Über acht Jahre nach dem Serienfinale von „DEXTER“, das selbst Michael C. Hall selbst nicht wirklich berauschend fand, geht die Geschichte um Serien-Serienkiller Dexter Morgan weiter. In der Nacht zu heute ist in den USA auf dem Sender showtime die erste Folge von „Dexter: New Blood“ auf Sendung gegangen, die bei uns ab 22. November auf Sky zu sehen sein wird.
Um es direkt vorweg zu nehmen: Ich bin ein bisschen sauer. Gleichermaßen auf die Serienschaffenden als auch auf mich. Denn leider haben die Teaser und Trailer zum Serien-Comeback bereits einige Überraschungseffekte der ersten Folge zunichte gemacht.
Er ist wieder da
Aber beginnen wir beim Beginn. Wir bekommen Dexter tatsächlich deutlich früher und klarer zu sehen, als ich gedacht hätte. Im cineastischen 21:9-Format jagt er durch den Schnee, bis sich heraus stellt, dass er lediglich hinter einem weißen Rehhirsch her ist. Bei der Schussmöglichkeit hadert Dexter jedoch und lässt das Tier laufen. Es geht zurück in sein neues Zuhause – inmitten einer Einöde aus Schnee und Eis und… Ziegen?!
Die erste Überraschung (so man vorab nichts mitbekommen hat) ist seine Mitbewohnerin: Debra macht die neue Harry, indem sie als imaginäre Begleitperson Ratschläge erteilt. Neu ist auch der öffentliche Name Dexters, der als James „Jim“ Lindsay Stadt-bekannt ist (was eine nette Verneigung vor Autor Jeff Lindsay ist, der die Romanvorlage zu „Dexter“ geschrieben hat und eigentlich Jeffry P. Freundlich heißt, den Nachnamen also auch nur als Decknamen nutzt – smart!).
Tatsächlich bekommen wir in der Kleinstadt zunächst wirklich eher einen Jim denn einen Dexter zu sehen. Er ist in einer Beziehung, hat (zumindest augenscheinlich) Spaß am Sex und nimmt durchaus am sozialen Leben teil, trotz seines Einsiedler-Daseins. Ich meine, Line Dance mitzumachen, ist ungefähr das Gegenteil von dem Dexter Morgan, den wir einst haben kennenlernen dürfen! Schade ist auch hier, dass der Moment, in dem Jim vermeintlich von der Polizei angehalten wird, bereits durch die Trailer kaputtgemacht worden war…
„You‘re a life-saver, Jimmy!“ (Metzger)
Gefallen haben mir die etlichen kleinen und großen Referenzen zur ursprünglichen Serie. Dass Jim Donuts zur Arbeit mitbringt – Klassiker! Zwischendrin bereitet er sich Frühstücksfleisch mit Tabasco zu, was wunderbar zur Morgenroutine aus dem altem Intro passt.
„Stick to your routine.“ (Debra)
Aber nein, Dexter ist seit fast 10 Jahren ohne Kill. Bei den anonymen Serienmördern stünde er demnach kurz vor einer tollen Plakette. Ziemlich schnell wird jedoch klar, dass es damit wohl eher nichts werden dürfte. Nebenbei erfahren wir, dass vermehrt Frauen in der Region vermisst werden. Klingt nach einer Auftragsarbeit für Dexter, oder?
Erstmal ist aber der Beginn der „Rich Asshole Season“, der passend mit dem Auftritt eines astreinen Arschlochkunden mit zweifelhafter Vita gefeiert wird. Mich wundert etwas, dass Dexter erst jetzt Bekanntschaft mit dem Stadt-bekannten Bengel macht. Allgemein entwickeln sich die Dinge etwas unrealistisch, wie ich finde. Nicht nur erfährt Dexter ziemlich viel belastendes Material, das „aber unter uns bleibt“, ich hätte mir auch gewünscht, dass Dexter nicht bereits in der ersten Folge rückfällig wird. Da wurde mir zu wenig und selten gehadert.
Eine weitere Vorhersehbarkeit der Folge war der Schuss des Rehs. Also, durch das Arschlochkind. Dexter wurde vermutlich auch wütend, weil das Reh nur minimal besser als das geschichtsträchtige Pendant in „The Walking Dead“ damals animiert worden ist. Und ist euch eigentlich aufgefallen, dass Dexter in den echten Schnee-Wald-Szenen der Kälte entsprechend Atemwolken fabriziert, in der zugeschneiten Stadt jedoch nicht? Ich hasse sowas…
Aber zurück zum toten Hirsch. Der ist letztlich der Auslöser dafür, dass Jim wieder zu Dexter wird. Und das wird in absoluter Fan-Service-Manier inszeniert! Nicht nur wird direkt mal der gute alte Code referiert, nein, mit abgezogener Gewächshaus-Plane wird ein Kill Room alter Art improvisiert!
