Man könnte an gelebten Perfektionismus denken, wenn man sieht, dass doch tatsächlich die exakt 100. Folge „Gotham“ das Finale der Serie darstellt. Dabei wurde die letzte Staffel des FOX-Formates dann doch recht ungeplant nachträglich von zehn auf immerhin zwölf Episoden (statt der vorher üblichen 22 je Staffel) aufgestockt. Uns Fans soll es recht sein, denn so blieb Zeit für rund anderthalb Stunden weitere Einblicke in den Sündenpfuhl von Stadt, den wir alle so liebgewonnen haben über die letzten fünf Jahre.
Als letzten kleinen Anknüpfungspunkt zur vergangenen Woche und der bisherigen Zeitphase sehen wir Bruce, wie er am (ich vermute es mal) Himalaya und dem tibetanischen „Dach der Welt“ ankommt. Was dann folgt, hatte ich ja bereits vorausgeahnt in meiner allumfassenden Serien-Weisheit: ein Zeitsprung! Zehn Jahre später steht Gotham wieder und hat allerlei Veränderungen für uns zu bieten. So hat Jim den langerwarteten Schnurrbart, wenn auch nur für wenige Minuten, eine Kündigung und ein herangewachsenes Kind, das mich in der ersten Szene irgendwie an Aktivistin Greta Thunberg erinnert hat. Barb hat jetzt einen anständigen Job und rote Haare (war ja klar, dass die sich zum siebenhundertvierzehnten Mal ändern würden…). Nur Jeremiah Valeska ist noch immer ein hirntotes „Gemüse“ – oder etwa nicht…?
„Yeah, it was time to admit it. I was trying something. It didn‘t work.“ (Jim)
Wir bekommen auch eine „neue“ Selina zu sehen (sie werden ja so schnell erwachsen…). Die meiner Meinung nach recht passend gecastete Lili Simmons aus „banshee“ verkörpert die erwachsene Version der Dame, die ihre Diebstahl-Fähigkeiten nochmals intensiv ausgebaut hat, wie wir in einer ganz netten Darbietung des klassischen Laserstrahlen-Ausweich-Tanzes zu sehen bekommen. Aber nicht nur Catwoman ist in ihrer „finalen Form“ angelangt.
Auch Oswald putzt sich förmlich heraus – mit Monokel, Zylinder und Kissen vorm Bauch. Okay, der „Vorbau“ schaut etwas arg gekünstelt aus, vor allem aufgrund des noch immer recht abgemagerten Gesichts, aber der Stil passt schon. Eine sehr schöne Verbeugung vor dem guten alten Original-„Batman“-Franchise, die auch beim Riddler nicht Halt macht, der im knallgrünen Anzug mit allerlei Fragezeichen-Accessoires daher kommt.
„You look well!“ – „You, too! Well, thickering a little…“ (Penguin & Riddler)
Dann kann man die Spannung kaum mehr aushalten – wie wird Bruce jetzt aussehen? Die Enthüllung des dunklen Ritters wird aber mal so richtig ausgedehnt zelebriert. Hier und da bekommen wir Schatten, in Leder verpackte Arme oder andere Anrisse seiner Silhouette zu sehen. Aber zunächst bleibt es bei Andeutungen.
„I‘m not your enemy.“ (Batman)
Als kleinen Exkurs, um die Wartezeit auf die „Enthüllung“ nochmal zu verlängern, haben sich die Macher überlegt, eine recht abstruse und mit Fehlern überhäufte „Story“ einzubauen. Die Hauptladung C4 befindet sich die ganze Zeit unter dem Tisch? Und auch noch recht lautstark piepend? Ernsthaft? Sie wissen, sie kommen nicht weit genug weg, ehe sie den Countdown sehen, der zudem mit über drei Minuten dann doch noch recht akzeptabel Fluchtzeit lässt? Nicht wirklich? Und dann fällt dem oberschlauen Fox erst am Ende der Szene auf, dass der (nicht sogar leicht anders gefärbte?) Block des Glockenturms gar nicht das neue Design, sondern das alte ist? Oh man… Szenen wie diese braucht es nun wirklich nicht, da kam ich aus dem Kopfschütteln ja gar nicht mehr heraus.
