Kida Khodr Ramadan war der große Star in „4 BLOCKS“, die Serie hat ihn berühmt gemacht, gleichzeitig auch seine Figur Tony Hamady. Tatsächlich hat Ramadan auch danach noch gut zu tun – zum Beispiel mit der ARD-Serie „ASBEST“. In „German Genius“ stellt sich das allerdings etwas anders dar – die Serie nimmt die Situation an, dass Ramadan nach „4 BLOCKS“ keine wirklich guten Rollen mehr angeboten bekommen hat. Er will selbst initiativ und eine eigene Serie produzieren – da kommt ihm ein Tweet von UK-Comedian Ricky Gervais gerade recht.
Und damit nimmt „German Genius“ ihren Lauf – eine Comedy-Serie, die nicht nur in der deutschen Film- und Serienlandschaft spielt, sondern sie auch abstrahiert, parodiert, persifliert. „German Genius“ springt dabei munter zwischen verschiedenen Erzähl- und Metaebenen hin und her, so dass man irgendwann gar nicht mehr genau weiß – ist man jetzt in „German Genius“, oder in „German Genius“ (die Serie, die in der Serie gedreht wird), sind wir beim Remake von „Extras“, in Ramadans Privatleben – oder ganz woanders?
Dass es so unübersichtlich wird, hat System und macht einfach Spaß. Viele Schauspieler:innen spielen sich in der Serie selbst, andere spielen wie übllich Rollen. Kida Ramadan spielt sich selbst, klar, seine Kinder spielen seine Kinder, seine Frau Karolyna Ramadan hingegen wird von Britta Hammelstein gespielt. Zum Start ist man überrascht von der hohen Promidichte der deutschen Schauspielszene – das ist wirklich sehr viel dabei, was Rang und Namen hat. Allerdings sicher auch alles Namen, die Ricky Gervais kaum kennen dürfte. Diesen trifft Kida Ramadan in der Serie nämlich in London, um ihm vorzuschlagen, dass er ein Remake von „Extras“ drehen könnte. Ramadan würde einen Statisten mimen, der zwischen den Stars der heimliche Star ist. Kida Ramadan gefällt das Konzept, obwohl er zuvor seiner Agentin noch mitgeteilt hatte, dass er die ewigen stereotypen Nebenrollen satt habe.
Jetzt will er „Extras“ machen – in Eigenverantwortung, zusammen mit ein paar Freunden. Er sucht sich ein Autor:innen-Team zusammen und landet dabei ausgerechnet bei Ralf Husmann, der die Serie „Stromberg“ geschrieben hat, die wiederum auf „The Office“ von Ricky Gervais basiert – ohne dass man die BBC vorher gefragt hätte. Zu dem Autor:innen-Treffen nimmt Kida auch seine Tochter mit, die eigentlich davon ausgegangen war, dass die beiden ins Kino gehen: „Papa, ich dachte, wir gehen ins Kino!“ – woraufhin sie die großartige Antwort bekommt: „Hier wird Kino geschrieben!“ Ich liebe diese Szene!
Wie soll Kida Ramadan also vorankommen mit seinem eigenen Serienprojekt? Dazu muss er hier und da mal Halbwahrheiten erzählen, etwas dazudichten oder einfach behaupten. Er gewinnt befreundete Stars zum Projekt dazu, die allerdings selbst nur darauf aus sind, den nächsten Karriereschritt zu machen. Und da wird’s dann auch wirklich witzig, denn die Schauspieler:innen+, Autor:innen und Regisseur:innen nehmen sich selbst nicht zu ernst. Im Gegenteil: Sie scheuen nicht davor zurück, sich mitunter richtig unsympathisch zu präsentieren, allen voran Maria Furtwängler, die keine Gelegenheit auslässt, sich als idealtypische Diva zu präsentieren, die sich an Ramadan Schritt für Schritt abarbeitet.
