zu Johnny)
Gut, das könnte nun auch auf Dauer etwas langweilig werden, Veränderung tut allgemein gut und not wenn man eben eine komplette zweite Staffel einer Serie mit Inhalten füllen will. Die Einführung neuer Charaktere ist eine von vielen Möglichkeiten, etwas Schwung in die Story zu bringen und diese wurde genutzt. Die coole, gewitzte und kampfsporterfahrene Tory (Peyton List) erscheint plötzlich auf der Bildfläche, mitten in einer Übungsstunde von Sensei Johnny und fordert sogleich dessen besten Schüler Miguel heraus. Ein Schelm, wer hierbei bereits jetzt daran denkt, dass beide Kontrahenten den anfangs erzwungenen Körperkontakt bald irgendwo auf deutlich weicheren Unterlagen als den harten Studiomatten erneut und intensivierter ausleben werden. Allgemein treten jetzt die Belange, Interessen und Probleme der Teenies eher in den Vordergrund als das noch in der vorherigen Staffel der Fall war.
Beide Senseis, Daniel und Johnny, versuchen sich auch in ihrer gebotenen Kreativität, was das Einüben neuer Karatemoves angeht, zu übertrumpfen. Ohne zu viel zu verraten, spielen beim Ersteren ein großer Gartenteich samt Holzplattform eine Rolle und beim Letztgenannten ein (leider nur fast) geleertes Betonmisch-Fahrzeug. Dies sorgt für durchnässte und im wahrsten Sinne des Wortes „dirty“ Nachwuchs-Karate-Kids auf beiden Seiten. Das auf diese Art neu erworbene Wissen wird gerne mal auch in der Öffentlichkeit angewendet, wenn eben Mitglieder beider Dojos aufeinandertreffen. All das gipfelt eben in einer sehr aufregenden zehnten Episode, die eben den finalen Fight (Showdown!) nicht auf der Matte während eines offiziellen Karate-Wettkampfs stattfinden lässt, sondern in der High School.
Wie fasse ich das Gesehene nun bestmöglich zusammen? Klar, fast perfekt choreographierte Kampfszenen wie in „Warrior“ oder „Into the Badlands“ kann man bei einer vorwiegend auf jüngeres Publikum zugeschnittenen Serie nicht erwarten. Nichtsdestotrotz sind einige der Fights zwischen den „verfeindeten“ Schülern beider Dojos durchaus handwerklich gut gemacht, wirken echt und realitätsnah. Allgemein tritt aber das strikte, harte Karate-Training ebenso in den Hintergrund wie allgemein die japanische Kultur und Philosophie, diese Elemente, die eben in den ursprünglichen Karate Kid-Verfilmungen uneinholbar gut durch Mister Miyagi vertreten und so dem europäischen Zuschauer nahe gebracht wurden.
Daniel, der überragende Main-Actor in den Verfilmungen, verlässt in der zweiten Staffel seinen Platz im Rampenlicht und wird eher zur grauen Maus. Ich fand seine Rolle langweilig, er hangelte sich von Szene zu Szene, war nach außen hin immer auf Ruhe und Gewaltfreiheit bedacht. Karate soll ja nicht zum Kämpfen benutzt werden, der innere Frieden ist, was zählt, etc. Mit solch lahmen Sprüchen lassen sich wohl nur wenige derjenigen im 21. Jahrhundert geborenen Kids hinter dem Sofa hervorlocken. Zudem wird auch von Folge zu Folge klarer, dass Daniel eben nicht in der Rolle des geborenen Sensei brilliert, wie es seinerzeit Hausmeister Miyagi vorgelebt hat. Sein Verhalten Johnny gegenüber zeigt zumindest genau das Gegenteil: es wird keine blöde Anspielung ausgelassen und mit jeder noch so unbedeutenden Kleinigkeit provoziert, was ihn eher wie ein trotziges Kleinkind als weisen Sensei erscheinen lässt. Grund genug, so richtig frustriert zu sein. Johnny aber macht in seinem Cobra Kai Dojo schon mehr auf Action und erst recht wenn Alt-Sensei John wieder die eine oder andere Lektion lehrt, sieht das alles schon ganz anders aus. Der stimmt seine Jungs (und Mädels) auf Rache ein, den Langweiler-Kollegen aus „Miyagi-Do“ muss deutlich gezeigt werden, was eine Harke ist.
Vor allem in der letzten Episode, als es gerade ziemlich heiß herging (Schauplatz Schule, nicht Bett wohlgemerkt) dachte ich mir, frei nach Danny Glover „Ich bin zu alt für den Scheiß“. Unterhaltsam war es dennoch. Wie ich schon in meiner Review zu Staffel 1 geschrieben habe, hilft auch die Kürze der einzelnen Folgen mit jeweils knapp 30 Minuten Laufzeit dabei, unnötige Längen innerhalb der Story größtenteils zu vermeiden. Gerade wenn es wieder einmal anfängt, langweilig zu werden, kommt die eine oder andere unerwartete Szene. Auch der nun mittlerweile in „Stingray“ umbenannte schwerfällige Baumarkt-Angestellte Raymond (Paul Walter Hauser, unvergessen als Keith in Kingdom) hat einige zu feiernde Glanzauftritte.
Insgesamt gesehen waren es wieder rund 300 spaßige Minuten, getragen von etlichen Anspielungen und Flashbacks bis zurück zum ursprünglichen „Karate Kid“. Der Zuschauer erlebt, übertragen gesehen, eine Zeitreise in die 80er. Vieles davon wurde gut gemacht, einiges andere so übertrieben dargestellt wie es dem Nachwuchs, der aktuellen Generation Z, eben beliebt. Wie bereits erwähnt, stehen eindeutig die Geschicke der beteiligten Teenie-Fighter im Vordergrund, nicht die Abenteuer der beiden alternden (Möchtegern-)Senseis. Wie es die Jugend eben so mit sich bringt, sind entsprechende hormonell bedingte Aussetzer, Überreaktionen, Liebeleien, Sticheleien und Schlägereien quasi an der Tagesordnung. Wie von Staffel eins gewohnt, gibt es auch hier wieder einen Cliffhanger, der Staffel drei herbeisehnen lässt. Diese ist auch bereits bestätigt, es gibt nur noch keinen Starttermin. In diesem Sinne: schaltet ein, habt Spaß! Ich verbleibe mit einem Bruce Lee Zitat:
„Nimm die Dinge, wie sie sind: Schlage, wenn du schlagen musst. Tritt, wenn du treten musst.“
Bilder: Netflix, YouTube
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