Was für ein (Drachen)Ritt durch Staffel zwei des „Game of Thrones“-Prequels „House of the Dragon“! Schon ist diese Season wieder vorbei, dieses Mal haben wir allerdings auch nur acht statt zehn Episoden geliefert bekommen. Wer auf den ganz großen Knall gewartet hat, dürfte nach dem Finale sicherlich unbefriedigt, aber mit ganz viel Spannung auf die nächste Staffel zurückgelassen worden sein. Doch tauchen wir nochmal etwas tiefer in die zweiten Staffel von „House of the Dragon“ ein.
Die Story
Daemon, der Träumer
Nach dem starken Staffelauftakt gibt es erstmal kein Durchatmen in Dragonstone und auch nicht in King’s Landing oder dem Rest von Westeros. Während Rhaenyra nach wie vor Gerechtigkeit und damit ihren Anspruch auf den Thron einlösen möchte, ist Daemon in Harrenhal und folgt dort seinen eigenen Zielen – und lange ist nicht wirklich durchschaubar, welches diese sind. Die Riverlords vereinen und auf Rhaenyras Seite ziehen? Oder aber auf seine eigene? Klappt erstmal nicht so gut. Die ganze Zeit über wird er von schrecklichen Albträumen oder Halluzinationen heimgesucht, die ihm unter anderem Begegnungen mit längst verstorbenen Menschen liefern. Nicht nur mit seinem Bruder Viserys setzt er sich auseinander, sondern in erster Linie auch mit Rhaenyra, die ihm jedoch immer als ihre jüngere Version erscheint. Und während es ihm schwerfällt, Rhaenyra Macht zuzusprechen und nicht selbst als König zu gelten, zeigt sich Daemon zwischenzeitlich endlich mal verletzlich.
Rhaenyra fühlt sich währenddessen von den ganzen Männern um sie herum nicht gut beraten und macht sich auf eigene Faust auf nach King’s Landing, um das Gespräch mit Alicent zu suchen. Und endlich klärt sich das Missverständnis um Viserys Nachfolge auf. Was für eine Erleichterung! Und was für eine Tragik, dass beide Frauen wissen, dass es für eine Aufklärung eh schon viel zu spät ist. Der Krieg hat bereits begonnen und kann nicht mehr abgewendet werden. Aber wo Alicent an Rhaenyras Seite fehlt, ist nun Mysaria, oder auch White Worm, der Daemon einst ihre Freiheit versprach und dessen Versprechen Rhaenyra einlöste und damit bewegte, dass sie nun als Beraterin (und mehr) an ihrer Seite stehen darf.
Aegon, der Gebrandmarkte
In King’s Landing beweist Aegon, dass er ganz und gar nicht als König taugt. Er schafft es, innerhalb kürzester Zeit, all den Zorn der Bürger:innen auf sich zu ziehen. Auch Otto Hightower ist von Aegons Naivität und Dummheit genervt und auch, wenn ich – wie vermutlich einige – kein Fan von Otto bin, hat die Konfrontation zwischen Otto und Aegon so viel Spaß gemacht wie kaum eine andere Szene in dieser Staffel. Die Konsequenz ist jedoch: Otto ist nicht mehr die Hand des Königs. Er hat den Posten an Criston Cole verloren, der nach wie vor einen Groll gegen Rhaenyra hegt. Komm drüber weg, Dude!
Cole reitet erstmal mit Alicents Bruder Gwayne und einer riesigen Armee los, um Rooks Rest einzunehmen und hat hinter Aegons Rücken eine verheerende Absprache mit Aemond getroffen, der im passenden Moment des Kampfes mit seinem Drachen Vhagar auftauchen und die Gegner ausschalten soll. Rhaenys, die sich der Gefahr durchaus bewusst ist, reitet auf ihrem Drachen Meleys ebenfalls nach Rooks Rest, um dieses zu verteidigen. Sie scheint dem angreifenden Heer durchaus überlegen bis Aegon plötzlich auf seinem Drachen auftaucht – ein Schachzug, mit dem niemand, auch nicht Cole, gerechnet hat. Meleys schwächt Aegon stark, doch letztendlich ist es Aemond, der nicht zuerst Rhaenys, sondern seinen eigenen Bruder auf seinem alles überlegenen Drachen angreift, dessen Drachen tötet und Aegon fast umbringt. Statt zu fliehen startet Rhaenys einen weiteren Angriff, der sie und ihren Drachen schließlich das Leben kostet. Zwei Drachen weniger, Rhaenyras starke Verbündete umgebracht, Aemond, der ein weiteres Leben auf dem Gewissen und Cole, der als Hand des Königs direkt versagt hat. Und zu guter letzt Aegon, der nur knapp dem Tod entgeht und mit den schlimmsten Verbrennungen nicht mehr regieren kann und nur noch so dahinsiecht.