„Sorry about the mess. I‘m out of practice.“ (Dexter)
Vielleicht geht der Fan-Service sogar etwas zu weit. Der auf kleinen Glasstücken gesammelte Blutstropfen entpuppt sich als letztlich überflüssiges Visual, da Dexter „keine Trophäen mehr braucht“. Anscheinend braucht er aber vor allem Übung. Denn nicht nur lässt er offensichtliche Blutspuren auf dem Schnee zurück, nein, er scheint die Leiche auch einfach im benachbarten See zu verstecken und fährt kurz nachdem er seiner Freundin abgesagt hat, mit seinem Truck an eben jener Feier vorbei. Natürlich sitzt nicht wieder alles direkt, aber das ist schon eine ziemliche Häufung an Anfänger-Fehlern.
„I may be a monster, but I am an evolving monster.“ (Dexter)
Die größte Überraschung der Folge, was Ausmaß und Inszenierung anbelangt, hätte auf den Namen Harrison gehört – wenn nicht auch das bereits vorab verkündet worden wäre. Dexter schickt ihn erst weg, um dann – auch aufgrund des kleinen Gespräches über Familien mit dem Arschlochkind – doch einzulenken. Die Beziehung zwischen den beiden und vor allem zwischen Harrison und Blut dürfte noch eine interessante Geschichte bieten können.
Wie eingangs erwähnt, ärgere ich mich sehr über die verpassten Chancen. Ohne die vorab bereits erfahrenen Details über Debra, Angela und Harrison hätte diese erste Folge mit Sicherheit einen größeren Impact auf mich gemacht. Vermutlich wäre ich dann vermutlich bei vier, ganz vielleicht sogar bei 4,5 Kronen gelandet. So bleibt für mich ein insgesamt durchaus guter wenn auch leider nicht sensationeller Auftakt, der einige schöne Momente hatte. Etliche doppeldeutige Dialogzeilen haben Nostalgie geweckt, das Augenbrauen-Spiel Michael C. Halls sitzt noch immer und auch die modernisierte visuelle Gestaltung gefällt mir. Abzüge hätte es aber auch bei zündenden Überraschungen gegeben. Vor allem für das oftmals unstimmig wirkende Timing.
Insgesamt kann man aber merken, dass sich viele Gedanken um die Wiedereinführung einer großen Serienfigur gemacht wurden. Gerade die Referenzen zur Mutterserie haben mir gefallen, noch ist allerdings nicht ganz klar, was die eigentliche Hauptgeschichte der Staffel werden wird (wobei ich da auf die vermissten Frauen tippen würde). Es fühlt sich aber schön an, Dexter Morgan wieder bei sich zu haben. Ich meine, der Moment, in dem er direkt gen Kamera schaut und seine Worte sagt, dürften bei Fans mitten ins Herz gegangen sein.
„Tonight‘s the night. Hello, Dexter Morgan.“ (Dexter)
Bilder: showtime
Sehe ich ähnlich. Der erhoffte „große Knall zur Wiedereröffnung“ blieb aus meiner Sicht aus.
Die Motive einiger, für die Folge wichtiger Protagonisten und die Ursachen für einige richtungsändernde Handlungen waren mir zu platt.
Und die Storyline mit „dem weißen Hirsch“ fand ich sogar geradezu albern.
Ich bleib trotzdem dran, weil‘s halt „Dexter“ ist ;)
Freut mich, dass du meine Meinung teilst. Ich war etwas verwundert ob der aktuellen IMDb-Bewertung von 9,1 für die Folge und 9,5 für die Serie – da sind wohl vor allem die Fanboys und -Girls aktiv gewesen. ;)
Naja, ein „Rating“ von 9,1 bei 1.700 abgegebenen „Votes“.
Mal, abwarten ob das „Rating“ bei 10mal so vielen, abgegebenen Stimmen immer noch so hoch ist.
Denn so viele Stimmen hat die beliebteste Dexter-Folge bereits:
„The Getaway“ – S4E12 – 12.351 Votes – Rating 9,8
Also mich würd’s auf jeden Fall seeeehr wundern.
Genau das meinte ich ja mit Fanboys/Fangirls: Zu Beginn schauen und bewerten ja in der Regel die Fans und da ist das gerne auch mal überemotionalisiert (in beide Richtungen). Mit der Zeit werden Realist:innen und Stänker:innen dazu kommen, das dürfte sich dann irgendwie bei 8,3 einpendeln, nehme ich an. :)
Sorry! Was wie ein Einwand klang, war als Untermauerung gemeint… ;)
Ah, hehe, sehr gut! ;)
Ein Tipp sei mir noch gestattet, weil’s grad‘ einfach zu gut zur Serie passt.
In der aktuellen Folge des True-Crime-Podcasts „Verbrechen“ geht’s um die Erforschung der Gehirntätigkeiten von Psychopathen, und was für Überraschungen „man“ dabei erleben kann…
https://www.zeit.de/gesellschaft/2021-11/serienmoerder-gehirn-james-fallon-verbrechen-podcast
Ich musste ständig an Dexter denken… ;)
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