Es ist so viel passiert in den letzten Folgen. Was ist also der Ausgangspunkt: Zwischen Folge fünf und sechs sind einige Jahre vergangen. Viserys lebt noch. Die Spannung zwischen Alicent und Rhaenyra ist hoch. Alicent hat zwei Söhne und eine Tochter. Rhaenyra hat drei Söhne, die ganz offensichtlich nicht von Ser Laenor stammen, sondern von Ser Harwin ‚Breakbones‘ Strong, dem Captain der City Watch in King’s Landing. Und das wissen auch alle, aber niemand darf es aussprechen, sonst verärgern sie den noch regierenden König, der seine Tochter, die Erbin des Eisernen Throns, mit allen Mitteln schützen möchte. Durch Alicent, also genau genommen durch unausgesprochene Wünsche von Alicent, die Larys Strong in die Tat umsetzt, sterben sowohl Larys Vater Lyonel, die Hand des König, und sein Bruder Harwin, Rhaenyras Geliebter und der Vater ihrer Kinder. Daemon lebt mit seiner schwangeren Frau Laena und seinen beiden Töchtern in Pentos, doch als die Geburt des dritten Kindes nicht verläuft, wie sie sollte, lässt Laena sich von ihrem eigenen Drachen Vhagar verbrennen.
Birth right
Folge sieben schließt direkt an die Geschehnisse der vergangenen Episode an. Zu Laena Velaryons Beerdigung reist die gesamte Königsfamilie nach Driftmark. Wie es die Tradition der Velaryons will, wird sie in einem schweren Steinsarg vor der Burg im Meer versenkt. Noch scheint die Sonne und wirft ein helles Licht auf die dunkel gekleidete Gesellschaft. Es sind fünf Drachen anwesend, die in der Ferne auf den Mauern Platz finden, was schon ganz schön imposant wirkt. Wer sollte sich gegen diese mächtigen Häuser wenden wollen, wenn nicht diese mächtigen Häuser selbst untereinander?
Wie wir durch eine kleine Detailaufnahme seiner Brust und die dort befindliche Anstecknadel erkennen, ist Ser Otto Hightower als Hand des Königs zurück. Das birgt auf jeden Fall wieder einiges an Konfliktpotenzial. Generell schaffen die Macher:innen der Serie es während der Beerdigungsszene und der anschließenden Zusammenkunft eine deutliche Anspannung zwischen den Anwesenden aufzubauen. Dabei heftet sich die Kamera immer wieder an jemand anderen und begleitet die Figuren ganz nah in ihrer persönlichen Trauer oder ihrer Zestreutheit oder bei ihren strategischen Überlegungen, aber alle wirken trotz der räumlichen Nähe doch irgendwie allein. Laenas Töchter sind aufgelöst, Rhaenyras Söhne versuchen Trost zu spenden, Ser Laenor scheint seiner Schwester ins Meer folgen zu wollen. Welche Gefühle in Daemon vorgehen, lässt sich kaum sagen. Immerhin lehnt er Viserys Angebot ab, nach King’s Landing zurückzukehren und wieder in Viserys Beraterrunde Platz zu finden.
„I need… nothing.“ (Daemon Targaryen)
Interessant ist auch, dass sich schnell erkennen lässt, dass Prinz Aemond Targaryen seinem großen Bruder Aegon einiges voraus hat und definitiv der Schlauere der beiden zu sein scheint, der sich seiner Rolle und seinen Pflichten als Targaryen durchaus bewusst ist, während sein Bruder es vorzieht, sich eher dem Wein zu widmen. Die Sonne verschwindet und allmählich zieht Dunkelheit über Driftmark. In den kommenden Szenen frage ich mich sehr häufig, was gerade eigentlich passiert, denn vieles bleibt aufgrund der Dunkelheit für die Augen wirklich verborgen. Der angespannten Atmosphäre ist die Dunkelheit zwar zuträglich, ein wenig genervt war ich jedoch, dass ich viele Dinge erahnen musste, statt sie erkennen zu können.
Aegon ist betrunken und muss von Opa Otto aus seiner kleinen Trinkecke gefischt werden. Corlys streitet mit seiner Frau Rhaenys darüber, wie die nächsten strategischen Schritte aussehen könnten, denn immerhin hätte ihr vor Jahren die Krone gehören sollen, nicht Viserys. Rhaenys ist sichtlich genervt davon, dass ihr Mann der Krone mehr hinterher trauert als sie selbst und möchte all ihren Fokus auf Laenas nun mutterlose Töchter legen, immerhin fließt durch ihre Adern echtes Velaryon-Blut, nicht so wie durch Rhaenyras Kinder. Doch Corlys merkt zu Recht an, dass im Vermächtnis der Familien am Ende nicht das Blut, sondern der Name zählt.
