Anfang des Jahres hatte ich euch hier etwas zum Anfang von „How I Met Your Father“ geschrieben. Mittlerweile ist die erste Staffel des lang-erwarteten Spin-Offs zur Kult-Comedy „How I Met Your Mother“ in den USA abgelaufen (ab Juni wird die Serie auch bei Disney+ laufen), so dass ich euch einen spoilerarmen Eindruck dazu schildern möchte. Nein, wirklich legendär wird es mitnichten, aber ein Totalreinfall ist es auch nicht geworden. Beziehungsstatus: Es ist kompliziert…
Sophie statt Ted
Sophie lebt in New York City und ist auf der Suche nach „The One“ – einen Mann fürs Leben. Die naiv-romantische Seele erlebt inmitten einer ausgefallenen, kleinen Clique voller Um-die-30-Jährigen eben all die Dinge, die ein Leben in diesem Alter ausmachen: Dates, Party, Beruf. Man sieht die sich mit Lebens-Ratschlägen versorgende Truppe in der Bar, in der Wohnung oder auf den Straßen der Stadt – also alles wie beim Original.
Glücklicherweise hören die ganz krassen Parallelen zwischen Figuren der Serien bei Sophie-Schrägstrich-Ted auf. Einzelne andere Freunde besitzen zwar auch gewisse Merkmale des OG-Casts, vor allem Sid und Hannah als Marshall-und-Lilly-Ersatz, aber das fühlt sich nicht nach 1:1-Kopien an, weil glücklicherweise einige Aspekte bestimmter Figuren auf diverse verteilt wurden. Außerdem ist der Haupt-Freundeskreis etwas vergrößert und mit einigen eigenständigen Exemplaren versehen. Das führt jedoch auch zu Problemen. Zu Beginn wirkt Ellen etwas überzeichnet, schafft es aber hinten raus gerade noch, eine ausbalancierte Charakterisierung zu erhalten. Schlimmer verhält es sich mit Charlie, einem Briten, der erst kurz in der Stadt weilt und als Paradebeispiel für Klischee-Gags herhalten muss. Auch hier schafft man es im Staffelverlauf zwar, das Comedy-Abziehbild mit etwas mehr Tiefe auszustatten, aber vor allem hier zeigt sich, dass „How I Met Your Father“ leider ein paar aus der Zeit gefallene Comedy-Elemente bespielt.
Analogien und Anlehnungen
Wie bereits in meinem Review zur Pilotfolge angedeutet, verhält es sich für ein Spin-off immer schwierig, was den Bezug zur Mutterserie anbelangt. Bei „How I Met Your Father“ ist das nochmal mehr der Fall, weil die Serie nicht etwa weitere Abenteuer einer einzelnen Person oder eine Vorgeschichte oder so erzählt, sondern quasi 1:1 die gleiche Grundgeschichte mir ausgetauschten Figuren. Und einige Jahre später. In dieser Zeit hat sich die Serien- und insbesondere die Comedy-Landschaft enorm weiter entwickelt, genauso sieht die Welt selbst heutzutage (aktuell sogar sehr) anders aus, als zu HIMYM-Zeiten. Funktioniert ein solches Setting dann überhaupt noch?
Teilweise. „How I Met Your Father“ schafft es in Teilen, eine moderne Adaption des Grundgerüstes zu bieten und doch einzelne Elemente aufzugreifen, die „How I Met Your Mother“ zu dem gemacht hat, was es war. Dabei ist der Spagat zugegebenermaßen kaum zu meistern, sich weit genug vom Original zu lösen und doch ähnlich zu bleiben. In einigen Momenten merkt man, dass man bemüht, Momente entstehen zu lassen, die diesen Flair von damals entfachen können. Leider funktioniert das nicht immer, so dass ich einige Male das Gefühl hatte, man bemüht sich zu krampfhaft oder wagt es nicht, eine Sache konsequent aufzuführen. Einige Figuren, allen voran Sid und Jesse, scheinen ein paar ausgefallene Theorien und Running Gags zu haben, diese werden aber immer nur kurz angerissen und nicht konsequent in Szene gesetzt. Außerdem gibt es einige Dialoge von Sophie, die sehr nach HIMYM klingen, was aber manchmal etwas aufgesetzt wirkt. Dazu muss ich aber sagen, dass mir die geschwülstigen Kommentare zur Bedeutung von Momenten bereits im Original nicht immer gefallen haben.
