Finale! Oder auch „das Ende“, der Anfang und das Ende. Das Intro zur neuen und letzten Folge „Legion“ macht mit missverständlichen Worten klar, dass es unmissverständlich eine besondere Folge ist. Die allerletzte. Ein letztes Mal ein einzigartiges Titelschriftbild, das als Mobilé über Davids Kopf ein Abbild vom Ende und dem Anfang dieser Geschichte darstellt. Passt. Dann erhalten wir noch einen ersten Schnelldurchlauf durch Davids Lebensphasen präsentiert, eine kleine Zeitreise durch drei Jahre und Staffeln der Serie.
„Lessons in time travel, chapter zero: Who we were does not dictate, who we will be. But often it‘s a pretty good indication.“ (David)
Es beginnen die Vorbereitungen für den großen Endkampf. Vater-Sohn-Gespann gegen Doppel-Farouk, ach, was für ein Knaller auf dem Papier! Nach dem kleinen Goldfish-hinterm-Ohr-Trick zieht sich David einen klassischen Lichtmorgenstern empor und Dad eine kleine Lichtpatrone. Kann losgehen!
„Your turn.“ (David)
Und zunächst geht es auch ordentlich los. Wir sehen Legion in Mehrpersonen-Action gegen Classic-Farouk – mehr Legion und David(s) als in dieser Folge gab es noch nie in der Serie zu sehen. Farouk schafft es jedoch irgendwie, sich in eine Selbstliebhab-Jacke zu verwandeln und David vorerst in Schach zu halten. Doch die Macht der Musik bringt ihn zurück! Äh, der Mutterliebe. Die Musical-Nummer kam jetzt zunächst nicht so super bei mir an, hatte aber wichtige Aussagen zur Mutter-Sohn-Konstellation parat. Und so eine pogende Legion hat doch auch was für sich, oder nicht?
„Mother do you think, they‘ll like this song?“ (David)
„I suppose, this makes us dance partners, does it not?“ (Farouk)
Papas Lichtkugel hat auch gesessen, meint man, aber auch hier handelt es sich lediglich um einen beliebten Theatertrick. Und dann wird plötzlich alles anders, denn die „alten Herren“ klären die Sache einfach mal bei einem Bierchen, reden über „Zwietracht“, das Aufziehen eines kleinen Jungen und somit quasi über Gott und die Welt. Selbst Classic-Farouk wird vom „alten „Farouk mit Schnelldurchlauf Nummer 2 der Episode in ein Stadium der Rührung beruhigt.
Ein bisschen Kampf gibt es dann aber doch noch. Die Flucht vor den Zeitfressern in der alten Villa bleibt in der alten Villa, da es kein Entrinnen gibt. Zunächst zumindest.
„Spaghetti. My brain is full of spaghetti.“ (Cary)
Kerry ist im absoluten Beast Mode und bringt Schwert-schwingend lauter Zeitfresser um, was mal wieder visuell verdammt stark inszeniert war. Dabei altert sie jedoch rapide, was ebenso ziemlich nett inszeniert wurde.
„It‘s nothing. It‘s just a little arthritis. We‘re still deadly.“ (Kerry)
Switch flüchtet vor den Zeitfressern in den Zeitkorridor, um sich letztlich dort ihrem zahnlosen Schicksal zu ergeben. Aber siehe da: Papa ist da, die Zeit ein Meer anstelle eines Flusses und die Zähne nur ausgefallene Zeitreise-Milchzähne, die durch ein neues Set Zeitreise-Weisheitszähne ersetzt wurde. Welch schöne Analogie. Für einen kurzen Moment hatte ich gedacht, Switch würde selbst zu einem Zeitfresser, aber nein, die finster lachenden Dinger sind eigentlich eine Art Zeit-Beschützer-Schosstiere, die auf Kommando Pfote geben können. Als vierdimensionelles Wesen kann Switch die bedrohlichen Zeitfresser aus der Villa befehligen und oben drein gibt es noch einen schön ironisch passenden Spruch von Papa Zeitreise, der „we both just needed time“ meinte – hihi.
„What just happened?“ – „I think we saved the world.“ (Kerry & Syd)
Für David gibt es auch sowohl ordentlich Vaterliebe als auch Zeit. Denn letztlich bekommt er einen Neustart. Nicht der spätere, sondern der frühere David. Allgemein ist die Abschlusssequenz voller rührender Szenen, die die Verbindungen zwischen etlichen Figuren noch einmal unterstreicht und intensive Emotionen verbreitet.
„You okay, old man?“ – „I don‘t think you can call me that anymore.“ – „Then… How about ‚brother‘?“ – „That works well enough.“ (Kerry & Cary)
„I have to say, I didn‘t think you‘d help me.“ – „I didn‘t. I helped him.“ (David & Syd)
„Be a good boy“ gibt es dann als letzte Worte für uns und David zu hören, ehe die letzten Zukunftspersonen verblassen und Platz für den neuen Anfang machen.