Der eigentliche Grund dieser kleinen Drama-Show war natürlich nur, einen weiteren Vertreter der Bösewichtschaft zu präsentieren. Jeremiah hat seinen Gemüsestatus nämlich nur gespielt (eindrucksvoll!), so dass wir seine Form des „Pre-Jokers“ sowie die Pre-Harlequin Echo nochmal kurz zu (verätztem) Gesicht bekommen. Dabei hat mir der wörtliche „Tanz“ um die passende Benamung sehr gefallen, der zeigt, dass man dann eben doch nicht DEN ikonischen Widersacher gezeigt, sondern nur den Keim dafür gesät hat. Fein!
„I don’t know. Call me… Jack! No, no, no,… Joseph, hm… John, Jay… I don‘t know…“ (Jeremiah)
Letztes kleine Meckern von mir (in diesem Review, für diese Staffel, für diese Serie): Wie einfach es für Hochsicherheitsgefangene doch zu fliehen ist, oder? All das für den kleinen Gag zweier verängstlichter Oberbösewichte, die bereits erschrocken innehalten, bevor eine Silhouette am Nachthimmel von einem Dach zum nächsten springt.
„We have to find out, who he is, and show him, that this is OUR city!“ – „Agreed!“ – „Tomorrow…?“ – „Tomorrow.“ (Penguin & Riddler)
Aber gut, wie haben so lange drauf hingefiebert, mehr und mehr von einer Batman-haften Person gezeigt bekommen, da kann ich mich einfach nicht für ein Bild entscheiden und präsentiere euch einfach mal derer vier. Kostet es aus!
Denn am Ende gab es DEN Batman dann doch nur etwa drei Sekunden zu sehen. Mit David Mazouz‘ Gesicht auf einem minimal stämmiger gebautem Stunt-Double (oder wurde da etwa doch noch etwas mehr nachgeholfen? Das Kinn wirkte passender und breiter…). Ta-daa! Ende.
Nach der eher ernüchternden vorletzten Episode der Staffel, die im Grunde genommen die eigentliche Story der Serie zum Abschluss gebracht hat, folgte diese Woche die auf Spektakel und an allen Ecken möglichst episch inszenierte Verabschiedungs-Kür in Form eines absoluten Fan-Services, wie sich die ganzen in ihren Beginnen gezeigten Figuren zu dem wandeln würden, was wir aus der klassischen „Batman“-Welt zu kennen. Und auch wenn es eigentlich ein paar Tonnen Schmierfett zu viel waren, fand ich das Finale passend und richtig gut. Natürlich war die Story nicht wirklich packend und mit dem Zeitsprung hat man sich eines recht simplen Trick bedient, um Besonderheit und Aufgeregtheit zu erzeugen. Aber das ist mir wurscht. Alleine die Comic-Grundlage lässt diese drastischen Überzeichnungen und ins Komikhafte abdriftenden Kommentare aber mal sowas von zu und man merkt den Aufnahmen an, wie viel Spaß die Schauspieler bei der Dreharbeiten gehabt haben dürften.
Das Problem ist nur: Ich möchte jetzt bitte eine Serie mit diesen „finalen“ Figuren sehen! Das kann doch nicht jetzt vorbei sein?! Eine letztes Jahr gestartete Online-Petition zum Erhalt der Serie nach der fünften Staffel hat nicht gefruchtet und an sich finde ich auch gut, dass man ein Kapitel entsprechend vernünftig abschließt. Aber wieso nicht eine richtige Batman-Serie hinten anstellen? Also, vielleicht erst in zwei, drei Jahren und mit komplett anderem Cast (wurde ja eh teils bereits wachstumsbedingt ausgetauscht). Immerhin ist eine Alfred Pennyworth-Serie in der Mache und wie wäre es denn mit zum Beispiel einem Catwoman-Spin-off? Aber als eine der wenigen Serien basierend auf DC-Figuren, die wirklich gute Momente hatte, wäre es schade, wenn das Loch nicht gefüllt werden würde. Man hat ein bisschen das Gefühl, Bruce über die fünf Jahre lang mit erzogen zu haben und jetzt nicht dir Früchte geerntet zu bekommen… Aber genau das war eben das Ziel, wie Executive Producer Danny Cannon Deadline nach der Ausstrahlung des Finales sagte:
„When we pitched the pilot, we very much pitched that the show will end when we see Batman, that’s it. We always knew this was the show in which Gotham the city was the star. Early on, we were talking about what would a city have to do to deserve a vigilante such as Batman? So when he arrived, we’ve told our story.“
Nun denn, goodbye my beloved „Gotham“! Du warst zwar nicht immer und schon gar nicht von Anfang an richtig gut, hattest aber überraschend starke Folgen, geniale Momente, tolle Figuren und einfach einen einzigartigen Vibe. In dir gab es nicht DEN Helden, obwohl es um die Geschichte eines heranwachsenden Helden ging, sondern die Stadt war dein Star. Danke für 100 Folgen Unterhaltung!