Rhaenyra und Daemon spazieren unterdessen den Strand von Driftmark ab und Rhaenyra ist überraschend offen zu ihm. Sie spricht über ihre Ehe mit Laenor, ihren vergeblichen Versuch, gemeinsame Kinder zu bekommen und dass sie sich von Daemon verstoßen fühlte. Sie sprechen auch über Alicent und darüber, was mit dem Hause Strong passiert ist und ob sie Alicent den Mord an ihnen zutrauen. Die Vertrautheit der beiden ist nicht zu übersehen (wenn auch aufgrund der extrem dunklen Bilder schwer erkennbar) und wenig später finden sie sich in einem naheliegenden Strandpavillon – mal ehrlich, wo kam dieser Unterschlupf denn her? – wieder, in dem sie nun aber wirklich durchziehen, was sie vor Jahren bereits im Bordell begonnen hatten.
Sacrifice
Alle sind so mit ihren eigenen Dingen beschäftigt, dass niemand merkt, dass Aemond dem Drachen Vhagar an den Strand gefolgt ist. Er beweist Mut, indem er sich ihm nähert und auch, wenn man zwischendurch befürchten muss, dass er in wenigen Sekunden brennt, schafft er es, den Drachen zu seinem zu machen, ihn zu erklimmen und mit ihm durch die Lüfte zu fliegen. Und nun erklärt sich auch, warum alles so dunkel gehalten ist. Vielleicht, damit wir die Details des Drachen und Drachenreitens nicht zu genau erkennen? Das, was man vom für Aemond sehr holprigen Drachenflug erkennen kann, sieht jedoch ziemlich gelungen aus und hat Spaß gemacht, zu verfolgen. Und nun geht es so richtig los.
Aemond ist zurück und muss sich den zornigen Kindern Daemons und Rhaenyras stellen, die seinen Flug beobachtet haben und ihn nun zur Rede stellen – immerhin war Vhagar als Drache für Laenas Töchter vorgesehen und Aemond hat sich ihn einfach so gekrallt. Alles geht Schlag auf Schlag – im wahrsten Sinne des Wortes, denn Rhaena und Baela greifen Aemond an, der sich nicht scheut, zurückzuschlagen. Auch Jacaerys und Lucerys lassen ihre Fäuste spielen und die Musik und die Schnitte und das dämmrige Licht lassen erahnen, dass es nicht mehr lange dauert, bis es zu einem großen Unglück kommt. Letztendlich ist Aemonds Beschuldigung der beiden Jungs, sie seien Bastarde, ausschlaggebend, dass Lucerys seinen kleinen Dolch durch das Gesicht Aemonds zieht und ihm damit das linke Auge nimmt. Die lädierten Kinder und alle anderen wichtigen Personen kommen schließlich zur Diskussion der Geschehnisse zusammen. Alicent ist außer sich und tief getroffen über den Verlust von Aemonds Auge, Rhaenyra nimmt ihre eigenen Söhne in Schutz und Viserys, der darauf besteht, dass doch alle eine große glückliche Familie sind, zwingt Aemond dazu zu gestehen, wer ihm eingeredet hat, dass Rhaenyras Söhne Bastarde sind. Wenn Blicke sprechen könnten, würden hier einige Namen auf dem Tisch landen. Doch Aemond stellt Aegon an den Pranger, der seinem Vater versichert, dass nicht nur er weiß, dass Rhaenyras Kinder nicht von Ser Laenor sind.
„Everyone knows.“
Und die Anspannung wächst weiter, denn Alicent will das Geschehene nicht auf sich ruhen lassen und bittet Viserys um eine angemessene Strafe. Genau genommen findet sie es nur fair, wenn auch einer von Rhaenyras Söhnen ein Auge verliert. Immerhin heißt es ja auch „Auge um Auge“. Viserys will sich darauf nicht einlassen, sodass Alicent Ser Criston befiehlt, Lucerys ein Auge zu nehmen. Es entsteht Tumult. Criston hin und her gerissen zwischen den Befehlen des Königs und der Königin, der er seine Treue geschworen hat. Doch soweit muss es gar nicht kommen, denn schließlich steht Alicent mit Viserys Dolch in der Hand Rhaenyra gegenüber und die beiden blicken sich Auge in Auge.