Aemond, der Wahnsinnige
Aemond, der seinen Bruder, den König, immens geschwächt hat, hat nur noch ein Ziel: seine Macht beweisen und regieren. Doch während er sich bislang immer als smart erwies, trifft er nun einige schlechte Entscheidungen. Er lässt die Stadt schließen und treibt damit die Bewohner:innen immer weiter in die Verzweiflung, die bei abgeschnittener Lebensmittelzufuhr nun nicht mal mehr die Stadt verlassen und sich anderweitig helfen können. Er entlässt seine Mutter aus dem Council. Er will die alte Hand des Königs, Otto, zurück, doch der meldet sich nicht. Er brennt Sharp Point und dessen unschuldige Bevölkerung nieder. Und er versucht seine verzweifelte Schwester Helaena dazu zu bringen, mit ihm zu kämpfen.
Alicent, die Aussortierte
Alicent merkt, wie ihr die Macht aus den Händen gleitet. Aemond schenkt ihr und ihrer Beratung keine Aufmerksamkeit mehr und nachdem sie nun weiß, dass sie einen erheblichen Teil zu dem Krieg beigetragen hat, der gerade in Westeros herrscht, will sie eigentlich nur noch aus der Situation fliehen.
Rhaenyra, die Königin
Rhaenyra ist voller Tatendrang. Sie will ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und nicht untätig zusehen oder sich auf ihren abgetauchten Ehemann Daemon verlassen. Doch vor allem möchte sie die Menschen führen und vereinen, denn sie weiß genau, dass der Winter kommt und mit ihm eine so große Gefahr, wie sie sich alle nicht vorstellen können. Sie macht Lord Corlys Velaryon zu ihrer Hand und begibt sich auf die Suche nach neuen Drachenreiter:innen, die ihre noch verfügbaren, aber bislang oder aktuell herrenlosen Drachen reiten können. Nach einigen fehlgeschlagenen Anläufen wird klar, warum wir von Beginn der Staffel an ein paar Side-Stories geliefert bekommen: Addam of Hull und sein Bruder Alyn sind Söhne von Lord Corlys Velaryon und beide bislang Seefahrer gewesen, bis der Drache Seasmoke Addam als seinen neuen Reiter auserwählt hat, nachdem er durch den vermeintlichen Tod seines ursprünglichen Reiters Laenor, Lord Corlys und Rhaenys Sohn und Rhaenyras ersten Ehemann, zwischenzeitlich reiterlos war.
Eine weitere Nebenstory entspinnt sich um den Schmied Hugo Hammer, der sich als Cousin von König Viserys I. und Daemon entpuppt und den Drachen Vermithor zähmt. Und dann wäre da noch Ulf White, der manierenlose Säufer, der sich bislang nur einen Namen durch seine fantasievollen Geschichten machte, die er im Pub von sich gab, und nun den Drachen Silverwing fliegt.
Das Finale
Die ganze Staffel fühlt sich bis zum Finale fühlt an wie die Ruhe vor dem Sturm. Ein Sturm, der sich im Finale dieser Staffel zu einem Orkan zusammenbraut. Ein Finale, in dem alles eskaliert. Doch der große Knall bleibt aus. Es wird vermutet, dass Daemon in Harrenhal eine eigene Armee versammelt, die er für sich antreten lassen wird. Rhaenyra ist nicht bereit, das zu akzeptieren und fliegt endlich rüber – ein Move, der schon viel früher hätte passieren können, uns so aber natürlich einen viel eindringlicheren Moment beschert: Rhaenyra trifft auf Harrenhal ein und sieht wie groß Daemons Armee ist, der auch ziemlich zufrieden mit seiner Leistung zu sein scheint. Doch er hat endlich verstanden, dass es in diesem Kampf um weitaus mehr als seinen Stolz geht und kniet schließlich vor Rhaenyra nieder.
Er erkennt sie endlich als seine Königin an. Dieses Umdenken scheint nicht zuletzt durch die Bilder ausgelöst worden zu sein, die ihm der Heart Tree im Godswood geliefert hat. Und Rhaenyra hat in diesem Finale eine weitere emotionale Auseinandersetzung: Dieses Mal ist es Alicent, die Rhaenyra auf Dragonstone heimsucht. Sie will aussteigen aus diesem ganzen Spiel, an dessen Ende es eh nur Verlierende geben wird und bietet Rhaenyra einen Vorteil an: Wenn Aemond in drei Tagen King’s Landing verlässt und Helaena vorübergehend das Oberhaupt ist, soll Rhaenyra die Stadt einnehmen und man wird sie gewähren lassen. Alicent ist sogar bereit, ihr dafür Aegons Kopf zu versprechen. Wenn dieser Kopf (mit Körper) nicht nur gerade schon längst mit Larys Strong auf dem Weg ganz woanders hin wäre.
Highlights und Lowlights
Mir hat die zweite Staffel „House of the Dragon“ wieder gut gefallen. Wie schon in der ersten Staffel gab es eine Episode, die ein bisschen nach unten abgefallen ist, aber der Rest bewegte sich auf einem hohen Niveau zwischen 4 und 4,5 Kronen. Besonders hervorzuheben ist aus meiner Sicht die sehr gute Darstellung der Drachen in dieser Staffel. Hier wurde CGI-technisch wirklich top Arbeit geleistet und es gab kaum einen Moment, in dem das Geschehen billig oder unnatürlich aussah. Hier wurde nicht an den falschen Stellen gespart, denn so hat das Spektakel der Drachen wirklich viel Spaß gemacht. Es gab zudem immer wieder ein paar sehr schöne Kamerafahrten und -einstellungen und die Staffel war durchweg spannend.
