Passenderweise lief am Valentinstag diesen Jahres die erste Staffel von „High Fidelity“ in den USA an, jetzt kommt das Format auch endlich nach Deutschland (mehr dazu ganz am Beitragsende). Nach dem Trailer zur Serie und meinem Review zur Auftaktfolge möchte ich euch jetzt noch ein spoilerarmes Review zur gesamten Staffel liefern.
„High Fidelity“: Vom Roman zum Film zur Serie
Nick Hornby hat 1995 einen absoluten Klassiker der Lifestyle-Romane hingelegt, der so viel Erfolg hatte, dass er im Jahr 2000 verfilmt worden ist. Auch John Cusack in der Haupt- und Jack Black in einer Nebenrolle ist es zu verdanken, dass der Streifen absoluter Kult geworden ist. Zwanzig Jahre später werden die Rollen vertauscht und aus dem männlichen Rob Gordon wurde die weibliche Rob, gespielt von Zoë Kravitz. Hier die Plot-Zusammenfassung.
„Zoë Kravitz (‚Big Little Lies‘, ‚Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind‘, ‚Mad Max: Fury Road‘) spielt in der Hauptrolle Rob, die ultimative Musikliebhaberin und Plattenladenbesitzerin, die von der Popkultur und Top-5-Listen besessen ist – eine weibliche Version der Figur, die Cusack im Film spielt. Sie berichtet von ihren vergangenen Beziehungen und spricht dabei direkt zum Zuschauer.“
Für musikalische Nerds und Liebes-Oldies
Die erste Folge ist eigentlich ein ganz guter Gradmesser für die gesamte Staffel und meine Meinung zur Serien-Adaption hat sich gefestigt. Die weibliche Rob ist wie eigentlich das gesamte Setting vor allem eines: authentisch. Sie ist charmant, ja, aber agiert auch immer mal impulsiv irrational, verärgert unnötig die Menschen um sie herum und denkt zweifelnd über ihre Taten und ihr Leben nach. Entsprechend nahbar ist ihr Charakter, immerhin dürfte es uns allen in Punkten wie Liebe, Job oder Leidenschaft immer wieder so ergehen.
Okay, eines haben wir vermutlich weniger mit Rob und erstaunlich vielen ihrer Freunde gemeinsam: das immense Musikwissen. Das Nerdtum wird schon toll dargestellt und der Flaire eines Plattenladens hat noch immer etwas Besonderes. Die guten alten Listen zu Themen wie musikalisch „Die größten Verwandlungen“ oder persönlich „Die schmerzhaften Trennungen“ werden geführt, es wird über den Zustand von Vinyl-Fehldrucken gefachsimpelt und es gibt vor allem verdammt viel gute Musik zu hören. Aber: Mehr oder weniger könnte das auch der Soundtrack des Filmes sein. Der 20 Jahre zuvor erschienen ist. Ich bin nun wahrlich kein Verfechter aktueller Chartmusik, aber es ist schon auffällig, wie sehr „High Fidelity“ in der Vergangenheit festzuhängen scheint. Vermutlich ist es dem Filmgeschmack Nick Hornbys zu verdanken, der auch an der Produktion der Serie mitbeteiligt war, und der sich halt über die Jahrzehnte nicht groß geändert haben dürfte. Natürlich dürfen und sollen unbedingt absolute Klassiker wie Fleetwood Mac vorkommen und es hat auch seinen Charme, mal eine gut kuratierte und oftmals auch lyrisch perfekt zur jeweiligen Szene passende Oldie-Liste hören zu können, aber etwas mehr Wagnis hin zur Moderne hätte ich mir schon gewünscht. Das ist natürlich nicht ganz einfach, hätte dem Ganzen aber noch die Kirsche aufgesetzt. Hier könnt ihr übrigens alle Songs der ersten Staffel aufgelistet sehen.