„Exhausting, wasn’t it? Hiding beneath the cloak of your own righteousness. But now they see you as you are.“ (Rhaenyra Targaryen)
Schließlich verletzt Alicent Rhaenyra mit einem tiefen Schnitt am Arm. Und wieder ist es Aemond, vor dem man seinen Hut ziehen möchte.
„Do not mourn me, Mother. It was a fair exchange. I may have lost an eye… but I gained a dragon.“ (Aemond Targaryen)
Und damit hat er absolut recht. Er besitzt nun auch einen Drachen, der im weiteren Kampf um den Eisernen Thron strategisch durchaus wichtig werden wird.
Happiness
Ser Laenor macht sich Vorwürfe, dass er bei den Geschehnissen nicht dabei war und sichert Rhaenyra zu, dass er ihr nun ein guter Ehemann sein und ihre Söhne mit großziehen wird. Rhaenyra weiß Laenors gutes Herz zwar zu schätzen, doch in ihr ist bereits ein anderer Plan herangereift, über den sie mit Daemon spricht, während sie Viserys und Familie sowie drei der Drachen auf dem Meerwege von Driftmark abreisen sehen. Sie möchte sich mit Daemon verbinden, ihn heiraten, damit sie sich gemeinsam denen stellen können, die ihr Erbe infrage stellen. Und sie wissen beide, dass das einzige, was sie daran hindert, Ser Laenors Leben ist.
(In valyrischer Sprache)
„Ich kann mich den Grünen nicht alleine stellen.“
(Rhaenyra Targaryen)
Doch obwohl am Ende alle glauben, dass Laenor wirklich von seinem von Daemon bestochenen Geliebten Ser Qarl Correy umgebracht wurde, und Daemon und Rhaenyra dadurch, wie schon Aegon der Eroberer mit seinen Schwestern, in Blut verbunden werden können, hält die letzte Szene noch eine Überraschung für uns parat.
Huiuiui. „House of the Dragon“ hat so richtig an Fahrt aufgenommen. Auch diese Episode war wieder ziemlich spannend. Das, wie Otto Hightower es so schön sagt, „ugly game“ ist in vollem Gange. Strategie und Ehre und Erbe und Opfer – alles geht hier Hand in Hand. Alle versuchen sich und ihre Liebsten zu schützen und ihnen das wertvollste Stück des Kuchens zu sichern. Viserys, mit seinen gefühlt letzten Lebenskräften, bemüht sich weiterhin um Frieden der Häuser und Frieden in der Familie. Doch es ist längst klar, was passieren wird, wenn Viserys abtritt: Der Kampf zwischen Aegon und Rhaenyra um den Eisernen Thron wird entflammen.
Bis auf die zwischenzeitlich für mein Empfinden zu dunklen Szenen war das wieder eine herausragende Episode „House of the Dragon“. Rhaenyra findet nach all dem Kampf um ihren zukünftigen Titel in Daemon einen angemessenen Verbündeten, der wie sie ein Lied von Verstoßung zu singen weiß. Bleibt nur die Frage, wie häufig Daemon seinen dunklen Mantel noch überwerfen wird und wer als nächstes dran glauben muss. Und ob Laenor durch seinen vorgetäuschten Tod seine Freiheit irgendwo fernab der Königslande genießen oder in einem Schlüsselmoment doch wieder auftauchen wird. Was meint ihr, war es Rhaenyras und Daemons Plan, Laenors Tod nur vorzutäuschen oder geht dieser Plan letztendlich allein auf Laenors und Qarls Kappe?
Bilder: HBO/Sky
Fand die Folge auch (wieder) richtig gut, wobei ich hier das Gefühl hatte, dass hier auch einfach viel abgehakt werden musste, fast so wie am Ende von GoT. Also Otto wird wieder die Hand des Königs *check*, Aemond der Einäugige muss noch ein Auge verlieren *check* Laenor muss verschwinden *check* usw. Das hat sich so wie eine Aneinanderreihung angefühlt, das war in den Folgen davor besser erzählt. Aber das ist meckern auf hohem Niveau, ich habe mich bestens unterhalten gefühlt.
Natürlich war es Daemons Plan. Er hat doch die Wache, die die Leiche spielen muss, umgebracht. Oder hab ich das falsch mitgekriegt?
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