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Reichen Nicole Kidman, Liev Schreiber, Dakota Fanning und Eve Hewson für eine gute Serie?

Review: „Ein neuer Sommer“ (Netflix-Miniserie)

12. Oktober 2024, 13:13 Uhr

Netflix‘ „Ein neuer Sommer“ (im Original hat’s mal wieder den besseren Titel mit „The Perfect Couple“) verspricht auf dem Papier eine klassische “Whodunit?”-Geschichte zu werden: Sechs Folgen lang kann kann man sich auf die idyllische Insel Nantucket vor der Atlantik-Küste des Bundesstaates Massachusetts entführen lassen und am wohlhabenden Leben der Familie Winbury teilhaben. Der hochwertige Cast mit Nicole Kidman, Liev Schreiber, Dakota Fanning und Eve Hewson verspricht ein schauspielerisches Highlight, dazu kommt noch Regisseurin Susanne Bier, die für „The Night Manager“ bereits einen Emmy erhalten hat, deren Film „In einer besseren Welt“ („Hævnen“) einen Oscar bekommen hat und die mit „The Undoing“ bereits eine spannende Crime-Serie vorgelegen konnte (übrigens auch mit Nicole Kidman in der Hauptrolle – hier gibt’s mein Review zur Serie). Klingt also alles super – wird’s aber leider nicht.

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Den negativen Eindruck bekommt man ganz zu Beginn der Serie allerdings nicht. Wir befinden uns auf dem Anwesen der Winburys, alle stecken in den Vorbereitungen zur Hochzeitsfeier von Sohn Benji mit Amelia (Eve Hewson). Mutter Greer (Nicole Kidman) ist von dieser Verbindung weniger angetan, ihre eigene Ehe mit Tag (Liev Schreiber) läuft allerdings auch nicht sonderlich rund, so dass sie sich vor allem auf ihre Autorinnen-Karriere konzentriert und bemüht ist, nach außen ein perfektes Bild der Familie zu liefern. Es gibt noch zwei weitere Söhne – ganz unterschiedliche Charaktere, die in der Mini-Serie ihre Nebengeschichten bekommen, die zunächst aber lediglich dazu dienen sollen, falsche Fährten zu legen, wenn es um den Mord an der Trauzeugin Merritt Monaco geht. Das ist nämlich der Case der Crime-Story – Merritt wird am Morgen der Hochzeit von Amelia tot am Strand gefunden, und die Ermittlungen starten. Dazu hat man versucht, mit Nikki Henry eine für solche Geschichten typische Ermittlerin zu etablieren, die den örtlichen Polizisten Beine macht, unbequeme Fragen stellt und dabei eher schroff und unnachgiebig rüberkommt. Hat man schon oft gesehen, ist deswegen eher keine sonderlich ausgefallene Entscheidung, wie ich finde, zumal eher dürftig umgesetzt.

„Ein neuer Sommer“ liefert klassisches „Whodunit“-Szenario

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In den nächsten vier Folgen darf man dann mitraten, wer denn wohl der Täter sein könnte. Auch hier spulen Autorin Jenna Lamia und ihr Drehbuch-Team die üblichen Mechanismen ab. Nacheinander bekommen wir die verschiedenen Hauptfiguren präsentiert, die jeweils unterschiedliche Beziehungen zu Merritt hatten, was sie jeweils unterschiedlich stark verdächtig machen. Dabei kommen immer weitere Geheimnisse vin Merritt, aber auch von den anderen handelnden Personen ans Licht. Manches ist ganz interessant angelegt, manches einfach überzogen und ohne Mehrwert, gerade wenn es um den älteren Sohn Thomas geht. Trotz des recht bekannten Schemas machen die ersten Folgen auf jeden Fall Spaß, man hat sich irgendwann auf Nantucket eingerichtet und ermittelt gerne mit. Dazu trägt allerdings auch sehr viel die Inszenierung von Susanne Bier bei, die ein Händchen für Einstellungen und Perspektiven hat, was vor allem dann auffällt, wenn sich die Serie ruhigere Phasen gönnt. Dann beobachtet Susanne Bier die handelnden Personen einfach nur bei ihrem alltäglichen Treiben – beim Blick aus dem Fenster, beim Sinnieren am Tisch, beim Gespräch in der Familie. Gerade am Anfang nutzt sie auch oft schnelle Wechsel zwischen der Handlungsebene der Familie und der Verhörebene auf dem Polizeirevier. Das ist klasse gemacht, weil wir so durch die Nebenpersonen Charakterisierungen der Hauptpersonen erhalten – das kürzt angenehm ab und man erhält schnell ein klareres Bild der Hauptfiguren. Auch bei Rückblenden hilft uns Susanne Bier mit ihrer Arbeit: Wir sehen bestimmte Momente rund um Merritt immer aus einer beobachtenden Perspektive, es fühlt sich fast schon wie eine neutrale Dokumentation der Ereignisse an. Geht es um Emotionen, ist sie dann aber sehr schnell direkt bei den Personen, lässt uns gefühlt mit dabeisitzen, wenn sich zwei Personen unterhalten (wie Merritt und Tag in einigen Momenten), oder wenn Personen das Erlebte mit sich selbst ausmachen, wie Amelia, die am stärksten schockiert von den Ereignissen wirkt.