Ein bisschen hängt übrigens das ganze Setting in der Jahrtausendwende fest. Rob selbst ist gekleidet, als wäre sie einer Zeitmaschine entfallen. Ja, cool und hipp und stylisch, aber eben nicht unbedingt 2020er. Das fällt vor allem auf, wenn in einer Episode bewusst mit dem modernen Typus des Influencers konterkariert wird. Das funktioniert natürlich super, legt aber offen, wie unterschiedlich diese Welten ausgerichtet sind.
Aber „High Fidelity“ macht auch verdammt vieles richtig. Der Main-Cast und auch etliche Nebenfiguren sind allesamt ordentlich ausgearbeitet und charakterstark. Da gibt es persönliche Entwicklungen, emotionale Tiefe und eine ausgewogene Dynamik zu beobachten. Vor allem dass Dinge auch mal aus der Sicht einer anderen Person erzählt werden, hat mir gefallen. Denn ja, an sich ist schon alles sehr Rob-fixiert, das ist aber auch okay, liegt ja in der Sache der Vorlage-Natur. So erhält man eben auch ein sehr genaues Bild eines Lebens und all der kleinen und großen Probleme, die dieses mit sich bringt. Die Höhen und vor allem Tiefen, aber eben auch die Wichtigkeit von Freundschaft und Liebe. Sei es zu Menschen oder der Musik.
Insgesamt hat mir die erste Staffel von „High Fidelity“ sehr gefallen. Die Balance zwischen Romantik, Comedy und Drama empfand ich als gelungen ausgerichtet, immer wieder gab es spaßige Überraschungen und Absurditäten zu sehen, so dass es stets abwechslungsreich blieb. Und doch hat die Serie stets einen gewissen Lifestyle versprüht. Und Unsicherheit im Treffen von persönlichen Entscheidungen. Diese Nähe zur Hauptfigur und die Nahbarkeit in ihren Handlungen macht die Serie aus und lässt einen selbst über gewisse Dinge nachdenken. Und vor allem ganz viel gute Musik hören! Einzelne Folgen wissen zwar noch Oben und Unten hin und wieder auszubrechen, insgesamt kann aber eine erfreulich solide Unterhaltung geboten werden.
„High Fidelity“ in Deutschland schauen
Fast sieben Monate nach der US-Ausstrahlung kommt „High Fidelity“ jetzt endlich auch zu uns nach Deutschland! Hier könnt ihr Zoë Kravitz als Rob mit deutscher Stimme sprechen hören:
Ab nächstem Donnerstag, dem 10. September 2020, wird die zehn Episoden umfassende erste Staffel der Serienadaption von „High Fidelity“ über Strazplay zu sehen sein. Der Streaming-Dienst des Senders Starz kann hierzulande über die Angebots-eigenen Mobile-Apps bezogen werden, oder auch über den bei Amazon geführten Prime Video Channel (Partnerlink), die Apple TV-App und Rakuten TV, um ein paar Beispiele zu nennen.
2. Staffel „High Fidelity“?
Nein, diese Liste hört leider nach dem ersten Eintrag auf. Zumindest hat Hulu die Serie Anfang August nach bereits einer Staffel abgesetzt. Theoretisch bliebe natürlich die Möglichkeit, dass ein TV-Network oder ein anderer Streaming-Anbieter die Serie erneuert oder später ein Comeback folgt (wie das in der Liebe manchmal so ist), aber nach aktuellem Stand war es das leider mit Rob und ihren Freunden. Schade, denn die Story selbst hatte durchaus Potenzial für eine Weitererzählung, wie ich finde! Und bei IMDb hat die Serie aktuell gar ein höheres Rating als der zugrundeliegende Kultfilm (7,7 vs. 7,5)…
Um über diesen Trennungsschmerz hinwegzukommen kann man sich ja vielleicht einfach nochmal den 2000er Film anschauen (oder das Buch lesen)…
Bilder: Hulu / Starzplay
Kommentiere
Trackbacks