The heartache.
The misery.
💔@cameronmonaghan#Gotham pic.twitter.com/EClVV8AUSK— Gotham (@Gotham) April 26, 2019
„Gotham“ Staffel 5 Review
Eigentlich ist der Bewertungsverlauf der fünften Staffel „Gotham“ ein ganz gutes Abbild der Entwicklung, die die Serie zumindest bei mir über die Jahre genommen hat. Ein zwar solider, aber wenig ruhmreicher Start droht in die absolute Nichtigkeit abzudriften, ehe man richtig starke und stabile Qualitäts-Unterhaltung erhält, die aber immer wieder von eher plumpen Zwischenspielen unterbrochen wird.
Vor allem gestört hat mich diese zu Beginn groß aufgebauschte und dann binnen weniger Minuten abgefrühstückten Rahmenhandlung. Vielleicht wollte man nur mit dem Klischee und den Erwartungen spielen, meiner Meinung nach war das aber total unnötig. Auch fühlte sich in der Staffel vieles zu erzwungen an, vor allem, was das Positionieren von Figuren zueinander anbetrifft. Aber gut, man hatte seine Vision, alle wichtigen Charaktere sollten nochmal entsprechend in Aktion treten.
Letztlich wurde uns so aber eine recht annehmbare Abschiedsrunde durch Gotham geboten. Wir konnten nochmal das Beste und Schlechteste der Stadt und Serie erleben, das uns daran erinnert hat, was sie so einzigartig macht. Und das sind eben nicht aus dem Ei geleckte Superhelden, sondern auch all die Macken und Kanten und Fehler, die sie hat. Und das ist irgendwo doch auch gut so. Denn immerhin hat „Gotham“ es geschafft, sich über die Jahre nach und nach ein erhöhtes Standing zu erarbeiten. Die Geschichten wurden unterhaltsamer, die Figuren klarer gezeichnet und auch die Qualität der gezeigten Bilder hat einen enormen Sprung gemacht. Merklich waren die ganz genialen Momente vor allem dann vorhanden, wenn Cameron Monaghan sein Grinsen in den zwanzig Episoden hergehalten hat, in denen Jerome und/oder Jeremiah Valeska vorhanden waren, aber auch Penguin, der Riddler und andere Bösewichte hatten ihre ausgefallenen Momente, die ich nicht missen möchte. Und gerade das ist ja auch, was „Gotham“ so stark gemacht hat. Wir fiebern nicht mit dem oder den Guten mit, sondern haben auch ein Herz für die vermeintlich Bösen, die ja doch irgendwo menschlich und charakterstark gezeigt wurden. Und dabei vor allem in einer richtig großen Bandbreite aus Charakteren. Wundervoll!
„Gotham“ Staffel 5 in Deutschland sehen?
Aktuell könnt ihr bereits über Prime Video (Partnerlink) die fünfte Staffel im Originalton mit optionalen Untertiteln käuflich streamen. Noch ist unklar, wann die deutsch synchronisierte Fassung erscheinen wird, sei es zum Kauf, oder als Flatrate-inbegriffener Stream auf Netflix, wo momentan die ersten vier Staffeln zu sehen sind.
Und was gucke ich jetzt? Vielleicht mal hier nachschauen…
Bilder: FOX
Ich freu mich so, Gotham endet so, wie ich es erhofft hatte. ER ist erst in der letzten Folge der letzten Staffel zu sehen. Für mich war Gotham immer die Prequel zu Batman. Ich hätte es schade gefunden, hätten sie den dunklen Ritter schon früher gebracht.
Bin aber auch sehr (mit 8 e und 4 h) für eine Gotham 2.0 mit Ritter.
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