Neben Stilmittel-Entlehnungen gibt es aber auch ganz konkrete Referenzen zur Mutterserie. Seien es offensichtliche Gastauftritte oder eher subtile Anspielungen. Das hätte für meinen Geschmack etwas ausgewogener gestaltet werden können, aber ich mag, dass zwar Fanservice geliefert wird, die Serie aber nicht komplett daraus besteht und sich versucht, nicht nur darüber zu definieren. Die Mischung macht’s!
Manche Gags sitzen, andere nicht
In einer Comedy-Serie sollte es natürlich nicht an Humor fehlen. Haben mich die eingespielten Lacher vor allem in der Pilotfolge noch sehr genervt, so wurde es mit der Zeit weniger. Vielleicht an Lachern, vielleicht am Genervtheits-Grad, weil sie besser gepasst haben oder ich mich schlicht daran gewöhnt habe. Insgesamt muss man aber sagen, dass „How I Met Your Father“ nicht lustig-lustig ist. Es gibt ein paar unterhaltsame Gags, für ein, zwei Schmunzler pro Folge reicht es auch noch, aber wirklich ausgefallene Comedy findet man nur selten. Gerade in Sachen Humor und Originalität kann man einem Vergleich mit dem Vorgänger kaum standhalten (zumindest, was die ersten Staffeln anbelangt). Aber HIMYM selbst wirkte bereits überspielt, wie soll da eine neue Serie Neues im gleichen Setting erschaffen, wenn selbst die Originalserie es nur noch schwer hinbekommen hat – wenn überhaupt. Viele „30-Jährige-in-New-York-Geschichten“ wurden halt schon erzählt.
Dennoch empfand ich die Staffel als kurzweilig. Das mag auch schlicht an der Kürze der Folgen liegen. Rund 20 Minuten pro Episode ist man kaum noch gewohnt. Bis auf einige kleine Kanten (die Zukunftsszenen mit Kim Cattrall als Sophie im Jahr 2050 finde ich fast alle unangenehm) ist die Erzählung selbst recht fließend gelungen. Das Timing stimmt oftmals, auch wenn viele Dinge sehr offensichtlich konstruiert worden sind. Der Cast selbst schafft es aber, aus den teilweise mittelmäßigen Dialogen einiges rauszuholen. Suraj Sharma spielt einen sehr charismatischen Sid, Francia Raisa eine selbstbewusste Valentina und vor allem Christopher Lowell kann mich als Jesse überzeugen. Ein paar Probleme habe ich in einigen Momenten mit Hilary Duff als Sophie gehabt, das könnte aber auch daran liegen, dass ich sie zuvor vor allem aus „Younger“ kannte und ich mich erstmal an die neue Rolle gewöhnen muss.
Das Ende der Staffel war das Highlight und hat aus unterschiedlichen Gründen tatsächlich ein bisschen „How I Met Your Mother“-Stimmung aufkommen lassen. Leider hat man aber auch gemerkt, dass die Zeit zu knapp war, die Geschichte vernünftig aus zu erzählen. Einige Entwicklungen in den letzten zwei Episoden wirkten gedrungen und nicht immer nachvollziehbar. Dass man nach zehn Folgen das Gefühl hatte, da sollte noch mehr kommen, ist aber ja nicht das Schlechteste Zeichen.
