Nachdem „House of the Dragon“ in den letzten zwei Wochen endlich ein paar erste pikante Momente für uns bereit hielt und wir uns alle an das Setting gewöhnt haben, werden wir diese Woche mit einem gewaltigen Zeitsprung überrascht.
Im Grunde genommen wird mit der von Schmerzschreien und ungemütlichen Geräuschen begleiteten Eröffnungsszene auch eine neue Ausformung der Serie geboren. Zunächst war ich mir nicht ganz sicher, ob wir uns in einer Rückblende befinden, die Vaemond Velaryon und Rhaenys Targaryen zeigt, aber nein, wir sind in die Zukunft gesprungen und sehen Ser Leanor Velaryon und Rhaenyra Targaryen. Zehn Jahre älter und neu besetzt.
Bei einigen Figuren wird direkt klar, um wen es sich handelt. Bei Königin Alicent ist der Wechsel meiner Meinung nach am besten gelungen, da nicht nur eine äußerliche Ähnlichkeit mit authentischer Alterung zu sehen ist, sondern das Spiel von Olivia Cooke auch eine charakterliche Reifung offenbart, die glaubhaft erscheint. Bei Leanor ist es auch in Ordnung, gestört habe ich mich zunächst bei Emma D’Arcy als Rhaenyra. Vielleicht wollte man da auch bewusst ein bisschen verwirren in der Eröffnungsszene, aber das wirkt äußerlich sowie charakterlich wie eine komplett neue Person.
Beim Rest des Casts ist man unterschiedliche Wege gegangen, die sich mir nicht immer ergeben. Die Hand, Lyonel Strong, wurde wie König Viserys mittels Make-up recht gelungen um ein Jahrzehnt gealtert. Ja, Letzterer lebt tatsächlich noch, wenn auch mit einem Arm weniger (dafür ist sein Modellbau gewachsen!). Andere wie Daemon oder vor allem Ser Criston sehen noch genauso aus wie vorher, was mich extrem irritiert hat (erst dachte ich, Criston sei vielleicht der Sohn von Criston oder überlegte, ob der vielleicht einen kleinen Bruder hatte…?).
„I do believe he has his father’s nose.“ (Viserys)
A pro pos „Ser Criston“ – bei diesem Satz von Viserys gab es ja einige verhalten drein lächelnde Reaktionen im Raum. Schnell wird klar, weshalb die Hebamme in der Eröffnungsszene so finster drein geblickt hatte. Das Kind war nicht etwa totgeboren oder besaß zwei Köpfe – der Junge (Joffrey!) hatte schwarze Haare und war somit offenkundig nicht Targaryan-Valyrian-abstammig. Der Vater ist aber nicht etwa Ser Criston, sondern Ser Harwin „Breakbones“ Strong, Commander der City Watch und für mich bisher eher ein unbeschriebenes Blatt, das in dieser Szene aussieht, als wäre er auf der Prinzenrolle abgebildet:
Bei all der Zeitsprung-Verwirrung möchte ich nochmal einen Schritt zurück gehen. Die Kameraführung war vor allem in den ersten Minuten einfach fantastisch, wo die ganze Zeit nah an der Prinzessin bzw. dem Kind geblieben wurde. Auch in der Anschlussszene haben wir einen längeren One-Shot mit flüssigen Kameradrehungen zu sehen bekommen, was erst beim Treffen mit der Königin in den üblichen Schnitt wechselte. Vielleicht wollte man auch damit im Verbund mit dem großen physischen Abstand der Figuren zeigen, wie emotional distanziert die einstigen Freundinnen Rhaenyra und Alicent mittlerweile sind. Das ganze Wer-besucht-wen-Geplänkel hat zudem auch offenbart, welche Spielchen zwischen den beiden gespielt werden.
„Was it terribly painful?“ – „Oh, gods.“ – „I took a lance through the shoulder once.“ – „My deepest sympathies.“ (Leanor & Rhaenyra)
Mit dem Gang in die Drachengrube wurden mir das dann doch zu viele „neue“ Figuren, die man zuzuordnen hatte. Neben den zwei bereits zuvor geborenen Söhnen Rhaenyras waren auch zwei Söhne von Alicent dabei, wobei gerade die beiden nicht die hellsten zu sein scheinen und vor allem mit dem Thron aktuell nicht wirklich etwas zu tun haben wollen. Dafür haben wir einen Schweinedrachen sowie einen Jungdrachen gezeigt bekommen, der in der Nahaufnahme so detailreich wie gezeigt wurde, wie noch kein Drache zuvor in „Game of Thrones“.
