Nach einem deftigen Staffelauftakt, der die Zuschauer:innen erschüttertet hat, begleiten wir Mark Grayson alias Invincible weiter auf seinem Weg ein waschechter Held zu werden. Während das Publikum bereits weiß, zu welchen Gräueltaten sein Vater Omni-Man in der Lage ist, bleibt sein Umfeld weitestgehend noch unwissend. Einzig der Dämon Damian Darkblood, der im Mordfall der Guardians of the Globe ermittelt, schöpft Verdacht. Der Charakter, der mit seinem Schlapphut und Mantel an Rorschach aus dem Watchmen-Universum erinnert, setzt auch Omni-Mans Ehefrau Deborah in Kenntnis, die ebenfalls Zweifel an Nolans Unschuld hegt. Anders Cecil Stedman, der Damien zurück in die Hölle verbannt und Invincible auf seine erste Rettungsmission auf den Mars schickt. Klassische Superhelden-Erzählungen greifen häufig auf einen Leiter zurück, der im Hintergrund die Helden anweist. In „Invincible“ übernimmt Cecil Stedman in bester Nick Fury-Manier diese Aufgabe. Beflügelt von der geglückten Rettungsaktion auf dem Mars, schließt Mark sich mit dem Metawesen Titan (gesprochen von Mahershala Ali) zusammen, der seinen Körper in Stein verwandeln kann. Mark soll ihm helfen, sich aus den Fängen des Gangsterbosses Machine Head zu befreien. Die mit „Das hat echt weh getan“ betitelte fünfte Folge verdeutlicht, dass die Umstände in denen man aufwächst dafür verantwortlich sein können, welche Entscheidungen man im Leben trifft. Da Titan Geld für seine kranke Tochter sammelt, bleiben seine Taten zwar kriminell, aber die Motive sind nachvollziehbar.
Unerfreulicherweise hat Machine Head mit Battle Beast einen schier unbezwingbaren Leibwächter in seinen Reihen. Invincible und Titan nehmen den Kampf mit ihm auf, der Mark auf bittere Weise zeigt, dass man nicht mit Stärke allein gewinnen kann. Dass Invincible immer mehr einstecken muss, macht sich auch im Intro bemerkbar, das von Folge zu Folge mit mehr Blutspritzern versehen ist.
Währenddessen erfährt die GDA (Global Defense Agency) um Cecil Stedman von Omni-Mans brutaler Tat. Damit erweitert sich der Kreis derjenigen, die um Omni-Mans verbrecherischer Tat wissen. Auch die Anzahl an Personen, die Marks Geheimidentität kennen nimmt zu. Sein Freund Will lüftet sein Geheimnis, während einer Campustour an der Upstate University, in der Wills Freund Rick unfreiwillig von seinem Kommilitonen D.A. Sinclair zum Cyborg umfunktioniert wird. Sinclair glaubt sich im Recht, da er davon überzeugt ist, dass die Roboter die Zukunft der Menschheit darstellen und sein Genie nur verkannt wird.
Marks Freundin Amber ist hingegen verärgert, dass er ihr nichts von seinen Einsätzen als Invincible anvertraut hat. Interessanterweise ahnte sie schon, dass Mark ein Doppelleben führt. Ihr missfällt auch, dass Mark und Eve sich sehr nahestehen. Kein Wunder also, dass Mark bei Eve Rat sucht, nachdem Amber mit ihm Schluss macht. Atom Eve ist nicht nur eine gute Freundin, sondern zeigt auch eine seltene Stärke, die Figuren mit Superkräften nicht oft an den Tag legen: Die Welt lässt sich auch ohne Fausthiebe zu einem besseren Ort machen und so bricht sie auf, um Naturkatastrophen und Hunger zu lindern. Unterdessen gelingt es Robot seinen Geist in einen jungen Klon von Rex Splode zu transferieren, um Monster Girl zu gefallen – aber selbst die junge Heldin findet die Wandlung mehr als seltsam. Dass Robot Monster Girl am Herzen liegt, wird spätestens klar, als er versucht für sie ein Gegenmittel für ihre körperliche Verjüngung zu finden. Hier weicht die Serie von der Comic-Vorlage ein wenig ab. Auch sonst wurde die Geschichte etwas aufgefrischt. Zum Beispiel spielt Marks Mutter eine tragende Rolle in der Aufklärung der Morde an den Mitgliedern der Guardians of the Globe und Amber engagiert sich für wohltätige Zwecke und wirkt allgemein tougher als ihr Comic-Counterpart. Außerdem haben diverse Hintergrundgeschichten, wie die von Black Salomon, eine Frischzellenkur verabreicht bekommen.
