Ich habe ja bereits hier im Blog ausführlich zu jeder Folge von „Dexter: New Blood“ etwas geschrieben gehabt und auch zum Serienfinale ein bisschen was Allgemeines zur Staffel veröffentlicht. An dieser Stelle möchte ich – passend zum heutigen Serienfinale in deutscher Ausstrahlung bei Sky – nochmal einen möglichst spoilerfreien Eindruck schildern (sicherheitshalber habe ich die Ampel aber dennoch auf „Gelb“ gestellt… sollte passen), was die gesamte Staffel anbelangt. Zum einen für Leute, die lieber einen kompakten Beitrag lesen wollen, zum anderen für jene unter euch, die das Comeback von Dexter Morgan noch gar nicht selbst gesehen haben.
Darum geht’s in „Dexter: New Blood“
Von 2006 bis 2013 liefen insgesamt 96 Folgen der äußerst erfolgreichen Serie „DEXTER“, in der Dexter Morgan als Forensiker bei der Polizei in Miami arbeitet, nebenbei aber seiner Mordlust nachgeht, indem er Mörder, die durch das Netz der Justiz gefallen sind, selbst zur Strecke bringt. Die Geschichte um den soziopathischen Serien-Serienkiller-Killer wurde nach starken vier Staffeln eher durchwachsen fortgeführt, um dann eines der schlechtesten Serienenden der Fernsehgeschichte zu erhalten. Damals war ich nicht der einzige, der sich ein richtiges Ende gewünscht hätte, aber nein, man hielt sich eine Hintertür offen, um die Geschichte weiter zu erzählen. Für ein Comeback.
„Dexter: New Blood“ sollte eben jene Fortsetzung der Geschichte werden. Acht Jahre nach dem „DEXTER“-Finale startete die Spin-Off-Produktion am 22. November auf dem US-Sender Showtime. Direkt als eigenständige Miniserie (also keine neunte Staffel der Hauptserie…) offiziell angegeben sollte die „Event-Serie“ Hauptfigur Dexter Morgan aus dem Exil zurück auf unsere Fernsehbildschirme bringen. Zeitsprung und Mord-Enthaltsamkeit inklusive. Dass wir aber kein blutloses Portrait eines ehemaligen Mörders beim Kleinstadt-Alltag erleben würden, dürfte jedem klar sein…
Annährungsprobleme
Vielleicht kennt ihr das Gefühl auch, wenn ihr auf alte Bekannte trefft. Das muss nicht mal allzu lange her sein, zum Beispiel nach den Sommerferien in der Schule. Irgendwie fühlt es sich komisch an, wieder auf jene Personen zu treffen, mit denen man bis vor sechseinhalb Wochen noch so viel Zeit verbracht hatte. Wie sehen die alle wohl aus? Was hat sich so getan? Meist ist diese Aufregung komplett unbegründet und nach kurzer Zeit verflogen. Bei „Dexter: New Blood“ erging es mir ganz ähnlich.
Der Moment, in dem wir Dexter zum ersten Mal wieder zu sehen bekommen, war schon emotional. Die Wut über sein seltsames Verschwinden wich der Begeisterung ob seiner Rückkehr! Zum Auftakt der Staffel bemühen sich die Beteiligten enorm, allerlei Bezüge zur Hauptserie zu schaffen. Dieser Fan-Service gelingt zu großen Teilen auch ganz gut. Sei es mit kleinen Referenzen oder größeren Parallelen – man merkt, dass sich Gedanken gemacht wurde, wie man die Herausforderung angeht, einen Übergang zur neuen Geschichte zu schaffen.
In die poltert man dann aber doch unerwartet schnell hinein. Hier hätte ich mir etwas mehr Zeit gewünscht, um Atmosphäre zu schaffen. Auch gibt es zwar etliche kleine und große Überraschungen, wer aber zuvor (alle) Trailer und Social-Media-Posts um den Serienstart mitverfolgt hatte, wusste bereits bei vielem Bescheid. Dieses sehr konkrete Anteasern hätte es meiner Meinung nach nicht gebraucht, dürften „DEXTER“-Fans doch auch so eingeschaltet haben.
