Ein überraschendes TV-Highlight meines vergangenen Jahres war „Die Verräter – Vertraue Niemandem“, das nicht nur im Ersteindruck überzeugen konnte. Von Mitte Oktober bis Ende November lief nun die zweite Staffel „beim RTL“, wobei diese gar nicht entsprechend numeriert wurde, sondern den Sondertitel „Halloween Special“ verpasst bekommen hat. Das wirkt unnötig, da das Spiel diesen Grusel-Anstrich (vor allem mit überall ausgebreiteter Billig-Deko) nicht benötigt und es sich nicht um einen bspw. Sechs-Folgen-Drop zu Halloween selbst handelt, sondern eine wochenweise spendierte Langstaffel, die dann eben erst drei Wochen nach dem 31. Oktober ihr Ende findet, wo alle bereits in Gedanken Angst vor Mariah Carey und Wham haben. Der Tatsache, dass das für RTL-Verhältnisse eher komplexe Format nicht ganz den Vorlieben des Stammplublikums entsprach, sowie der misslungenen Programmplanung, die Folgen jeweils vorab auf RTL+ und erst nachgelagert im linearen RTL-Fernsehen zu zeigen, ist man dieses Mal zuvorgekommen, indem die Staffel einfach komplett auf RTL+ gezogen wurde. Tatsächlich wunderte mich, wie wenig man nach der Auftaktwoche überhaupt noch davon mitbekommen hat. Dabei ist auch das Halloween Special wieder sehr sehenswert, wie ich euch im Spoiler-freien Staffelreview mitteilen möchte.
16 Prominente, aber wer ist loyal?
Soweit zu den Änderungen drumherum. Im Kern ist „Die Verräter“ auch in der zweiten Spielrunde gleich geblieben. 16 mehr oder weniger bekannte Persönlichkeiten kommen in einem französischen Schloss zusammen, um herauszufinden, wer ein ehrliches und wer ein verlogenes Spiel spielt. Denn einige von ihnen wurden zu Verrätern auserkoren, die als einzige wissen, wer welche Rolle inne hat.
Vor Staffelstart hatten wir euch die Teilnehmenden bereits vorgestellt und einen Trailer zum Halloween Special gab es auch bereits, solltet ihr die Staffel noch schauen und euch einen Vorab-Eindruck verschaffen wollen. Schön finde ich, dass man Susan Sideropoulos, die in Staffel 1 direkt in der ersten Nacht aus dem Spiel geflogen ist,, nochmal eine Chance gegeben hat. Gefühlt ist die Auswahl der Spielenden dieses Jahr insgesamt jedoch flacher geworden. Viele Reality-TV- und Social-Media-Sternchen sind dabei, wie man es sonst eher aus weniger anspruchsvollen RTL-Formaten her kennt. Leider merkt man das auch im Spiel selbst, das spürbar weniger analytisch gespielt wird. Das hat mir in Staffel Eins von der Zusammensetzung besser gefallen. Aber: So erhält das Halloween Special eben auch einen eigenen Charakter und wirkt nicht wie eine 1:1-Wiederholung. Denn leider weiß das Spiel selbst bis auf andere Challenges sowie eine „Todesliste“ nicht wirklich Neues zu bieten. Diesbezüglich würde ich mir bei einer Fortsetzung noch weitere Rollen wünschen.
Genervt hat mich auch an mancher Stelle, wie mit Informationen umgegangen wird. Dass die Spielenden vielleicht nicht immer wissen, wann man mal Dinge taktisch für sich behalten sollte, ist dann eben Teil des Spieles. Dass Moderatorin Sonja Zietlow nach einer Mission direkt offenbart, wer den Schild gefunden und eingesteckt hat, empfand ich als ärgerlich. Allgemein muss man leider sagen, dass einige Teilnehmende auch schlicht schlecht gespielt haben. Als jemand, der selbst gerne Deduktionsspiele á la „Werwölfe“ spielt, hat mich das immer wieder aufgeregt. Wenn da am runden Tisch zwei Leute als mögliche Verräter total in der Schusslinie stehen, sich offenkundig emotional angeschossen äußern – wieso lasse ich in der nächsten Abstimmung dann komplett von ihnen ab?! Die müssten bereits klar als nächste zwei Ziele feststehen. Aber gut, das ist halt das Spiel, das seine ganz eigenen Dynamiken besitzt und von den Leuten vor Ort im Zuge von zehn realen Tagen gespielt wird, statt binnen weniger Stunden daheim am Küchentisch.
