Diese Woche hat „Dexter: New Blood“ einige seiner Stärken ausspielen können. Ich persönlich mag ja das eher langsame Tempo in der Darbietung, das dieses Mal aber auch eine willkommene Bühne für kontrastreiche Einstich-Momente bereithält.
Dabei fängt alles mal wieder mit einer kleinen Debra-Show an. Auch wenn ich mich noch immer nicht so recht mit der Hektik ihrer Persona habe anfreunden können, gefallen mir auch dieses Mal wieder die originellen Momente, wie die rückwärts abgespielten Stift-Züge in der Eingangsszene. Außerdem gefällt mir, dass Kurts Lüge der Story eine weitere Ebene der Ungewissheit liefert. Auch oder auch vor allem, weil man noch nicht genau nachvollziehen kann, weshalb dem so ist.
Aber gut, unsere Vorzeige-Polizistin bleibt hartnäckig und zweifelnd, wie es sein sollte, die True-Crime-Podcasterin aber auch. Ein bisschen Gänsehaut hatte ich übrigens in dem Moment, in dem sich herausstellt, dass sie eine Ausgabe über den Trinity Killer gemacht hat!
„How fucked up is that kid now, am I right?!“ (Podcast)
Oh, ein Lockdown – mit dem Wort kennen wir uns heutzutage zwar eigentlich aus, in dem Moment der Serie war das aber ein gelungener Überraschungs-Moment. Vielleicht auch, weil dort eine Warn-App einfach mal komplikationsfrei funktioniert hat… Der Auslöser der Warnung hat dann Positives wie Negatives der Folge miteinander vereint. Negativ fand ich, dass eigentlich von vornherein klar war, dass Harrison ein guter Schauspieler und da irgendwas faul ist. Positiv ist natürlich die Bewegung in der Frage nach der möglichen Vererbung des „Dark Passangers“ von Dexter an Harrison. Es scheint, als sei er quasi ein Dexter-Light, der den „Bösen“ stoppt, bevor er überhaupt was anstellen kann.
„What do you do to deal?“ – „I wrap bad guys in plastic and kill them…“ (Harrison & Dexter-Gedankenstimme)
Sagt Dexter eigentlich die Dinge, die er zu Debra sagt wirklich, oder auch nur in Gedanken? Wann wird Harrison ihm diesbezüglich auf die Schliche kommen? Die Stimme im Kopf, die will, dass er ein normaler Junge ist, versus der Zweifel (und vermutlichen Wahrheit). Immerhin scheint die Stichwunde nicht mit der Geschichte übereinzustimmen, was gedanklich mit Debra ausgestochen wird.
„It’s almost like he fit the code.“ (Dexter)
Was mich hier stört ist die fehlende Ermittlungsarbeit der Polizei. Der CSI-Typ scheint mittlerweile wieder abgereist zu sein, aber ein paar Fotos vom Tatort und Blutmustern kann man vermutlich auch mailen. Dass es sich eigentlich um eine „He said, he said“-Situation handelt, man das aber aufgrund einiger Notizen und Zeichnungen direkt unangezweifelt in die eine Richtung bewegt, wirkt etwas plump.
Dafür habe ich die Szene sehr gefeiert, in der Dexter sich selbst in Gedanken feiert! Ja, total übertrieben und unpassend, aber gerade deshalb so wunderbar überraschend. Zumal mit dem Flitter über ihn, den er missmutig zur Seite prustet.
Interessant wird es zum Ende hin auch, was die größere Story der Staffel angeht. Die Podcasterin bringt zumindest etwas Bewegung in die Fälle der vermissten Frauen. Und dann wäre da noch Kurt. Der schnüffelt bereits – wie eingangs von „Debra“ gedacht – bei Dexter herum und schenkt Harrison eine Drohne. Entweder nur, um einen Anlass zu haben, Kontakt zu halten und ein paar Fragen zu stellen, ich würde aber eher schätzen, dass er da einen Zugriff auf die Kamera hat und sich so visuellen Zutritt verschaffen möchte.
Außerdem wäre da noch die grünhaarige junge Frau, der Kurt erst Geld gibt, dann ein Job-Angebot und eine Bleibe im eigenen Keller? Puh, das schreit schon sehr „Hotel-Zimmer-Killer“, oder? Das wäre mir dann aber auch zu einfach gestrickt. Zumal ich beim allerersten Aufkommen dieses Plots bereits Verdacht hinsichtlich des anderen Reichen im Ortes hatte, aber die Laptops nicht übereingestimmt hatten. Okay, dann ist es halt der zweite Reiche, der Lust am menschlichen Jagd-Sport gewonnen hat…
In der gewohnt hochwertig hinsichtlich Cinematography und Edit gestalteten Folge werden am Ende gleich mehrere Entwicklungen parallel gezeigt. Neben der Keller-Luke für Frau Grünhaar gibt es eine Rede von Harrison, die so etwas wie eine insgeheime Rechtfertigung für seine Handlung und Begründung für das „Erschaffen“ von Monstern ist, sowie der Moment der Offenbarung für Dexter. Ich war ja ganz froh, dass Harrison das Messer nicht im Lüftungsschacht versteckt hat… Dafür handelt es sich um ein Rasiermesser im Trinity-Stil. Und als wäre das alles nicht bereits eindringlich genug, folgt da ganz am Ende noch diese halbe Sekunde, in der der gerade alles verarbeitende Dexter Morgan begreift, dass sein Sohn dann doch so einiges mit ihm gemein hat – und er süffisant zu lächeln beginnt.
„I guess, we all have two sides to us. Maybe we’re a little bit hero and a little bit… I don’t know… monster?“ (Harrison)
So langsam aber sicher intensiviert sich „Dexter: New Blood“. Ich war kurz davor auf viereinhalb Kronen zu gehen, muss aufgrund der Vorhersehbarkeit einiger Elemente und der Blut-Geschichte dann aber doch „unten“ bleiben. Wenn man ein, zwei Augen zudrückt, bekommt man aber eine stichhaltige (pun intended!) Folge mit einigen wichtigen Entwicklungen und das wohl skurrilste Vater-Sohn-Bonding aller Zeiten. Gerade dieses Spiel mit der Moral hat „Dexter“ schon immer ausgemacht, daher hat alleine diese letzte Einstellung mit Dexters verschmitztem Grinsen so einen enormen Wert für mich gehabt. Gänsehaut!
Dennoch darf man natürlich auch Dinge kritisieren. Mir gehen manche Entwicklungen gar zu schnell. Figuren wie Ethan oder auch die grünhaarige junge Dame werden eingeführt und scheinen kurz drauf bereits ihren Zweck zu erfüllen. Da hätte ich mir etwas mehr Verwobenheit gewünscht, um langfristige Komplexität und größere Effekte bei der finalen Ausführung zu erhalten. Das dürfte aber letztlich alles Opfer der Kompaktheit sein, die diese eine Staffel mit sich bringt. Man will augenscheinlich ziemlich viel gleichzeitig bewerkstelligen, was sehr ambitioniert ist, vor allem, wenn man gleichzeitig noch nicht allzu hektisch wirken möchte.
Bilder: Showtime
Danke für das ausführliche Beleuchten der Story👍👍👍
So langsam komm ich wieder rein in die Dexter Geschichte von früher…lang ist es her.
Toll das Sky Atlantic und Sky Replay die alten Staffeln unter der Woche abends und nachts zeigt.
Vg Andy
Danke fürs Lesen und viel Spaß mit der weiteren Staffel!
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