Im Jahre 2014 strahlte die BBC die fünfteilige Miniserie „The Passing Bells“ anlässlich des Gedenkens an den Kriegsausbruch des 1. Weltkriegs vor 100 Jahren aus. Seit heute ist die Serie in einer synchronisierten, vierteiligen Version auch in Deutschland als DVD und Blu-ray erhältlich. Bei der damaligen Ausstrahlung Ende 2014 hatte ich mir den Auftakt der Serie in der BBC angesehen, dann aber aus unerfindlichen Gründen nicht weitergeschaut. Lag bestimmt am Wetter. Nun hatte ich die Möglichkeit vorab des Verkaufsstarts noch einmal in die Serie schauen zu können und möchte nun ein paar Worte darüber verlieren.
Inhalt
Es ist 1914 und ganz Europa schaut kriegslüstern nach Sarajevo. Denn dort kamen bei einem Attentat der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin um. Wie jedes Kind weiß, war dies der Auslöser der weiteren Handlungen, die eine ganze Welt – oder zumindest einen ganzen Kontinent – für vier Jahre in einen Kriegsirrsinn stürzten mit Millionen von Toten, Verwundeten und Vermissten. Österreich-Ungarn erbat die Auslieferung des Attentäters und im Falle der Nichterfüllung drohte das Kaiserreich mit einem Krieg gegen Serbien, die bedingungslose Unterstützung des Deutschen Kaiserreichs in der Hinterhand. Serbien wiederum hatte das russische Reich hinter sich und lehnte eine weitere gerichtliche Untersuchung ab. Österreich-Ungarn erklärte daraufhin Serbien den Krieg, der Rest ist traurige Geschichte.
Die Serie verfolgt neben den grds. Kriegshandlungen zwei Jugendliche auf ihrem Weg aus ihrem Kinderzimmer an die Westfront nach Frankreich wie der Schlacht an der Somme. Tommy Edwards (Patrick Gibson), ein zu Kriegsbeginn 16jähriger Engländer und Michael Lang (Jack Lowden), einem fast 18jährigen Deutschen. Beide haben eines gemeinsam: sie fühlen sich ihrem Vaterland verpflichtet und melden sich freiwillig für die Armee und den Fronteinsatz. Und gegen den ausdrücklichen Willen ihrer Eltern.
Beide absolvieren zeitnah nach ihrer Meldung eine Kurzausbildung, man geht auf beiden Seiten nicht davon aus dass man groß in Kriegshandlungen verwickelt wird und man bis Weihnachten wieder zuhause ist. Doch schon weitere kurze Zeit später finden sich beide in den barbarischen Grabenkämpfen des 1. Weltkrieges wider wobei Michael auch noch kurz an der Ostfront eingesetzt wird. Aber größtenteils spielt die Handlung in den Gräben der Westfront bzw. dem jeweiligen Aufmarschgebiet statt.
Wir sehen wie gefeiert wird, dumme Sprüche geklopft werden, wie sie gedrillt werden aber nach und nach erkennen müssen, dass sie sich in einem Krieg befinden der noch Jahre so weitergehen könnte. Wir sehen wie britische und deutsche Soldaten sterben, das Elend des Kriegs. Aber auch die Lage der Familien wird dann und wann gezeigt und dabei vor allem die jeweiligen Mütter in den Mittelpunkt gesetzt.
Neben dem Kriegstreiben welches für Michael und Tommy recht parallel und synchron verläuft kommt das Zwischenmenschliche aber dann auch nicht zu kurz. Wobei, eigentlich ja schon. Michael hatte bereits zu Kriegsbeginn eine Freundin, Katie, die er dann auch bei seinem einzigen Fronturlaub heiratet. Mit jenen beiden beginnt auch die Serie wie sie in den Wiesen ihrer Heimat herumtollen und eine schöne Zeit zusammen verbringen. Tommy, zu Kriegsbeginn ja noch etwas jünger, lernt in einem Lazarett die polnische Krankenschwester Joanna kennen und lieben. Die Gedanken an ihre Lieben und der Wunsch sie bald wieder in den Arm nehmen zu können, wird bei beiden schnell die oberste Motivation den nächsten Tag zu überleben. Und den Tag darauf.
Doch das Kriegstreiben will kein Ende nehmen, weitere Freunde und Kameraden fallen. Insbesondere auf der Seite der Deutschen wird die Lage immer aussichtsloser. Man gräbt sich ein, die Briten beginnen eine Offensive und am Ende des Tages werden die Toten und Verwundeten aus dem Niemandsland geholt. Dies sogar teilweise gemeinsam. Tagein, tagaus. Die Deutschen ziehen sich weiter zurück, die Briten schließen auf. Man gräbt sich ein. Die Deutschen versuchen Gegenangriffe. Die Briten schlagen zurück. Man kämpft Mann gegen Mann. An jedem verdammten Tag.
Und so kommt es, dass sich eines Tages auch Tommy und Michael begegnen und gegenüberstehen. Auf dem Schlachtfeld.