Modern gemacht, suboptimal gedacht
Was direkt auffällt ist die moderne Aufmachung. Statt des kultigen Intros, in dem Dexter seiner Morgenroutine nachgeht, erhalten wir lediglich ein eisig-knackiges Segment des Schriftzuges zu sehen, dem einige vorausschauende Schnell-Schnitte folgen. Diese neue Dynamik passt aber zur aktuellen Zeit. Allgemein fühlt sich „Dexter: New Blood“ visuell wie eine Regenerations-Kur an. Die Episodentitel werden erfreulich abwechslungsreich und bis auf einzelne etwas billig aussehende Ausnahmen stimmig in das Bewegtbild der jeweiligen Folgen integriert und Cineasten kommen mit gewaltigen Schwarzbalken oben und unten im Bild auf ihre Breitbild-Kosten. Das hätte für mein Empfinden auch eine Stufe weniger bzw. höher sein dürfen, aber geht schon. Auch ist die Cinematography auf durchaus hohem Niveau angesiedelt. Die Shots bleiben stets Abwechslungsreich, Schnitte erfolgen schnell, aber wirken im Timing bedacht, und insgesamt ist das einfach auf hohem Qualitätsstandard produziert. Selbst die Aufnahmen im Abspann sind jede Folge anders gehalten und wirken hochwertig. Da hat man sich wirklich viel Mühe gegeben, das Konzept bis ins kleinste Detail auszufeilen, sehr schön!
Leider wurde diese Arbeit inhaltlich nicht ganz geliefert. Bereits in den ersten Folgen wird eine der größten Schwächen von „Dexter: New Blood“ offenbart: das Storytelling. Gerade das anfängliche Zurechtbiegen der Geschichte geschieht nicht selten auf zumindest mal anzweifelhaften Beinen. Manchmal sind es recht plumpe Logikfehler, oftmals aber vor allem hinten heraus etliche Zufälle und offenkundige Inszenierungen, die die Geschehnisse voranbringen. Das ist schade, hält die allgemeine Geschichte doch eigentlich recht viel Potenzial bereit.
Das alte „DEXTER“-Gefühl!
Zwischendrin werden die Fehler weniger und es kommt tatsächlich wieder so etwas wie das alte „DEXTER“-Feeling auf! Diese Gänsehaut, diese Angst um unseren Protagonisten und auch die moralische Eigenbefragung, ob das denn nun eigentlich alles so in Ordnung ist, was da abgeht? Da gab es einige Folgen und Momente, die mir sehr gefallen haben! Auch, weil die Vergangenheit bisweilen vernünftig aufbereitet wird und man es schafft, die Figur weiter zu entwickeln.
Direkt zu Beginn der Staffel wird bereits klar, in welche Richtung es inhaltlich gehen wird. Dexter mordet wieder und trifft auf einen direkten Widersacher. Clancy Brown weiß diesen auf authentische Art und Weise darzustellen, vor allem im Bezug auf das Eindringen in Dexters Umfeld. Das hat bisweilen schon an die großen Zeiten rund um den Trinity Killer in Staffel 4 von „DEXTER“ erinnern können! Leider hat man es dann aber nicht geschafft, das vollumfänglich abzuernten. Ansätze und intensive Momente waren da, ja, aber da wäre mehr drin gewesen, finde ich. Von den üblichen Klüngeleien rund um Zufälle und zumindest mal inkonsequent erscheinende Verwicklungen ganz abgesehen.
Vielleicht ist das Hauptproblem auch einfach die Zeit, die fehlt. Zehn Episoden gab es, in denen man zum einen den Übergang von der Jahre her seienden Hauptserie zum Hier und Jetzt, eine neue Story mit eigenen Entwicklungen, sowie in gewisser Weise einen neuen Abschluss schaffen wollte. Das war dann vielleicht zu viel. Denn gerade hinten raus merkt man, wie unglaubwürdig viele Fäden gleichzeitig aufgegriffen und zusammengeführt werden. An sich ist der amibitionierte Ansatz, alles vernünftig vollenden zu wollen, löblich, das hat die Geschichte in der Form aber eigentlich nicht hergegeben, oder man hätte noch zwei Folgen mehr produzieren sollen.
Tja, und dann wäre da das Ende. Das Produktions-Team hat sich eine zweite Chance auf ein gelungenes Ende erarbeitet und bis kurz vor Schluss dachte man auch, das könnte was werden. Ich gehe jetzt an dieser Stelle nicht ins Detail, aber nur so viel: Mir hat es leider erneut nicht gefallen, auch wenn man diese Mal vermutlich weniger enttäuscht sein kann.
