Diese Woche gibt es in „Gotham“ vor allem eine Verliererin: Selina. Die Arme wurde nämlich nicht nur verletzt, sie verpasst auch das Finale der vierten Staffel. Und das hat es durchaus in sich. Einziger Trost: Ihr Bruce bleibt bei ihr. Versprochen. Ganz fest. Bis Minute 14 zumindest…
„I‘d like to press charges against Bruce Wayne‘s butler. I mean, look at my face…“ – „I think you look great.“ (Jeremiah & Jim)
Die bildliche Inszenierung des eingesperren Jeremiahs hat mir sehr gefallen. Konsequent, geruhsam, stark – stets die Verhandlungsposition der Figur wiederspiegelnd. Bis auf kleinere Spiegelungs-Perspektiven-Befindlichkeiten hat mir auch der kleine Rathaus-Besuch Ra‘s al Ghuls gefallen. Der bombt einfach mal Polizeichef und Bürgermeister in Union und somit eigentlich ein aktuell nerviges Problem für Jim weg und verschafft nebenbei noch neue Vakanzen in gehobenen Positionen. Wäre da doch nur nicht der Green Mile-artige Militärler, dessen größtes Hobby das spontane Wegsperren von Aufmüpfigen zu sein scheint. Dass Jim etwas patzig ist, mag auch der auf Aussprechen bedachte Riddler nicht so ganz und erhöht prompt den Druck auf ihn etwas. Dabei muss ich im Physikunterricht wohl nicht gut genug aufgepasst haben, so viele Zentimeter, wie sich die Platte bei den Knopfdrücken jeweils absenkt…
„She chose me, Jim. That‘s all I wanted. You can have Gotham.“ (Riddler)
Passend zur Evakuierung wollen Ra‘s al Ghul und Lee die Stadt verlassen (also, getrennt natürlich). Bei Lee kommt jedoch die romantischste Abstech-Szene seit Romeo und Julia dazwischen, bei Ra’s eine ganz normale. Aber wo Leute weichen, kommen auch neue alte Bekannte. Doctor Strange soll die beiden wieder gerade biegen („Totgesagte leben länger…“), nachdem er es binnen Minuten vollbracht hat, Butch endlich mal wieder ein bisschen Farbe ins Gesicht zu bringen. Für vielleicht 14 Minuten. Dann folgte die Rache des Penguin, die endlich mal wieder Konsequenz in seinem Handeln demonstriert.
„One question: who do I get to kill?“ (Penguin)
Denn zuvor sah das eher plump aus, als er wie ein Kleinkind mit einer viel zu groß wirkenden Waffe inmitten Barbaras Aufstand umhergewatschelt ist. Die hat einfach einfach mal alle zusammen getrommelt und so einen Logenplatz bei der Brückensprengung ergattern können.
Die hatte Ra’s ja bereits vor ein paar Wochen im Auge. Eine brennende Stadt. Ganz so episch wurde die Zerstörung jetzt zwar nicht, aber ein ordentliches Chaos wurde schon veranstaltet. Und als zusätzliche persönliche Motivation wurde Bruce ja auch noch der persönliche Tiefschlaf mittels Selina verpasst. Schürt das genug Rachemotivation in ihm, um Batman zu werden?
„Become Gotham‘s dark knight!“ (Ra‘s)
Alles deutet darauf hin. Seit Ewigkeiten wurde ja immer mal mit visuellen Andeutungen gespielt, diese Folge hat „Gotham“ vom Kleinen bis ins Große „Da ist er!“ geschrien. Trägt Bruce beim Aufeinandertreffen mit dem jokerschen Jeremiah ein schwarzes Hemd, kommt schon eine Prise „The Dark Knight“-Feeling auf. Einige Szenen später ist er mal wieder dem zweiten Stimmbruch verfallen und grummelt Containerhafen-Bösewichte an, die von seiner Stimme derart beeindruckt sind, dass sie ganz vergessen, dass er eigentlich noch ein Kind ist.
„Gotham is not your responsibility.“ – „I‘m making it mine.“ (Alfred & Bruce)
Die Unterwelt ordnet derweil inmitten des Chaos Gotham neu zu und auf. Ein Feuerwerk der Kuriositäten und Freaks wird uns binnen weniger Minuten durchaus glaubhaft präsentiert (inklusive „Manbat“). Penguin, Ice und Co. sichern sich neue Quartiere, wobei noch spannend werden dürfte, ob die jeweils noch untereinander vernetzt, oder fortan einzeln für ihr „Recht“ kämpfen werden. Bei der Feminismus-AG ist das dagegen recht konkret, die verschärfen nämlich prompt mal ihre Teilnahmebedingungen (DSGVO-Panik und so).