Der ist einem natürlich längst ans Herz gewachsen, weil er wirklich an das Projekt läuft, aber einfach nichts so gelingen möchte, wie er es sich eigentlich vorstellt. Die Rückschläge nimmt er stoisch hin – ich liebe es, wenn man spürt, wie es wieder einmal in ihm kocht, er allerdings alles äußerlich gelassen hinnimmt. Dieser Blick, diese Mimik, dieses treudoofe Entschuldigen für Sachen, für die er gar nichts kann – das ist einfach großartig. Auch für Gesellschaftskritik ist sich „German Genius“ nicht zu schade: So sei es doch gut, wenn Heike Makatsch Teil der Produktion würde, weil es ganz gut passe, wenn man auch eine Frau bei der Produktion dabei hat. Allerdings kommt es später am Set zum Eklat, weil Heike Makatsch an ihrem Set kein „Blackhanding“ duldet. Kida Ramadan spielt mit dem „Araber“-Klischee, lässt seinen Sohn eine Beschneidungsfeier platzen („Meine Mutter sagt, das ist Körperverletzung“), posiert bei der Razzia mit Polizisten, residiert im Hinterzimmer seines (echten) Friseurladens Tony Hamady, lässt Schwarzarbeiter sein Haus bauen usw. Hier nimmt sich die Serie wenig Zeit, darauf weiter einzugehen – aber nicht schlimm, der Hauptplot bietet auch genug.
„German Genius“ – mit Leander Haußmann, Wim Wenders und Volker Schlöndorff!
Große Momente hat die Serie nämlich zum Beispiel, wenn Kida Ramadan die große Riege der deutschen Regisseure auflaufen lässt. Den Trailer zur Serie versucht Ramadan mit dem großen Theater-Regisseur Leander Haußmann aufzunehmen, doch das geht gehörig schief. Der Schauspieler Tom Schilling macht’s da besser – allerdings schon zu gut, er verabschiedet sich nach dem erfolgreich inszenierten Trailer gleich zum nächsten Projekt, mit dem schönen Satz: „Ich bin der beste Regisseur, den ich jemals hatte. Ich lass mich nicht mehr inszenieren.“ Also fragt Kida Ramadan mal bei Wim Wenders nach, den er für die Rahmenserie einfach mal in ein Theater setzt und über das Inszenieren reden lässt – ein toller Moment. Am Ende muss es der Oscar-prämierte Volker Schlöndorff richten, für den in der Inszenierung einfach jedes Wort zu viel ist und der im Laufe der Produktion Kida Ramadan einfach rausinszeniert.
Um alles herum schwirrt Marius Jürgens – eine Art Freund von Kida Ramadan, der sich im Laufe der Serie vom trotteligen Mitläufer zum bestimmenden Produzenten entwickelt, zwar immer noch nicht wirklich ernstgenommen, aber im Gegensatz zu Kida irgendwie dabei. Marius Jürgens wird gespielt von Detlev Buck, der gleichzeitig Co-Autor und Co-Regisseur der eigentlichen Serie ist. Auch hier verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion – zum Beispiel gleich zu Beginn, wenn Kida in das Büro seiner Agentin kommt und zu Marius sagt: „Hey Buck, was machst Du denn hier?“
„German Genius“ hat viele charmante Einfälle. Am Anfang fühlt es sich noch ein bisschen nach „Pastewka“ umgemünzt auf die Filmbranche an. Doch dann verselbstständigt sich „German Genius“, ist auch nicht so klamaukig, wie „Pastewka“ hier und da daher kommt. „German Genius“ will einen Blick hinter die Kulissen gewähren, allerdings kein klares Bild, viel mehr ein überzogenes, unterhaltsames – sicher unterhaltsamer, als es in Wirklichkeit ist – also, in Wirklichkeit-Wirklichkeit.
Am Ende kann sich Kida Ramadan dann doch noch auf seinen britischen Freund verlassen. Ricky Gervais lässt Kida nicht im Regen stehen (großartig: der künstliche Regen vor dem Studio Babelsberg setzt so offensichtlich schlecht ein von einem Schnitt zum nächsten), sondern nimmt ihn mit zu einer anderen Produktion – versprochen ist versprochen.
Bilder: Warner TV
Etwas neugierig war ich anfangs schon auf die Serie, aber dann habe ich nicht sehr lange durchgehalten. Das „Promis spielen sich selbst als alberne, selbstironische Karikaturen“-Konzept hat sich für mich leider schon vor Ewigkeiten totgelaufen. Da bietet diese Serie auch keinen wirklich neuen Ansatz.
Ah, schade.
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