Letzte Woche hatte ich ja kurz meinen Respekt darüber ausgesprochen, dass Folge 12 von Fear the Walking Dead so großartig endete – mit nichts nämlich. Wir hatten alle erwartet, dass Chris hinter seinem Vater hertrottet – doch wir blickten nur in die schwarze Nacht. In der neuen Folge verstehen wir, warum das so war.
Wir haben eine Travis-zentrierte Folge vor uns, und eine sehr gute, das kann ich schonmal verraten. Als erste kleine Überraschung ist der deutsche Regisseur Christoph Schrewe für die Folge verantwortlich, und er produziert wirklich tolle Bilder – optisch definitiv eines der Highlights der Staffel. Schrewe zeigt uns in zwei Zeiteinheiten, wie es mit Travis und Chris weitergegangen ist. Im ‚Jetzt‘ versucht Travis Madison zu erklären, was denn einige Kilometer entfernt passiert ist. Und gezeigt wird uns das durch eine Rückblende, in der wir auf die alte Farm zurückversetzt werden, wo Chris kürzlich zu Killer-Chris mutierte. Er bleibt weiter der Unsymphat, was spätestens seit dem Verrat an seinem Vater für jeden klar sein dürfte.
Insgesamt passiert nicht wirklich viel in der Folge, aber das, was passiert, ist ungemein wichtig, um die Serie zu verstehen und die Idee von Serienschöpfer Robert Kirkman. Wie schon in The Walking Dead geht es nämlich eigentlich um das Thema Familie. Christoph Schrewe zeigt das in einigen Situationen sehr schön: Wenn es um die Vergangenheit von Travis und Chris geht, um die Erziehung und die Abnabelung von Chris. Aber auch wenn’s um Madison und ihre komplizierte Beziehung zu Alicia geht. Dass sie ihr jetzt ein großes Geheimnis über ihren Vater offenbart, passt ausgezeichnet in das Setting der Folge. Sogar Cliff Curtis als Travis überzeugt hier mal schauspielerisch. Ihm nimmt man sein Hadern, seine Hilflosigkeit und seine konfuse Gefühlswelt in jedem Moment ab. Christoph Schrewe fängt das oft mit ganz nahen Close-ups ein, die unheimlich viel Atmosphäre vermitteln. Allein die Szene kurz vor Schluss, wenn Travis unter der Dusche steht, ein gebrochener Mann, gramgebeugt, ohne Perspektive, ist großartig.
Was man Autor Brian Buckner zu Gute halten muss, ist die Tatsache, dass er in dieser Folge keine Dummheiten zulässt. Travis sagt nicht, dass er doch nochmal los muss, um Chris zu suchen. Madison und Alicia unternehmen keinen Versuch, Nick zu finden. Keine der sonst so üblichen Dummheiten zerstören das fast perfekte Bild der Folge. Gut so.
Hm, ich fand die Ungereimtheiten in dieser Folge wieder eher stark. Zum Beispiel, dass eine Woche nach einem Durchschuss noch immer akute Lebensgefahr besteht. Ohne jetzt medizinisch bewandert zu sein, wundert mich das schon sehr.
Oder dass die „Flüchtlinge“ vor dem Tor einfach akzeptieren, dass sie nicht reingelassen werden, und keiner versucht, über den Zaun zu klettern. Sind ja schließlich genug, um die paar „Einwohner“ zu überrennen (erst recht, als das Tor für Travis kurz geöffnet wird).
Auch, dass ein Chris, der früher ja so lieb und nett war, nun zum Oberarsch mutiert, ist sehr fragwürdig. Obwohl ich sagen muss, dass mir Chris zwar auf die Nerven geht (auch, weil seine Entwicklung zu platt dargestellt wird), aber ich das eigentlich grad gut finde. Endlich mal Hauptdarsteller, die man nicht mag. Ist so sehr viel realistischer, wie ich finde.
@Christoph:
Ich hatte eher den Eindruck, dass A) Travis‘ medizinische Kenntnisse doch nicht so der Bringer sind und B) der Junge wegen seines Zustands gelogen hat. Eine Infektion könnte seine Schmerzen und den Kollaps auf der Ladefläche des Pick Ups erklären. Ich weiß nicht, ob Du medizinisch bewandert bist, aber woher weißt Du, dass eine Woche für einen fortgeschrittenen Heilungsprozess einer solchen Wunde ausreicht?!
Chris war m.E. nie ein „lieber, netter“ Junge. Er hat von Anfang an eine psychische Störung im Verhalten gezeigt, siehe seine Gleichgültigkeit vielen Situationen gegenüber, versuchter Mord an Maddie und Alicia, Bedrohung des kleinen mexikanischen Jungen, und schließlich der kaltblütige Mord an dem Besitzer der Farm und Beihilfe zum Mord an dem angeschossenen Freund dieser Typen, denen er sich nun angeschlossen hat. Diese Art schlummerte schon immer in ihm. Wer weiß, was aus ihm in der normalen Welt geworden wäre, aber DIESE Welt hat „das Monster“ in ihm geweckt. Seine Persönlichkeit bewegt sich irgendwo zwischen einem Psychopathen und Soziopathen. Er ist unfähig, Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen, zeigt keinerlei Emotionen, kann welche aber sehr überzeugend vorspielen, siehe die Szene in der Scheune mit Travis.
In der Vorschau für die nächste Folge scheint es die Gruppe um Chris auch zum Hotel verschlagen zu haben. Mal sehen, ob Chris noch dabei ist. Ich tippe auf Nein. Dann wette ich drauf, dass Chris etwas so gravierendes getan hat, dass seine neuen „Freunde“ um ihr Leben geflüchtet sind.
Zu dieser Folge:
Hat mir insgesamt nicht gefallen. Maddie hat die Hotel-Idylle nachhaltig zerstört. Ich wette, dass alle Protagonisten am Ende der Staffel schon wieder heimatlos und auf der Suche nach einer anderen Zuflucht sind, dessen bisherigen Bewohner sie wieder ins Unglück stürzen werden.
Allgemein merkt man der zweiten Staffel an, dass die Macher (nach den Reaktionen und Kritiken der Fans an der ersten Staffel) krampfhaft versuchen, den Figuren mehr Profil zu verleihen, aber meistens scheitern, weil sie entweder noch unglaubwürdiger werden oder noch immer langweilig sind.
Das Original TWD ist immer noch um Längen besser und FTWD dem wird niemals das Wasser reichen können, was sehr schade ist.
Autor:innen gesucht!
Neueste Beiträge
Rewatch-Review: „ALF“ S01E02 – „Die Nacht, in der die Pizza kam“ („Strangers in the Night“ )
sAWEntskalender 2024 – Tür 22
Disney+ Serien und Filme: Die Neuheiten im Januar 2025
Zufalls-Serientipp
Serientipp: „American Born Chinese“ (Disney+)
Aufreger der Woche
TV-Aufreger der Woche: Von der Kunst, alte Serien aufzuwärmen
Partner
WERBUNG