Am meisten mochte ich die zweite Episode, in der die Zwillingsbrüder Erryk, Teil der Königinnengarde Rhaenyras, und Arryk Cargyll, der sich den Grünen anschloss, gegeneinander kämpfen. Auch wenn ich die Namensgebung immer noch ziemlich albern finde. Jedoch ein schlauer Move, dass Arryk, nachdem er von Cole beauftragt wird, Rhaenyra zu töten, versucht, sich als sein Bruder Erryk auszugeben, um Rhaenyra näher zu kommen und sie umzubringen. Tragisch, dass Erryk ihn am Ende besiegt, sich jedoch dann selbst umbringt, da mit seinem Bruder eh schon ein Teil von ihm gestorben ist. Dieser Abschied schmerzt nicht nur Rhaenyra, sondern geht auch bei den Zuschauenden unter die Haut. Und die Schlacht um Rooks Rest, der Tod von Rhaenys und ihrem Drachen und der skrupellose Angriff von Aemond auf seinen eigenen Bruder und seinen König, war ebenfalls ganz großes Kino.
Am wenigsten haben mir an dieser Staffel dagegen die endlosen Albträume und Halluzinationen Daemons gefallen. Zunächst als interessantes Stilmittel eingesetzt, hatte ich diese Szenen schnell über und dass es nun einen Blick in die tragische Zukunft von Westeros gebraucht hat, dass der stolze Daemon zum Umdenken bewegt wird und endlich seine Frau und Königin respektiert, ist ein bisschen traurig. Auch wenn es irgendwie aufregend ist, die Bilder des Heart Trees – den dreiäugigen Raben, Daenerys und tote Drachen – zu sehen und an die Geschehnisse aus „Game of Thrones“ erinnert zu werden, so gefällt mir diese Umsetzung, der Stil und die Konstellation der Szenen nicht wirklich gut. Auch dass es am Ende der Staffel noch einen Exkurs nach Essos und zur Triarchie gibt, wirkt irgendwie fehl am Platz. Während die Nebenhandlungen im Laufe der Staffel viel zu kurz behandelt werden, als dass sie richtig durchdrungen werden können und sie sich nicht als richtiger Teil der Story greifen lassen, gibt es in der finalen Episode plötzlich ausreichend Zeit, um weitere Schauplätze und Charaktere einzuführen. Charaktere, mit deren Namen ich auch in dieser Staffel generell wieder massiv Probleme habe.
Das Ende von Folge acht ist der reinste Cliffhanger, ein einziger Marsch, ein Aufbruch. Alle sind auf dem Weg irgendwohin. Dabei geht Ramin Djawadis Musik wieder einmal, wie aber auch schon im Verlauf der Staffel, unter die Haut. Am Ende findet sie ihren Höhepunkt und die Tatsache, dass der Aussprache zwischen Alicent und Rhaenyra schließlich noch sehr viel Zeit gewidmet wird, ihre Emotionen die Möglichkeit bekommen, sich auf die Zuschauenden zu übertragen, sich das Zögern in ihren Entscheidungen zäh und zerrissen anfühlt und die Hoffnung auf eine Versöhnung wächst und doch wieder erstickt wird, bringt den Fokus der Episode letztlich doch wieder zurück. Der Gegenschnitt von Rhaenyra und Alicent, die eine blickt nach rechts, die andere nach links, die eine ist eingerahmt von den Schriftstücken über Blut und Erbe und Schicksal, die andere blickt in die Ferne und die vermeintliche Freiheit, ist sehr gelungen.
Fazit
Die Tatsache, dass nicht nur Alicent im Laufe der Staffel, sondern Otto offensichtlich schon die ganze Zeit wusste, dass Viserys Aegon nie als König auserwählt hat, macht die ganze Story noch tragischer und ungerechter. Wir müssen im Verlauf der Staffel ein paar schmerzvolle Abschiede hinnehmen, doch gleichzeitig gibt es einige Momente, in denen wir als Zuschauer:innen in der Luft hängen bleiben. Nach dem Cliffhanger ist die Erwartung an die dritte Staffel noch größer, wenn auch die Sorge darüber, dass wir uns weitere etliche Folgen auf den Tanz der Drachen zubewegen und diesen dann womöglich nur kurz tanzen, ebenfalls gewachsen ist. Wird Rhaena ihren eigenen Drachen finden? Und was hat es mit dem hölzernen Thron auf sich, von dem Helaena spricht, auf dem Ageon sitzen wird? Wird Aegon als der Peacemaker zurückkehren? Und was – und wen – wird er dann vorfinden? Das werden wir wohl nicht vor 2026 erfahren. Bitter!
Bilder: HBO
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