Ich hatte ja in meinem Review zur Auftaktfolge der 2. Staffel von „Euphoria“ bereits eine gewisse Euphorie angesichts der Rückkehr der HBO-Serie und der hohen Qualität der Auftaktfolge versprüht. Für die weiteren sieben Folgen der 2. Staffel habe ich mir dann Zeit genommen, um sie in Ruhe sehen und verarbeiten zu können – da kommt nämlich eine ganze Menge auf uns Zuschauer zu. Schon die Auftaktfolge war vollgepackt mit Aktionen, Emotionen und Ereignissen. Das geht so munter weiter.
Showrunner, Autor und Regisseur Sam Levinson nimmt für diese Staffel verschiedene Charaktere in den Blick – gefühlt ist die Staffel damit inhaltlich breiter aufgestellt als Staffel 1. Natürlich dominiert Rues Geschichte weiterhin „Euphoria“ – mir ist es dieses Mal aber zuviel in Sachen Drogenkonsum mit den entsprechenden Auswirkungen. Klar, es fühlt sich extrem authentisch an, und Sam Levinson weiß ja auch genau, wovon er redet, aber für meinen Geschmack ist man als Zuschauer da schon zu dicht dran.
Da sind die weiteren Co-Stories eine wohltuende Abwechslung. Cal Jacobs‘ Geschichte zum Beispiel, dem richtig viel Zeit eingeräumt wird, und was von Eric Dane einfach ausgezeichnet gespielt wird. Wir bekommen hier jede Menge Hintergründe zu diesem vielschichtigen Charakter geliefert, die einiges erklären, aber natürlich nichts entschuldigen. Cal begibt sich schließlich auf einen Selbstzerstörungstrip, lässt dabei fast alles über sich ergehen. Und erstaunlicherweise kreuzen sich die Wege von Cal und Fezco, meine Lieblingsfigur in der Serie. Der Moment vor Fez‘ Laden, wo er, Cal und Lexi aufeinandertreffen, hat eine ganz besondere Stimmung, in der einfach alles in alle Richtungen passieren kann. Das ist wirklich stark erzählt und inszeniert. Ebenso die weiteren Momente mit Fez, wenn er mit Lexi anbändelt zum Beispiel, oder auch am Ende, wenn es um Ashtrays Schicksal geht – ein Szenario, das einen als Zuschauer ganz schön mitnimmt.
Etwas entschärft werden diese Momente durch den Wechsel der Story mit Lexis Theaterstück „Our Life“, das das Leben unserer Protagonisten nochmal nacherzählt. Das Stück erstreckt sich über die letzten beiden Folgen und ist gleichzeitig Highlight und Enttäuschung. Highlight, weil Sam Levinson das wirklich grandios inszeniert, mit übergangslosen Wechseln zwischen Realität und Geschehen auf der Bühne. Da sind tatsächlich einige Wow-Momente dabei. Enttäuschend war für mich aus erzählerischer Sicht, dass Sam Levinson ein Stilmittel wie ein Theaterstück brauchte, um Entwicklung in die Story der Serie zu bekommen. Ich mag‘s nicht immer so wirklich, wenn man Stilmittel wie eben Theaterstücke, aber auch Visionen, Träume etc. einbaut. Das wirkt ein bisschen hilflos, zumal bei der Theaterproduktion hier so massiv aufgefahren wird, dass es schon unglaubwürdig wirkt. Welcher Schüler oder welche Schülerin bekommt schon so ein Ensemble, so eine Ausstattung und so eine Dramaturgie hin beim ersten Stück auf der Bühne der örtlichen Schule? Das hat mich wirklich geärgert und gibt definitiv Abzüge in der B-Note, leider.
Ansonsten war wie gesagt wieder alles ziemlich durchdacht und geschickt produziert, mit einem tollen Cast und jeder Menge Details am Rande, so dass es einfach Laune macht, sich mit „Euphoria“ zu beschäftigen, bei aller Schwere der Hauptthematiken. Staffel 3 kann kommen.
Bilder: HBO
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