Aber wenn wir mal alle kurz runter kommen und ernst werden, ist der eigentlich Star der Folge doch sofort klar, oder? Das Batsign!!!1elf Okay, noch ist es einfach nur ein sehr großer und starker Scheinwerfer, aber er erfüllt seinen Zweck sofort. Bruce kommt wie die Motte zum Licht – ein neues Verständigungssignal ist geboren. Mal schauen, welche Bösewichte es zunächst anzulocken vermag, wenn es weiter geht.
Wow. Ich muss schon sagen, damit hatte ich nicht gerechnet. Natürlich war die Folge an vielen Stellen ordentlich drüber, hatte nicht immer perfektes Timing und die magische Flucht-Szene von Jeremiah? Naja. Aber insgesamt war das schon verdammt starkes Fernsehen. Die Macher haben es geschafft, recht homogen sämtliche Stränge verwoben zu erzählen. Dazu gibt es massig persönliche Entwicklungen und vorfreudige Andeutungen an allen Ecken und Enden. Ein echtes Staffelfinale eben, bei dem ich trotz gar nicht so wirklich präsentem Cliffhanger richtig Lust habe, weiterzuschauen. Well done!
Gotham Staffel 4 Review
Gegen Mitte der ersten Staffelhälfte hatte ich so meine Bedenken, ob die Serie in ein langweiliges Mittelmaß abdriften würde. Mit einer enorm starken zweiten Hälfte und insgesamt vier 4,5er Kronenwertungen von mir geizigem Kritik-Hals hat „Gotham“ aber mehr denn je ihre Qualität bestätigt. Dazu gab es kaum richtige Ausreißer nach Unten – das war bei Staffel 3 noch anders.
Natürlich lag auch vieles an der richtig guten Performance von Cameron Monaghan als Jerome bzw. Jeremiah Valeska, aber auch viele andere Figuren haben ihre Momente gehabt. Victor ist mir etwas zu kurz gekommen, aber man kann nicht alles haben. Allgemein schöpft die Serie mittlerweile aus einem verdammt großen Pool toller Figuren, was die Geschichten so viel reichhaltiger und fundamentierter erscheinen lässt, als das Klein-Klein in der ersten Staffel. Nur müsste gerade bei Dingen wie dem Zusammenkommen vieler hochrangiger Figuren mehr Logik und Konsequenz in der Inszenierung walten gelassen werden. Das wirkt häufig zu „zufällig“ und geplant, von gängigen Bewegtbild-Klischees, wie dem Schießereien ohne (signifikante) Opfer ganz zu schweigen.
Auch visuell hat die Serie sich weiterhin wundervoll entwickelt. Damit meine ich jetzt nicht unbedingt, dass es vor aufwendigen Hammer-Shots nur so wimmelt, aber die grundlegende Bildführungsqualität hat merkbar zugenommen und in den vielen kleinen Zwischenpassagen gibt es genau so viel Abwechslung zu entdecken, wie in den immer wieder positiv überraschenden Dialogszenen.
Gotham Staffel 5?
Das war quasi der Ende des Anfanges – jetzt folgt der Anfang vom Ende. Vergangene Woche hat FOX verkündet, dass es eine fünfte Staffel geben wird, die leider auch die letzte darstellen wird. Das stimmte mich durchaus traurig, gibt es doch noch so viele Figuren und Geschichten, die erzählt werden könnten. Aber genau deshalb sind meine Erwartungen an die finale Staffel auch sehr hoch gehängt. In Sachen Storytelling hat sich die Serie gut entwickelt, so dass ich von einem bombastischen Finale ausgehe. Der Joker wird Joker und Batman wird Batman sein. Jim wird seinen Schnäuzer bekommen und sicherlich auch ein entsprechendes Ende – als Polizeichef oder Leiche.
Ich freue mich jedenfalls darauf, wie das aktuell ins Chaos gestürzte Gotham neu sortiert wird und welche Charaktere wir noch zu Gesicht bekommen werden. Immerhin hat „Gotham“ mit 22 Episoden und einer Midseason-Pause ja quasi pro Jahr zwei Staffeln in einer – da kommt also noch einiges, auf das wir uns freuen können!
Bilder: FOX
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