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Zwischendurch biegt die Handlung an einigen Stellen auf merkwürdige Pfade ab – sie macht Nebenbaustellen auf, die so gar nicht notwendig gewesen wären und teils auch einfach nur Klischees bedienen, die die Gesamtstory merklich ins Kitschige abdriften lassen. Irgendwann fühlt sich’s mehr an wie ein klassischer seichter Krimi-Sommerroman, den man im eigenen Strandurlaub durchblättert – nicht zu aufregend, nicht zu anspruchsvoll. Komplett in die falsche Richtung geht’s dann leider am Ende, wenn die Auflösung bevorsteht. In der letzten Folge passiert mehr als in den ersten fünf Folgen zusammen. Weitere Geheimnisse kommen ans Licht, teils absurd, teils nicht nachvollziehbar. Nachdem man die meisten Hauptfiguren als Täter auch bereits ausschließen konnte, war der Kreis am Ende doch recht überschaubar und die Lösung naheliegend – es sei denn, das Autor:innen-Team hätte es nochmal auf eine ganz andere Lösung angelegt (Unfall oder externe, bisher nicht aufgetauchte Person). Das Ende gerät dann auch entsprechend unspektakulär und enttäuschend. Dafür kann der hervorragende Cast nichts – alle spielen ihre Rollen ausgezeichnet: Nicole Kidman spielt das kühle, kontrollierte Familienoberhaupt perfekt. Sie war auch die erste Wahl für Regisseurin Susanne Bier, die wie gesagt schon bei „The Undoing“ mit Nicole Kidman zusammengearbeitet hatte. Für die Regisseurin steht das Casting immer an erster Stelle: „Wenn ich es wirklich schwer habe, jemanden zu besetzen, ziehe ich mich zurück. Und bei diesem hier hat es mir Spaß gemacht, darüber nachzudenken“, wird sie von Netflix zitiert. Nicole Kidman musste wohl nicht lange überlegen: „Was auch immer Sie von mir wollen, ich bin dabei“, als Bier sie anrief und fragte: „‚Hätten Sie Interesse daran, jemanden zu spielen, den wir nicht unbedingt mögen, von dem wir aber trotzdem fasziniert sein können?‘“

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Vor allem Liev Schreiber hat mich mit der tollen Darstellung des vom Leben enttäuschten Tag überrascht. Zunächst hatte Schreiber die Rolle wohl gar nicht haben wollen, sei dann aber von Nicole Kidman und Susanne Bier überredet worden. Die Gesangseinlagen seiner Figur Tag waren dann sogar Schreibers eigene Idee. Ganz witzig dabei: Elin Hilderbrand als Autorin der Romanvorlage hatte beim Schreiben genau Liev Schreiber als Tag vor Augen, weil sie seinerzeit im „Ray Donovan“-Fieber war, wo Schreiber die Hauptrolle spielt. Dakota Fanning hatte ebenfalls schon mit Bier zusammengearbeitet, in „The First Lady“. Sie und Eve Hewson spielen ebenfalls klasse. Wer noch mehr zum Cast erfahren möchte, kann sich hier bei Tudum von Netflix einlesen. Auch Regisseurin Susanne Bier ist wie gesagt über jeden Zweifel erhaben, und so muss man es wohl Autorin Jenna Lamia ankreiden, dass sie nicht mehr gemacht hat aus dem Stoff, den Autorin Elin Hilderbrand geliefert hat. Dass die Vorlage seicht sein würde, dürfte beim Lesen der Produktionsnotizen jedem klar gewesen sein, der über den Namen Elin Hilderbrand gestolpert ist, die in den USA für ihre Nantucket-Liebesromane bekannt ist und als „Königin der Strandlektüre“ gefeiert wird. Trotzdem wäre da aus meiner Sicht mehr möglich gewesen.