Puh, ich tu mich richtig schwer, das zu bewerten. Den Auftakt habe ich aufgrund ein paar charmanter Referenzen zum Original von 2,5 auf 3 Kronen hochgestuft, die Staffel wird hinten raus deutlich besser, aber irgendwie tue ich mir dennoch schwer damit, auf 3,5 Kronen zu gehen. Schwierig. Aber gut, ich will mal nicht so sein und drücke anderthalb Augen zu, um die Verbesserung im Vergleich zum Ersteindruck zu dokumentieren. Insgesamt habe ich mich nach anfänglichen Schwierigkeiten gut unterhalten gefühlt, deshalb gibt es kurzweilige dreieinhalb von fünf. Barney Stinson würde der Staffel aber vermutlich keinen Platz auf seinem Blog einräumen, dafür blieb es schlicht zu austauschbar und unlegendär. Aber einige Momente mit Ellen oder auch das Vogel-Make-up hatten Potenzial dazu! Man muss sich nur von diesem strengen Vergleich lösen (auch wenn man selbst dann keine Über-Comedy-Serie erhalten wird…).
„How I Met Your Father“ kann vor allem mit einem charismatischen Cast punkten, der eine gewisse Chemie untereinander aufweist. Gerade diese Form der Freundschaft war zentral beim Vorgänger, so dass ich Hoffnung habe, dass auch diese Gruppe zu Größerem zusammenwachsen kann. Dennoch gibt es auch eindeutige Schwächen, die aufzeigen, dass man sich entwickeln muss, da ein reiner Abklatsch des damaligen Erfolgsformates heutzutage einfach nicht mehr funktionieren dürfte. Innerhalb der Staffel ist jedoch bereits eine deutliche Entwicklung zu sehen, die mir Hoffnung macht, dass man in einer längeren zweiten Staffel mehr aufgefahren bekommt. Zweite Staffel? Ja!
2. Staffel „How I Met Your Father“?
Der Nachschub ist bereits gesichert – und das sogar in Überlänge! Hulu hat „How I Met Your Father“ bereits offizielle eine zweite Staffel spendiert, die zudem mit dann 20 Episoden doppelt so lang wie die Debüt-Season werden soll.
Surprise! 🥳 You'll be seeing more great chapters in this love story because #HIMYF has been renewed for Season 2! 💚
📸: @maddiedeutch pic.twitter.com/dUwVtuW9hh
— How I Met Your Father (@HIMYFonHulu) February 15, 2022
Für die zweite Staffel von „How I Met Your Father“ wünsche ich mir Verbesserungen auf allen Ebenen. Die Cringe-Szenen im Jahr 2050 sollten deutlich gestrafft und abgerundet werden. Das muss einfach homogener wirken. Die Freundesgruppe muss mehr gemeinsame Aktivitäten erleben, um zusammengeschweißt zu werden. Aktuell hat man noch das Gefühl, die kennen sich teilweise noch kürzer als wir sie. Zu viele Geschehnisse passieren getrennt voneinander und das wirkt noch nicht ganz ausgewogen. Außerdem sollten die angedeuteten Potenziale, was Catchphrases, verrückte Theorien und Insider-Gags anbelangt, ausgeschöpft werden. Gerade Sid und Jesse müssen mehr Bro-Momente erleben. Allgemein sollte sich die Serie auch mehr mit Ellen trauen, ohne dabei in den Bereich der Abzieh-Bild-Komik zu gelangen. Schwere Sache, ich weiß, aber gerade sie und Charlie, aber auch Valentina, bieten Möglichkeiten, besondere Momente zu erschaffen, die in Erinnerung bleiben. Auch darf sich das Storytelling selbst ein bisschen mehr trauen. Die alte „Habe da wen kennengelernt, ist alles nett, bis es nicht mehr nett ist…“-Geschichte ist auserzählt. Ich muss auch nicht sehen, wie Sophie 17 verschiedene Männer auf ernste Art und Weise datet, bis dann der eigentliche „Father“ feststeht. Ich bezweifle aktuell jedoch, dass „How I Met Your Father“ auch nur ansatzweise so lang angedacht ist, wie „How I Met Your Mother“ lief… Letztlich zeigt die Serie aber Potenzial und gute Ansätze! Wenn man die konkret und konsequent verfolgt und nebenbei einige der Schwächen ausmerzt, könnte das was werden, das über „kurzweiligen Zeitvertreib“ hinaus geht. Damit ich dann auch ruhigen Gewissens dreieinhalb Kronen oder (noch lieber) mehr vergeben kann!
Bilder: Hulu / Patrick Wymore
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