„Manche können zählen, manche nicht“ – Bruce Darnell
Auf wen ich mich am meisten gefreut hatte und von dem ich nicht enttäuscht worden bin, ist Bruce Darnell. Der ist für einige der lustigsten Momente des Formates verantwortlich. Aber auch andere Kandidat:innen haben ihre Momente und an Profil bei mir gewonnen. Auch hat mir die Gestaltung der Challenges gefallen. Beispielsweise solltet ihr bei der Friedhofsmission die Namen genauer betrachten, die auf den Grabsteinen stehen.
Hatte ich bei der ersten Staffel noch das Ende kritisiert, so funktioniert das dieses Mal deutlich besser. Am Prozedere wurde dabei nicht mal wirklich geschraubt, vermutlich war die Zusammensetzung der Finalist:innen dem einfach zuträglicher.
Auch die zweite Staffel von „Die Verräter“ hat mir großen Spaß bereitet. Auch wenn die Neuerungen überschaubar waren, fühlt sich die Spielrunde nicht wie eine Kopie der ersten Staffel an. Das liegt auch an der Zusammenstellung des Spieler:innen-Pools, der leider hinter dem der ersten Staffel abfällt. An einigen Stellen hätte das Spiel besser gespielt werden können, aber diese Ärgernisse gehören halt dazu. Zu gerne hätte ich zudem mehr Mut bei der Produktion gesehen, auch mal Inhalte für das Publikum länger im Verborgenen zu halten. Wer die erste Staffel mochte, wird jedoch auch die zweite mögen, bei der das Finale deutlich besser funktioniert hat.
„Die Verräter“ Staffel 2 Reunion
Was mich allerdings nervt ist, dass es erneut keine richtige, nachgelagert als Zusatzfolge (oder im Rahmen des Finales gezeigte) Reunion gibt. Letztes Jahr hatte es zumindest noch eine kleine Reunion auf YouTube gegeben, wenn auch nur in reduzierter Zusammensetzung. Dieses Jahr soll nicht mal das folgen, sagt RTL. Stattdessen gibt es bei „Aftershow“ lediglich drei Podcast-Episoden, in denen jeweils zwei Spielende über die Staffel reden. Das ist schade, denn gerade die (sichtbaren!) Reaktionen der Spielenden auf die Offenbarung, wer denn nun Verräter war, sowie das Aufbereiten einiger Momente des Spieles, wären sehr interessant anzuschauen und böten deutlich mehr Inhalt als die üblichen Dauerlabereien bei Trash-TV-Dating-Shows.
Solltet ihr dennoch Interesse daran haben, findet ihr hier alle drei Folgen eingebettet:
3. Staffel von „Die Verräter“?
Was es aber immerhin positiv im Nachgang zur Staffel gibt, ist direkt eine Zusage bezüglich einer Fortsetzung! Wie RTL bestätigt hat, wird es 2025 eine neue Staffel von „Die Verräter“ geben, die wohl auch wieder ihren Weg ins lineare Fernsehen findet wird. Das finde ich gut, da das Format so nochmal mehr Aufmerksamkeit erlangt und man sich mit mehr Leuten darüber austauschen kann. Hoffentlich lässt man den Blödsinn mit der Vorabausstrahlung auf RTL+ dann bleiben. Sollen dort doch dann Bonus-Inhalte wie eine richtige Reunion angeboten werden, um Leute auf die Plattform zu bringen.
Bilder: RTL / Stefan Gregorowius
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