Auch die Animation des Drachenschwanzes im Wasser hat mir sehr gefallen. Die Flugszenen selbst mit den Darstellenden im Sattel sahen dagegen nicht immer überzeugend aus, fand ich. Wichtiger ist aber eh, dass wir die reisenden Daemon und Laena Velaryon als Reisende in der freien Stadt Pentos östlich der Narrow Sea zu sehen bekommen. Endlich gibt es mal Handlungen und wichtige Figuren an anderen Orten zu sehen! Neben drei Drachen und einem Ei haben die beiden auch zwei Töchter und einen weiteren Nachwuchs auf dem Weg, der aber nicht rauskommen will. Statt an einem Kaiserschnitt zu sterben, eine Totgeburt zu gebären oder mit Daemon weit entfernt von King’s Landing leben zu müssen, lässt sie sich lieber von ihrem Drachen rösten. Für mich war das jetzt nicht ganz nachvollziehbar. Das geöffnete Maul von Vhagar war aber schon ziemlich detailreich gestaltet. Das dürften noch intensive Drachenkämpfe werden!
Das eingangs angesprochene „Game of Thrones“-Feeling kommt dann im letzten Drittel der Folge gestärkt auf, wo erste Manipulations-Züge und Verstrickungen offensichtlich gemacht werden. Für mich wirkt auch das leider in Teilen zu überstürzt. Zwar wird mehrfach darüber gesprochen, dass alle wissen, wer Rhaenyra da geschwängert haben dürfte und dass Viserys auf dem Auge blind zu sein scheint, aber wie sich die Ereignisse nach zehn Jahren erst beim dritten Kind überschlagen, wirkt mir zu inszeniert. Vor allem, weil Harwin sich recht plump dazu hinreißen lässt, die schlagfertige Aktion von Criston aus der Hochzeit vergangene Woche (+ zehn Jahren) an selbigem zu wiederholen. Da sollte man sich von dem als stärksten Mann Westeros‘ geltenden Hünen in leitender Position etwas mehr Kühle im Kopf erwarten.
Wichtig wird das, weil Harwin Sohn von Lyonel Strong ist, der Hand des Königs. Der kann (auf einmal!) im Wissen um die Umstände nicht mehr leben, sagt er, will damit aber eigentlich nur sein Leben, vor allem aber das seines Sohnes retten. Die Szene soll uns aber vor allem auch zeigen, wie sehr Alicent bereits Viserys Gedanken ins Ohr flüstert.
Und dann wäre da noch Larys Strong. Der Bruder von Harwin und Sohn Lyonel Strongs scheint in deren Familie keine wirklich wichtige Rolle mehr zu spielen, reisen die beiden doch alleine ab. Dafür spielt er eine gewaltige Rolle für Alicent, die ihn – wie den vom Selbstmord abgehaltenen Ser Criston als Leibwache – in der Nähe hält. Auf seinem Gehstock prangt sein persönliches Wappen, das Glühwürmchen (klingt im Englischen als „Firefly“ irgendwie dramatischer…). Das könnte eine Verbindung zum Hause Hightower aufzeigen.
Seine erste (für uns ersichtliche) tiefgreifende Aktion lässt einfach mal ein paar zu Tode verurteilte Gefangene ein Feuer in Harrenhall legen, damit sein Bruder und Vater umkommen. Als wäre das noch nicht intensiv genug, demonstriert man seine Ruchlosigkeit und Bedachtheit, indem man die Zungen der ehemaligen Gefangenen entfernen lässt. Autsch!
„You do not desert your post when the storm lashes.“ – „The wise sailor flees the storm as it gathers.“ – „Very well, then I command you.“ (Rhaenyra & Leanor)
Ach ja, da wäre noch Rhaenyra. Auch wenn es erfrischend wirkt, sie nicht mehr als zentrale Figur im Bild zu haben, wirkt sie diese Folge doch deutlich zurückgedrängter, als ich erwartet hätte. Sie nutzt den Geheimgang nochmal und zeigt sich im Gespräch mit Leanor sowie am Tisch des Königs tough, ansonsten wirkt sie aber deutlich fragiler. Das Angebot der Nachwuchs-Hochzeit samt Drachen-Ei-Auswahl-Privileg sollte verdeutlichen, dass sie gewillt ist, auch in die Ecke gedrängt einen letzten Rettungsversuch zu unternehmen. Letztlich obsiegt aber die Vernunft und die junge Familie flieht nach Dragonstone, inklusive Qarl, dessen Namensschreibweise mich fasziniert. Gelungen fand ich hier, wie sie den zuvor in der Folge von Leanor genannten Satz „The wise sailor flees the storm as it gathers“ gegen ihn verwendet.
