Die Kämpferin Echo aus der Marvel-Serie „Hawkeye“ will die Nachfolge von Kingpin antreten und muss sich dafür ihrer Vergangenheit stellen.
Unter dem Banner „Marvel Spotlight“ stellt Marvel Studios eine außergewöhnliche Figur in den Mittelpunkt. In nur fünf Episoden wird die Geschichte fortgesetzt, die in „Hawkeye“ ihren Anfang nahm. Zur Erinnerung: Die gehörlose Kampfsportexpertin Maya Lopez nimmt es mit Clint Barton auf, weil sie ihn für den Mörder ihres Vaters hält. Erst als sie erfährt, dass niemand anderes als ihr Ziehvater Wilson Fisk alias Kingpin dafür verantwortlich ist, wendet sie sich gegen ihn und schießt ihm ins Gesicht. Im Glauben, Wilson habe das Zeitliche gesegnet, kehrt sie fünf Monate später in ihre Heimat nach Tomaha, Oklahoma, zurück. Hier setzt nun die neue Serie „Echo“ ein. In kurzen Rückblenden wird Mayas Zusammentreffen mit Hawkeye nochmals aus ihrer Perspektive geschildert. Die Serie bindet das Geschehen gekonnt ein und holt damit auch Zuschauer:innen ohne Vorkenntnisse ab. In einer kurzen Auseinandersetzung mit Daredevil wird eine vierminütige Kampfszene geboten, wie man sie aus modernen Actionfilmen kennt – ein brillant choreographierter Schlagabtausch. Wer allerdings auf mehr Screentime für den Teufelskerl gehofft hat, wird enttäuscht. Abgesehen von der vorab im Internet geleakten Szene tritt Matt Murdock nicht weiter in Erscheinung. Ansonsten bleibt die Serie ganz bei Maya, die wieder einmal sehr überzeugend von Alaqua Cox gespielt wird. Die Zuschauer:innen erfahren mehr über ihre Herkunft und die Traditionen der Choctaw-Nation, laut derer die Ahnen in jedem Einzelnen Widerhall finden. Dies spiegelt sich auch in den Episodentiteln wider. Jede Folge ist nach einem Namen einer Maya-Vorfahrin benannt. Die letzte Episode trägt ihren Namen.
„Generationen hallen wider wie ein Echo.“ – Chula
Regisseurin Sydney Freeland, die selbst aus dem Navajo-Reservat stammt, und ihre Kollegin Catriona McKenzie, Angehörige der Gunaikurnai (Aborigines), zeichnen ein authentisches Bild der indigenen Kultur. Zu Beginn jeder Episode wird ein kulturelles Element aufgegriffen, dessen Bedeutung sich erst am Ende vollends erschließt. Der Verbindung zu den Vorfahren ist es auch zu verdanken, dass Maya, anders als in den Comics, über besondere Fähigkeiten verfügt. Sie hat nicht nur Visionen von Frauen, die lange vor ihr gelebt haben, sondern kann auch Energiestöße aus ihren Handflächen aussenden. Diese Kräfte manifestieren sich bei ihr zum ersten Mal, als sie in einem rasenden Zug stecken bleibt. Auch am Ende im Kampf gegen Kingpin, als sich ihre Ahnen um sie versammeln, wird der Einsatz ihrer Superkräfte visuell gut umgesetzt. Überhaupt können sich die Actionszenen mit ihren kaum wahrnehmbaren Schnitten sehen lassen. Dazu passen auch die Momente, in denen es still wird und nur ein dumpfer Herzschlag zu hören ist. So wird Mayas Wahrnehmung teilweise auch für das Publikum erfahrbar. Das gilt auch für die Dialogszenen, in denen größtenteils in Gebärdensprache kommuniziert wird. Wie schwierig dies teilweise für Mayas Umfeld ist, wird auch deutlich, wenn Wilson versucht, mit technischen Hilfsmitteln direkt mit Maya zu kommunizieren.
Etwas blass bleiben dagegen Nebenfiguren wie Mayas Cousin (Cody Lightning) oder ihr Onkel Scully (Chaske Spencer, bekannt aus „The Last of Us“), der ein Pfandhaus betreibt. Vincent D’Onofrio, der den Kingpin aus der Netflix-Serie „Daredevil“ wieder aufleben lässt, liefert aber wieder ein Glanzleistung ab. Wenn er in einer Rückblende einen Eisverkäufer brutal zusammenschlägt, kann man kaum hinsehen. Doch es sind weniger die Figuren oder die Handlung, die „Echo“ zu einer gelungenen Comicverfilmung machen, sondern die dargestellten Gegensätze, die die Serie thematisiert. Auf der einen Seite Mayas Wunsch, Königin des Verbrechens zu werden, auf der anderen Seite ihre Verantwortung gegenüber ihrer Herkunft. Die Stille im Kontrast zum Lärm. Das städtische Leben und die ländliche Provinz.
Wilson hat Maya ihrem Umfeld entrissen und von ihrer Familie isoliert, um sie zu einer kaltblütigen Killerin zu machen. Erst als es zum unvermeidlichen Endkampf zwischen den beiden kommt, gelingt es Maya, den Teufelskreis der Gewalt zu durchbrechen. Im Abspann wird angedeutet, dass Wilson Fisk für das Amt des Bürgermeisters von New York kandidieren könnte. Wer die Comics kennt, weiß, dass Fisk durch Wahlmanipulation tatsächlich für kurze Zeit Bürgermeister wird. Matt Murdock ist jedoch misstrauisch und versucht, seine Verwicklung in kriminelle Machenschaften aufzudecken. Dies könnte auch in „Daredevil: Born Again“ aufgegriffen werden.
Fazit
Kurzweiliges Actiondrama, das vor allem Echos indigene Wurzeln und ihre Beziehung zu Kingpin beleuchtet. Wer eher bodenständige Marvel-Stoffe mag, ist hier genau richtig.
Bilder: Disney
Fand die Serie super. Auch Hawkeye hat mir sehr gut gefallen. Ehrlich gesagt beide sogar besser als Wanda/Vision und Loki.