Meinung
Wer eine Serie wie „Bands of Brother“ oder „The Pacific“ erwartet, der dürfte enttäuscht werden. „The Passing Bells“ bzw. „Generation der Verdammten“ ist eher eine Dokumentation denn eine Actiondramaserie. Denn neben der fiktiven Handlung rund um Tommy und Michael, die so natürlich für Tausende Briten und Deutsche traurige Realität war, werden immer wieder echte Bilder und Szenen aus dem 1. Weltkrieg eingespielt, die noch mal mehr dafür sorgen, das Grauen des Krieges darzustellen. Hinzukommen vereinzelten Zeitzeugen die aus persönlichen Erfahrungen berichten sowie kommentierende Stimmen aus dem Off.
Allerdings schaffen es die Verantwortlichen in meinen Augen, dass sich diese dokumentarischen Bestandteile sehr gut in die fiktive Haupthandlung integrieren. Man hat demnach nicht das Gefühl, dass wir hier einer bildgewaltigen Dokumentation auf N24 folgen. Dafür ist das Produktionsniveau der BBC dann doch zu hoch und das Drehbuch zu professionell. Insbesondere die Dialoge sind hier hervorzuheben, vor allem im letzten Drittel wenn sich auf beiden Seiten die Erkenntnis über die Sinnlosigkeit des Krieges in den Köpfen der Soldaten festsetzt.
Vor allem schafft es die Serie mit ihren beiden Hauptdarstellern, der umfänglichen Ausstattung der Szenerie und in Verbindung mit der Musik der Serie für eine gewisse Nähe zu sorgen. Zu beiden Seiten. Man fühlt mit. Nicht so, als würde man neben beiden Soldaten im Schützengraben liegen. Aber man kann die Gedanken und Sorgen, und später eben die Sinnlosigkeit spüren und von ihren Gesichtern ablesen. Da machen vor allem die beiden Hauptdarsteller sowie ihre Mütter einen guten Job. Interessanterweise hat man mit Jack Lowden einen Darsteller gecastet der in diesem Jahr auch in „Dunkirk“ eine größere Rolle spielen durfte. Er spielt dort einen der beiden Airforce Piloten, neben Tom Hardy. Eine gewisse Aufmerksamkeit in Verbindung zu Lowden als auch zum Thema dürfte dem deutschen Verkaufsstart der Miniserie daher sicher sein.
Und das verdient die Serie auch. Nicht vergleichbar mit den US-amerikanischen Serien wie eben „Bands of Brothers“, die dann doch mehr auf Action und Kampfszenen aus ist, aber in diese Schublade will die Serie auch gar nicht stecken. Für regelmäßige Serienschauer von BBC Produktionen wird einem der Bildaufbau, die Musikuntermalung und das gesamte Produktionsvalue bekannt vorkommen. Man setzt deutlich mehr auf den Faktor Mensch und das Leiden des Krieges als auf den Kampfeinsatz. Und es darf auch mal gesungen werden im Schützengraben.
Ein wenig anlasten könnte man der Serie dass sie dann doch in einigen Momenten zu stereotypisch daher kommt und in einigen Szenen weiß man als geübter Zuschauer schon sehr genau was dann gleich passieren wird. Und genauso kommt es dann auch.
Die Serie ist aber durchaus einen Blick wert und dürfte einen ähnlichen Ansatz im Hintergrund verfolgen wie die Neuauflage von „Roots“. Man wollte mit dieser Serie in meinen Augen eine zeitgemäße serielle Umsetzung für die heutige Generation bieten und hat dies in meinen Augen auch ganz gut hinbekommen.
Durch die regelmäßigen Einspieler und die geschichtliche Einordnung könnte man diese Serie durchaus auch im Geschichtsunterricht behandeln. Man schaut die erste Folge und kümmert sich dann im Unterrichtsstoff um Sarajevo, den Kriegseintritt Deutschlands und die Stimmung in dieser Zeit. Man schaut weiter und befasst sich dann mit der Ostfront und im späteren Verlauf der Serie um die großen Schlachten in Frankreich (Somme, Verdun etc.) sowie nach der letzten Folge um das Kriegsende und die Kapitulationsverhandlungen.
Mit nur vier Folgen von ungefähr je 40 Minuten Spielzeit ist „Generation der Verdammten“ zudem schnell geschaut. Aber keine Zeitverschwendung. Die Serie weiß durchaus zu überzeugen, kennt ihre Stärken und möchte gar nicht in eine Schublade mit Serien wie „Bands of Brothers“ gesteckt werden. Der Schuster bleibt hier bei seinen Leisten.
„Generation der Verdammten“ ist eine gute und interessante Serienadaption zu diesem Thema, hat ordentliche und überzeugende Darsteller und ein gutes Drehbuch. Sie unterhält, berührt und lässt mehrmals den eigenen Kopf schütteln. Wenn man demnach nicht mit den falschen Erwartungen an diese Serie herantritt wird man eine unterhaltsame Zeit vor dem Fernseher verbringen und mit beiden Hauptdarstellern fiebern und ihnen die Daumen drücken. Ob dies hilft müsst ihr dann bei Interesse aber schon selber herausfinden.
Bilder: BBC
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