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Alles ist relativ (beschissen)

Review: Fargo S03E05 – The House of Special Purpose

18. Mai 2017, 15:13 Uhr
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Auch wenn wir alle sicherlich neugierig sind, wie es bei „Fargo“ weitergeht, gibt es immer eine Person, die neugieriger ist: die Ehefrau. Zumindest im dieswöchigen Eröffnungsszenario, das deutlich weniger elegant als das vergangene Woche daher kommt. Immerhin muss Emmit so zunächst kein Geld zahlen und wird quasi gar nicht wirklich erpresst. Der Versuch ist aber mehr als dämlich, wenn alle wissen, dass er einen Zwilling hat – da wundert mich auch, dass (A) die Frau nicht erkennt, dass das auf dem Tape gar nicht ihr Mann ist und direkt losstürmt (blinde Wut?) und (B) Emmit es nicht vehement(er) versucht, klarzustellen.

„The whole time we were playing to draw – this time we’re playing to win!“ (Nikki)

Getoppt wird diese Dubiosität eigentlich nur vom schlecht-getimetesten Antrag der Serienwelt – diese total romantische Geschichte erzählt man doch gerne später mal den eigenen Enkeln! Aber yay – Ray und Nikki sind verlobt.

„For Pete’s sake – I’m wearing a hooker wig!“ (Nikki)

Zur Feier gibt es eine Tasse Wasser mit fadem Eigeschmack für Sy. V.M. ist einfach ein ungemein toller Charakter, so offenkundig schlecht, ekelig (in Aussehen wie innen drin) und auf seine ganz eigene, schmierige Art und Weise überzeugend. Herrlich!

„Don’t forget your mug!“ (V.M.)

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Sy versucht sich im Doppelspielt und spielt „leicht zu kriegen“ bei einer potenziellen Übernahme. Das könnte noch interessant werden, auch wenn ich glaube, dass auch hier gesunder Menschenverstand bereits etwaige Skurrilitäten und Zufälle (wie eine Übernahme des von Innen verfressenen Unternehmens samt bösem Partner) verbietet. Aber zumindest könnte es zu Dynamik innerhalb der Konzernführung führen. Mir hat dazu sehr gefallen, wie Emmit und Sy parallel über ihre jeweiligen Probleme reden, ohne zunächst auf den anderen einzugehen. Alles ist eben doch relativ (beschissen).

„Why would your wife wanna see your brother have sex?!“ (Sy)

Sy wird von der Leine gelassen, so recht will er aber zunächst noch nicht in Schwung geraten. Im leicht redundanten Telefonat droht zunächst das klassische „Bellende Hunde beißen nicht“-Szenario und weil die Frau es gesehen hat – Arschloch! – setzt es alternative Fakten und doch noch eine Erpressung.

Derweil wird die Gloria-Story durch ihren Chief ausgebremst. Jetzt wird mir klar, weshalb es diese eigentlich unnütze Figur gibt – damit das Timing einigermaßen glaubhaft verschleppt werden kann. Sehr schade, denn eigentlich wurde bereits alles bestens zusammen gesetzt und könnte enden, bevor das große Unheil beginnt. Also doch nicht „schade“…?

„You don’t have to like the truth for it to be true.“ (Gloria)

„Once upon a time, a guy named Stussy hired an idiot to rob his brother and the idiot drove to the wrong town and killed the wrong Stussy.“ – „I hate that story.“ (Gloria & Chief)

Zweite interessante Entwicklung hinsichtlich möglicher weiterer Verstrickungen: V.M. bringt eine Sy-Verschwörung ins Spiel. Das dürfte nach und nach genährt werden, so dass wir uns mit Sicherheit auf verwirrte Dialoge und unterhaltsames „zwischen den Stühlen-Befinden“ freuen dürfen.

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Und dann er scheint DER Gegenspieler überhaupt erscheint auf der Bildfläche: das Finanzamt. In Person eines wunderbar überordentlichen Beamten, gespielt von „Chuck“-Darsteller Zachary Levi „Legion“-Darsteller Hamish Linklater, der „ein bisschen IRS-Humor“ in die Serie bringt. Das gefällt mir sehr! Und alles nur, weil dieses „Ab 10.000 Dollar“ eben nicht „mehr als“ bedeutet, sondern „ab“. Ray und Kitti haben somit mehr als 9.999,99 Dollar enthoben – Oops. Zum Glück gibt es gefälschte Bücher…

„Did he mention kids? That can be used…“ (V.M.)

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Und dann das große Finale, das eigentlich keines ist. Erste Sensation: Der Musik hörende Handlanger kann reden! Nicht gut und deutlich, aber immerhin (wobei ich es auch irgendwie genial gefunden hätte, wenn er einfach nie etwas sagt).