Kleine nicht ganz ernst gemeinte Randnotiz: Reicht es denn nicht, dass zwei der größten Fantasy-Serien unserer Zeit parallel angelaufen sind – muss man da noch den alten Viserys mit einem Goldring spielen lassen, damit er wie Gollum oder Bilbo aussieht?!
Die Hand Lyonel Strong hatte mich (vor allem in seiner jungen Version) bereits durch Stimme und Art an Samwell Tarly erinnert, Larys gibt mir persönlich starke Viserys-Vibes. Dass er von größerer Bedeutung werden würde, wurde bereits in seinen ersten Auftritten deutlich, finde ich. Der körperlich unterschätzte bis übersehene aber redegewandet und aufmerksame Beobachter, der wie er sagt nichts zu verlieren hat. Und vor allem weiß, wie man Leute manipuliert und gegeneinander ausspielen kann.
Es stellt sich heraus, dass nicht etwa Alicent die Stränge in der Hand hat, sondern Larys, der ihr wiederum einredet. Und ich würde mal behaupten, dass er auch sie fallen lassen würde (und wird), wenn es hart auf hart kommt und er seinen Kopf aus der Schlinge ziehen oder anderswo größere Gewinne für sich sichern kann. Sein abschließendes Statement hat jedenfalls absolutes Gänsehaut-Potenzial besessen.
„Love is a downfall.“ (Larys)
Puh, was für eine Folge! Das war in der ersten Hälfte noch sehr verwirrend, in der zweiten dafür um so intensiver. In gewisser Weise hat sich das wie ein Neustart angefühlt, als sei die erste Staffelhälfte lediglich ein (sehr langer) Prolog gewesen, der dem Aufbau einer Basis dienen sollte. Wenn es dann jetzt richtig los geht, wäre mir das recht! Erstmals kamen wieder richtige „Game of Thrones“-Gefühle auf, was das eigentliche „Spiel“ anbelangt. Das lief mir zuvor zu eintönig und langweilig ab. Jetzt haben wir endlich mehrere Parteien, die eine gewisse Handlungsmacht mitbringen. Vor allem sind diese jetzt auch größer auf der Karte verteilt worden, so dass wir den „Eine-Location-Soap-Opera-Effekt“ endlich verringern können.
Allerdings hatte ich auch meine Probleme mit der Folge. Allem voran fühle ich mich ein bisschen veräppelt, hatte ich mich doch darauf eingestellt, dass Milly Alcock DAS zentrale Gesicht der Serie werden würde. Aber gut, dass wir irgendwann auch Aegon aufwachsen sehen müssen, war klar, dennoch kam das etwas plötzlich (oder halt zu spät…). Auch ist die Neubesetzung bei ihr nicht zu 100 Prozent gelungen (oder eben die Vorbesetzung…). Auch hat mir missfallen, wie viele elementare Dinge da binnen eines Tages passieren, die teilweise schon längst hätten passieren müssen. Da hat man es sich einfach gemacht und alles in einen Zeitsprung gepackt, um eine vollgepackte Übergangsfolge zu kreieren.
Dennoch hat diese Folge viel Gutes parat gehabt. Sie sah gut aus, der Soundtrack war auch mal wieder gelungen und wir haben einige gute visuelle Effekte geboten bekommen. Als Highlight dürfen wir aber endlich verkünden: Die Spiele sind eröffnet!
Bilder: HBO
Jetzt bin mit den vorherigen Schauspielern kaum fertig geworden, gibt es schon Nachschlag. Zeitsprünge mit neuen Schauspielern finde ich schwierig …
Ich glaube mich stören fast die falschen blonden Haare mehr, als die jeweiligen mittelmäßigen Schauspieler.
Mich fesselt die Serie leider überhaupt nicht und Drachenshow ist mir einfach Zuviel.
Ich fand den Zeitsprung und die zum Teil neu eingesetzten Darsteller:innen auch verwirrend (vor allem generell diese ganzen ähnlichen Namen machen mich fertig!). Ich finde die Besetzung von Alicent und Rhaenyra aber tatsächlich sehr gelungen – auch wenn ich insbesondere Milly Alcock als Rhaenyra sehr mochte.
Ich find die Neubesetzung komisch. Warum kann eine 22-jährige Schauspielerin keine 27-jährige Rhaenyra spielen? Da sollte mit ein bisschen Maske doch zu machen sein. Geht bei den älteren Schauspielern doch auch, warum bei ihr nicht?
Ich bin mit der neuen Schauspielerin bisher noch nicht „warm“, das wirkt doch, wie Du schon schreibst, sehr kühl und mit anderem Temperament als vorher.
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