Alles gipfelt in einem Showdown, der damit beginnt, dass Invincible seinem Vater im Kampf gegen ein tödliches Monstrum zur Hilfe eilt, das Cecil auf ihn gehetzt hat. Das tentakelige Wesen ist Cecils letzte Hoffnung, nachdem er schon sämtliche High-Tech-Waffen verpulvert hat und Cyborgs auf ihn angesetzt hat. Gleichzeitig erhält Eve einen Anruf, der Omni-Man als Schurken entlarvt. Der Wandel vom Familienvater zum unaufhaltbaren Superschurken macht einen großen Teil der Spannung der Zeichentrickserie aus. Noch weiß Mark nichts von den Morden seines Vaters, während um ihn herum immer mehr Kenntnis davon nehmen. Zu beobachten, wie Omni-Mans Frau und sein ehemaliger Partner Cecil ihre 20-jährige Beziehung zu ihm in Frage stellen ist sehr bewegend. Mark wird erst eingeweiht, als sein Vater den wiederbelebten Immortal sprichwörtlich auseinandernimmt. Das schockierende Finale entlarvt dann auch endlich die mörderischen Absichten von Omni-Man und seinem Volk von Eroberern. Die Viltrumiten züchten sich die stärksten Wesen heran und schlachten dafür sogar ihre eigenen Leute ab. Der Endkampf zwischen ihm und seinem Sohn erinnert an den Superman-Film „Man of Steel“. Darin hatte der Oberschurke Zod im Kampf mit dem Mann aus Stahl einen massiven Kollateralschaden verursacht. Ähnlich nun auch beim Kampf zwischen Mark und seinem Vater, der den Sohn sogar als Waffe einsetzt, um eine vollbesetzte U-Bahn zu zerstören. Die blutbeschmierten Bilder sind trotz der animierten Inszenierung hart an der Grenze des Erträglichen. Und anders als in „Man of Steel“ sehen wir nun die Opfer auch sterben, während Mark noch versucht im Kampf einzelne Personen zu retten. Die drastischen Bilder verleihen Marks Worten am Schluss umso mehr Gewicht.
„Warum hast du mich dazu gezwungen? Du kämpfst um zu sehen wie alles um dich herum stirbt. Denk nach, Mark. Du wirst jedes verweichlichte und unbedeutende Geschöpf des Planeten überleben. Du wirst sehen wie diese Welt zu Staub zerfällt und weggeblasen wird. Jeder Mensch, jedes schwachsinnige Ding, dass du kennst wird weg sein. Was glaubst du, was du in 500 Jahren dann noch hast?“ – Nolan
„Dich Dad. Agh… ich hätte immer noch dich.“ – Mark
Nolans Frau Deb muss all dies nicht nur mitansehen, sondern auch anhören und wird damit Zeugin, wie Nolan nicht mehr als ein Haustier in ihr sieht. Sie fällt weinend zu Boden und auch wir Zuschauer:innen sacken zusammen. Immerhin formieren sich die Guardians of the Globe neu, um den Kollateralschaden so gering wie möglich zu halten. Omni-Man verlässt den Planeten, während Mark zurückbleibt und allmählich wieder zu Kräften kommt. Auch Immortal scheint überlebt zu haben und macht damit seinem Namen alle Ehre. Schon jetzt steht fest: Es ist nicht das letzte Mal, dass wir die Held:innen aus Kirkemans Erzählung wiedersehen werden, denn Amazon Prime Video hat bereits eine zweite und dritte Staffel bestellt. Dies ist nur der Anfang einer großartigen Saga.
Fazit
Erfrischende Superheldenunterhaltung, die im weiteren Verlauf der ersten Staffel mit tiefen Einblicken in das Gefühlsleben der Figuren und neuen Schurken. Damit ist die brutale Trickserie vielen konventionellen Superheldenserien weit voraus.
Bilder: Amazon Prime Video
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