Hö, schon vorbei? Ja, dieses Jahr haben wir es irgendwie nicht geschafft, Einzelreviews zu den „Homelande“-Episoden zu schreiben. Dafür gibt es das abschließende Staffelreview derart zeitnah, man könnte meinen, wir wären Scriptwriter der Serie selbst. Denn die haben es mal wieder geschafft, aktuelle gesellschaftspolitische Dinge aufzugreifen und zu verarbeiten. Und haben ganz nebenbei eine Menge „House of Cards“-Flair entwickelt.
Ich versuche so wenig wie möglich auf Details einzugehen, damit ihr – solltet ihr die Staffel noch nicht gesehen haben – weiterlesen könnt. Spoiler werden entsprechend markiert oder warnend eingeleitet.
Darum geht es
Carrie ist wieder zurück aus Berlin und berät Anwälte in Sozialfällen. Einer davon birgt direkte Verbindungen zum CIA und zieht Carrie – Überraschung – in ihre alten Gefilde zurück. Und ganz nebenbei gibt es da ein neues Oberhaupt in den Vereinigten Staaten von „Homeland“.
Also bald, denn noch ist Elisabeth Keane „nur“ „President Elect“. Tatsächlich haben die Writer mit einem Clinton-Wahlsieg im letzten Herbst gerechnet und wurden – wie wir alle – enttäuscht. Entsprechend hat sich angeblich tatsächlich auch das Ende der Staffel gewandelt. Die Scripts wurden in eine andere Richtung geschrieben, so dass – und das spoilert jetzt gegebenenfalls ein wenig – aus dem „Opfermädchen“ eine auf Rache aus seiende Macht wird. Dieser Wandel gefällt mir ehrlich gesagt gar nicht, da er sehr forciert und plötzlich wirkt, aber sei es drum.
Wichtiger sind in der Staffel eh zunächst andere Dinge. Wer ist auf welcher Seite? Wie weit gehen mögliche Verschwörungen und was hat es eigentlich mit populistischen Quacksalbern zu tun? Denn genau hier trifft die Serie einen Nerv, der moderner nicht sein könnte. Agenda-Setting, Hate Speech, Populismus – all die vor allem digitale Hetze, der wir vermehrt in den letzten Monaten und Jahren aufsitzen, wird angebracht. Neben dieser illegalen Meinungsmache gibt es natürlich noch „Fake News“, den Kampf gegen Unwahrheiten und aufgebrachte Protestgruppen, die „not my president!“ rufen. Politische Steuerung abseits der eigentlichen Politik. Und genau hier gibt es jede Menge Momente, in denen man gleich Frank Underwood durch die Tür stapfen vermutet.
Wer da aber kommt, ist Peter Quinn. Eine der Hauptfiguren der Staffel, die ihr ungemein den Stempel aufdrückt. Hervorragendes Schauspiel von Rupert Friend, der den psychisch wie physisch kaputten Ex-Spezialisten und all sein Leiden bestens verkörpert. Gerade seine Entwicklung und die Beziehung zu Carrie halten die Staffel größtenteils am Laufen.
Aber ja, es gab auch deutliche Schwächen in der Zusammensetzung und Logik (Spoiler-Alarm). So will mir nicht wirklich in den Sinn, wieso es den Original-Truck noch zu finden gab? Dazu wirkte im – ansonsten ja durchaus gelungenen – Finale Saul wie eine sichere Leiche. Sechs Wochen später ist er aber einfach noch da und wird mit ein paar Worten („Er hat den Anschlag gerade so überlebt“) abgetan. Ne, das passt nicht.
Ich war von Staffel 5 ja tatsächlich etwas enttäuscht. Entsprechend schwer bin ich in die neue Staffel gekommen, die eine Zeit brauchte, ihre Handlungsbasis zu zementieren und einen wirklichen Sog aufzubauen. Das ist dann aber doch erstaunlich gut gelungen, so dass ich die Staffel klar vor der 5. und (vermutlich auch den ersten dreien, die ich allgemein nicht soo toll fand) ansiedeln würde. An die grandiose vierte Season kommt sie dann jedoch nicht ran.
Zwei Staffeln wurden bereits offiziell eingekauft, wobei Season 8 wohl die letzte sein wird. Das finde ich auch gar nicht mal schlimm, da ich mich bereits jetzt frage, wie da wirklich eine vernünftige Story aufgebaut werden soll (ohne, dass es langsam lächerlich wirkt, wie sehr Carrie dem ganzen eigentlich entliehen möchte und am Ende doch jede dritte Folge wegen Geheimagentenkrams weint). Vermutlich wird es einen Zwei-Staffel-Plot zum Abschluss geben, bei dem Carrie gegen das ganz große Ganze (also Neu-Präsidentin Keane) antreten dürfte.
Bilder: Showtime
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