„He said, pretty girl should only open her mouth when you see a dick.“ – „So just so I am clear: which one of you is the dick?“ (Handlanger & Kitti)

Ein bisschen poetisch wird es noch, als vom das Blut verdeckenden weißen Schnee die Rede ist – eine Art Sinnbild für die Serie „Fargo“ selbst. Das könnte man auch meinen, als es zum großen Schlusstritt zugeht. Zumindest Sys Blick nach zu urteilen. Ende.

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Nein, gar nicht! Denn hier macht man meiner Meinung nach einen Fehler. Statt die wundersame (und sehr mühselig und langsam ablaufende) Wiederauferstehung in die kommende Woche zu transportieren, wird uns eine (noch?) lebende Kitti gezeigt. Zunächst ohne groß sichtbare Wunden. Sind ihre Beine gebrochen? Ist gar eines komplett abgehackt worden? Wie ist sie bitte nach Hause gefahren? Kann ja so schlimm nicht sein… Am Ende scheinen es „nur“ Prellungen (und innere Blutungen) zu sein und doch darf man diskutieren, ob sie die Nacht in der Badewanne überleben wird (was ich ungemein unsinnig inszeniert fände). Wirkliches Ende. Vorerst.

Es ist Halbzeit dieser Staffel und doch will ich noch nicht ganz warm mit den Figuren werden. Staffel 1 wirkte so viel näher und menschlicher. Gerade das Gebrüdergespann bleibt für mich distanziert und künstlich. Ewan McGregor spielt eigentlich großartig sehr überzeugend und doch will mir die Doppelrolle nicht natürlich und echt erscheinen. So ist mir vieles schlicht zu egal, ich habe keine Seite, auf der ich wirklich stehe und selbst der vermeintliche Antogonist V.M. (ich wittere ja, dass sich die Brüder letztlich doch vereinen gegen ihn) wirkt mir beinahe noch am sympathischsten, da er in seiner Art wenigstens unterhaltsam ist. So bleibt es erneut eine grundsolide Folge mit dem einen oder anderen netten Fargo-Moment, für rund eine Netto-Stunde Fernsehen war das aber nicht mehr als Durchschnitt. Also, in hohen Fargo-Maßstäben gemessen.

Ach, und ein kleiner Appell: Ruft doch mal wieder Mutti an – aber bitte nicht aus dem Bus heraus…

Bilder: FX

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Donnerstag, 18. Mai 2017, 15:13 Uhr
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4 Kommentare

  • Ich fand’s leider auch sehr langweilig irgendwie. Hab‘ mich zwischendurch dabei ertappt, dass ich angefangen habe, auf dem iPad was zu lesen. Fargo wird zur Nebenbeigucken-Serie – hätte ich auch nicht gedacht.

  • Detlev Beutner

    Der IRS-Beamte wird nicht von Zachary Levi, sondern von Hamish Linklater dargestellt. Da nicht genau zu sein, ist schon etwas unverzeihlich, da das dermaßen präzises Schauspiel war, welches es wirklich nicht verdient hat, so unpräzise reviewed zu werden.

    Da befürchte ich dann auch, dass die eigene Abgelenktheit weniger der Qualität der Folge als tatsächlich mehr der ureigenen Aufmerksamkeit – gerade bzgl. der Feinheiten der Folge/Staffel – zu schulden ist. Sprich (jetzt werde ich etwas gemein ;-)): Perlen vor die Säue.

    Nee, aber im Ernst, wenn man schon reviewed, sollte es genauer sein. Und das beginnt nicht erst mit den DarstellerInnen-Namen…

    • Danke für den Hinweis – da hast du natürlich vollkommen Recht, ist geändert. Aber hier habe ich schlicht nicht nachgeschaut, weil ich mir derart sicher war, dass er es ist – und es bereits bei „Legion“ war. Aber was will man von einer dummen Sau auch erwarten…

      Und ja, es gab Feinheiten und insgesamt ist das noch immer eine hohe Qualität in Spiel und Inszenierung, bringt aber dann am Ende auch nichts, wenn man sich in vielleicht den Säuen nicht ersichtlichen Feuilleton-Komplexitäten und somit die eigentliche Dramatik und Unterhaltung aus den Augen verliert. Wenn das einem (dir) besser gefällt – kein Problem. Mich hat Staffel 1 eben deutlich mehr (bis zu diesem Zeitpunkt) gepackt und fasziniert.

      Und ich wüsste nicht, wo ich abgelenkt gewesen sein sollte, aber gut, wenn andere Kommentare mit dem eigentlichen Review einer weiteren Person vermischt werden und aus einer (natürlich unverzeihlichen!) kleinen fehlerbehafteten Angabe gleich alles zerrissen werden muss, weil man selbst anderer Ansicht zu sein scheint. Vielleicht ist Empathie und Verständnis der Sichtweise anderer ja den Säuen eigen…? :)

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