Insgesamt hat mir „Dexter: New Blood“ gefallen. Sehr schnell wird klar, dass es hier nicht einfach nur ein Comeback des Comebacks wegen war, sondern diese Event-Miniserie ihre Daseinsberichtigung hat. Und wenn es auch nur ein wohlwollender Abschluss der damals verkorkst zuende gebrachten Geschichte ist. Aber „Dexter: New Blood“ weiß auch mit einer eigenen Geschichte und vor allem guten Figuren aufzuwarten. Die Zeiten haben sich geändert, was Dexter auch mit seiner gewohnten Gedankenstimme einzustufen weiß. Aber Veränderungen bergen auch Chancen, die die Serie vor allem in der Aufmachung gut zu nutzen weiß. Auch das Schauspiel hat mich größtenteils überzeugen können. Klar, Michael C. Hall ist eh über jeden Zweifel erhaben (auch wenn manche Momente etwas eingerostet wirkten, aber das soll die Figur ja angeblich auch sein…), der neu hinzugenommene Cast hat mir aber eigentlich umfassend gut gefallen.
Leider gibt es inhaltlich dafür so einige Schwächen zu beobachten. Teilweise ist das schon banal, was für Anfängerfehler da durchgewunken worden sind. Größtenteils ärgern mich dann aber persönlich eher offenkundig konstruierte Settings voller Zufälle, die eingebaut worden sind, nur damit Figur X über Y stolpern oder Z machen kann. Ne, das hätte man smarter ausspielen können. Vor allem in den ersten Folgen und ganz am Ende hat das mitunter störende Ausmaße angenommen.
Dennoch bleibt „Dexter: New Blood“ hochwertige Thriller-Unterhaltung, die nicht nur einige Spannungs-Momente bereithält, sondern auch die gute alte moralische Frage nach Selbstjustiz aufwirbelt. Darf man Böses machen, wenn es dem guten Zweck dient? Die Antwort darauf wird am Ende mal wieder dem Publikum überlassen, das am Ende vor allem aber auch vor der Frage steht, ob das nun wirklich notwendig war oder nicht. Ich sage: Ja. Das Wiedersehen mit Dexter Morgan war eindringlich und angenehm. Der erneute Abschied tut weh, was ja auch zeigt, dass das jetzt nicht einfach nur ein hingerotztes Stück Nostalgie-Plastik gewesen ist. Dennoch denke ich, dass es das damit auch gewesen sein sollte. Inhaltlich gibt es durchaus noch dieses kleine Hintertürchen im Hintertürchen, das ein weiteres Spin-Off zulassen würde, ich denke aber, dass man es auch dabei belassen kann.
„Dexter: New Blood“ Episoden-Reviews
Hier oben bekommt ihr meine jeweiligen Kronenwertungen zu den einzelnen Folgen zu sehen. Insgesamt auf angenehm konstant überdurchschnittlichem Niveau mit sogar zwar richtig richtig guten Ausreißern nach Oben, aber auch ein paar schwache Momente, allen voran dann das eher verkorkste Finale (wo ich ursprünglich aus Verärgerung gar bei 2,5 Kronen war, ich weiß es noch immer nicht genau, was da jetzt objektiv fairer wäre…). Wer jetzt doch tiefer in die Materie einsteigen möchte, kann sich hier im Blog meine Einzelreviews zu den jeweiligen Folgen von „Dexter: New Blood“ reinziehen:
„Dexter: New Blood“ S01E02 – „Storm of Fuck“ Review
„Dexter: New Blood“ S01E03 – „Smoke Signals“ Review
„Dexter: New Blood“ S01E04 – „H Is for Hero“ Review
„Dexter: New Blood“ S01E05 – „Runaway“ Review
„Dexter: New Blood“ S01E06 – „Too Many Tuna Sandwiches“ Review
„Dexter: New Blood“ S01E07 – „Skin of Her Teeth“ Review
„Dexter: New Blood“ S01E08 – „Unfair Game“ Review
„Dexter: New Blood“ S01E09 – „The Family Business“ Review
„Dexter: New Blood“ S01E10 – „Sins of the Father“ Review
Bilder: Showtime
Mir hat es ziemlich Spaß gemacht bis Folge 9 und dann war leider wieder alles ganz schnell auf den Punkt gebracht und zwar ziemlich blöd.
Fazit: Dexter ist ein Schei** Vater!
Ja, das kann man gut und gerne so zusammenfassen. :)
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