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Warum tanzen alle im Vorspann der Netflix-Serie „Ein neuer Sommer“?

Zwei Sachen nehme ich trotzdem aus den sechs Folgen „Ein neuer Sommer“ mit – einerseits, dass ich mich doch nochmal mit dem weiteren Werk von Liev Schreiber beschäftigen muss, und andererseits den Song „Criminals“ von Meghan Trainor, der im Vorspann der Serie zu hören ist – übrigens ein Intro, das absolut aus der Reihe fällt und das ich einfach nicht wegskippen konnte, weil’s einfach so anders ist und einen fabelhaft bunten Kontrast zur sonst eher bedrückenden Atmoshphäre im Strandhaus liefert. Der komplette Cast steht am Strand und tanzt zu dem Song von Meghan Trainor, die in den USA offensichtlich wesentlich bekannter ist als hier, schon ein Nummer-1-Album dort hatte und gebürtig aus – natürlich – Nantucket stammt.

Die Tanzsequenz ist offensichtlich auch für den Cast etwas Besonderes gewesen – Herausforderung wie Spaß: „Am meisten freue ich mich darauf, dass die Leute die Tanzszene sehen, die wir gedreht haben“, sagt zum Beispiel Meghann Fahy, die aus Massachusetts stammt und Merritt Monaco spielt, gegenüber Netflix. „Wir waren alle ein bisschen nervös deswegen, aber am Ende hatten wir so viel Spaß.“ Die Tanzsequenz – entworfen von der Choreografin Charm La’Donna – versetzt die Serie in eine ganz bestimmte Atmosphäre: „‚Dies ist eine leicht gesteigerte Realität und als Publikum können Sie Spaß haben und es genießen‘“, beschreibt Regisseurin Susanne Bier die Idee, die sie selbst mit vorangetrieben hat.

Die Idee, einen Tanz in die Serie einzubauen, kam von der ausführenden Produzentin Gail Berman: „Wir fanden das wirklich lustig, also hatten wir das irgendwie im Hinterkopf“, wird Jenna Lamia, Showrunnerin der Serie, von Netflix zitiert (mehr zu den Hintergründen gibt’s hier bei der Netflix-Seite Tudum). Obwohl sie diverse Songvorschläge für eine geplante Tanzsequenz erhalten habe, sei sie immer bei Trainors „Criminals“ mit der immer wiederkehrenden Textzeile „Call us criminals, criminals“. Auch spannend: Ursprünglich sollte der Tanz an einer ganz anderen Stelle der Serie stattfinden, als Teil einer Albtraum-Traumsequenz zu Beginn von Episode 5, die letztendlich herausgeschnitten wurde. In dem Traum sitzen Amelia und Merritt am Strand und reden über die Zukunft und wie aufgeregt Amelia ist, dass Benji ihr einen Heiratsantrag gemacht hat. Doch dann fragt Merritt Amelia seltsamerweise: „Hey, wer hat das deiner Meinung nach getan?“ Und als Amelia sich umdreht, um sie anzusehen, beginnt Wasser aus Merritts Augenhöhlen und ihrem Mund zu strömen. In den Albtraum sollte ein Tanz eingebaut werden. Susanne Bier hatte dann allerdings die Idee, den Tanz als Vorspann zu verwenden. Die Schauspieler:innen waren wohl am Set ziemlich nervös, einige wollten nicht mitmachen. Doch Bier motivierte alle, auch mit dem Hinweis, dass es nicht perfekt werden müsse, sondern dass der Spaß im Vordergrund stehe. Das ist dann offensichtlich gelungen – auf Darsteller:innen-Seite wie auch bei uns Zuschauer:innen.

Bilder: Netflix

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Samstag, 12. Oktober 2024, 13:13 Uhr
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