Ich muss gestehen, mehr erwartet zu haben. Für mich war dieses Serienfinale im Vorfeld als einer der wenigen „5 von 5 Kronen“-Kandidaten unterwegs. Jetzt sind es dann doch „nur“ derer vier geworden. Dass es immerhin noch so viele geworden sind, liegt an der gewohnt originellen Aufmachung, den vielen tollen Dialogen und emotionalen Momenten. Auch wurden ja an sich einige wichtige Dinge abgeschlossen, aber wie gesagt, hatte ich es epischer erwartet.
Dass der große Endkampf kurzerhand mit einer Runde Bier abgebrochen wird, ist in gewisser Weise mal wieder ein Bruch mit Klischees und Erwartungen. Aber eben auch ein Fingerzeig für die Wirklichkeit. Ob sich kloppende Kinder, streitende Nachbarn oder im Krieg befindliche Nationen – redet doch erst einmal miteinander. Lasst den anderen zu Wort kommen, versetzt euch in deren Lage. Dann kann unnötiges Unheil vielleicht verhindert werden. Aber: Das hier ist nicht die reale Welt. Das ist eine Science Fiction-Serie mit allmächtigen Mutanten. Dass die dann auf einmal „Ach, warte mal!“ sagen, wirkt dann doch seltsam.
Dass keine weiteren der Cast-Personen gezeigt werden, ist in gewisser Weise verständlich, sind ja alle tot. Einen Ausblick auf das zu kommende neue Leben hat man sich gespart, bzw. lässt es der Zuschauer-Fantasie, wie sich das wohl entwickeln dürfte. Was mich daran etwas stört, ist das Verbleiben der „alten“ Versionen von Syd, David und Farouk, die augenscheinlich einfach durch das „Reinemachen“ von Switch zumindest aus dieser neuen Zeitebene verschwinden. Zurück in ihre alte, wo alles dem Untergang geweiht ist? Insgesamt ist mir hier einiges zu leicht und schnell abgehandelt worden. So wurde zwar ein großes Denkmal für die Wichtigkeit von Familienliebe geschaffen, aber dass plötzlich der Klischee-Grund Nummer Eins für Negativausbrüchige die finale Erklärung und Lösung ist, wirkt dann doch eher un-mutantisch. Aber wie gesagt – man hat so mit Klischees gebrochen und letztlich doch kurzweilige und stets schön anzuschauende Unterhaltung geliefert, die zum Nachdenken anregt. Dennoch war da mehr drin. Vielleicht ja dann im neuen Leben.
Review: Legion – Staffel 3
So schnell kann es gehen, nach gerade mal acht Episoden ist die dritte und letzte Staffel „Legion“ auch schon vorbei. Dabei konnten wir uns über ein insgesamt doch erfreulich stabiles und hohes Niveau erfreuen.
Vor allem „Chapter 20“ mit dem Auftakt zur Staffel und dem ganzen Zeitreise-Thema, sowie „Chapter 23“ konnten mich sehr überzeugen. Allgemein war die Aufmachung erneut sehr kreativ, die Spezialeffekte haben gesessen, die Fantasie hat regiert und die Handlung konnte im Grunde genommen auch abgeschlossen, oder zumindest in eine andere Zeitebene verfrachtet werden. Auch wenn immer wieder kreativ vor allem visuell mit dem Thema Zeit(reise) umgegangen wurde, hatte ich doch das Gefühl, dass in Sachen konkreter Handlung nicht das ganze Potenzial ausgeschöpft werden konnte. Und nein, das sage ich nicht nur, weil meine Theorie, dass Syd zu Melanie wird, nicht eingetreten ist… Wirkliche Ausfälle gab es nicht, aber auch perfekte Folgen sind keine da – trotz Serienfinals. Aber heutzutage kann man ja froh sein, wenn ein Finale zumindest mal nicht komplett versagt. Die enorm hohen Erwartungen hat sich „Legion“ letztlich selbst im Laufe der Staffeln erarbeitet.
Tschüss, „Legion“!
Nur 27 Kapitel oder Episoden, und doch konnte „Legion“ einen gewaltigen Eindruck hinterlassen. Ab Folge 1 (Review) war klar, dass „Legion“ anders als die anderen Superhelden- und Marvel-Serien sein würde. Die Machart hat sich getraut, den Verstand der Zuschauer herauszufordern. Sei es durch komplexe Erzählebenen oder fantasiereiche visuelle Darstellungen. Dabei wurde sich selten wiederholt, viele Details bis ins Kleinste ausgearbeitet und viel Liebe in die Entwicklung der Figuren gesteckt. Auch wenn es etwas schade ist, dass wir Lenny und Co. zum Ende hin nicht mehr wirklich zu sehen bekommen haben, so haben sie doch alle unser TV-Leben bereichert. „Legion“ hat es zudem geschafft, eine Geschichte, die nicht immer leicht zu folgen war, nicht bis ins Unendlich auszudehnen und vor allem zu verkünsteln und Schluss zu machen, wenn Schluss ist. Stets hat man den Spagat zwischen Fernsehkunst und konkreter Handlung schaffen können.
Eines meiner absoluten Highlights war übrigens „Chapter 14“ aus Staffel 2, mit den vielen Davids, die in unterschiedlichen Gesellschaftsschichten gezeigt werden. Daran werde ich mich lange erinnern. Danke für drei tolle Jahre sehr starker Fernsehunterhaltung!
Bilder: FX
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