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Frisches aus dem X-Men-Umfeld

Review: Legion Season 1

1. April 2017, 15:30 Uhr
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Aktuell kann man nicht sagen, dass es zu wenig Superhelden-Serien gibt. OK, DC rechne ich jetzt nicht als Ideengeber für gute Superhelden- oder Comic-Serien dazu, da das Angebot einfach mau ist. Aber auch alleine durch die Marvel-Serien bleibt genug für Comic-Fans übrig: Die Netflix-Serien zum Beispiel, Agents of S.H.I.E.L.D. oder jetzt auch Legion. Noch eine Serie aus dem Marvel-Universum? Jein, muss man sagen. Ist zwar eine Marvel-Serie, gehört aber nicht zum aktuellen Marvel Cinematic Universe, sondern ist mehr der X-Men-Sparte zuzurechnen. Und auch hier muss man wieder vorsichtig sein: Zwar gibt es verschiedene Verbindungen – die Hauptfigur David Haller zum Beispiel ist ein Sohn von Prof. Charles Xavier – aber ob es zu richtigen Crossovers kommen wird, ist ungewiss: Dafür liegen die Rechte für die verschiedenen X-Men leider bei verschiedenen Studios. Fraglich also, ob wir David Hallers Vater mal in einer zweiten Staffel von Legion sehen werden. 2. Staffel? Ja, die wird es im kommenden Jahr geben. Wir befassen uns aber erstmal mit der kurzen Staffel 1, die alleine schon mehr als sehenswert ist. Maik, Tobias und Peter hatten das im Review zum Staffelauftakt schon angedeutet.

Mich hat die Staffel ebenfalls vom Auftakt an begeistert. Das liegt an den vielen Faktoren, die für mich gut sein müssen, damit mich eine Serie begeistern kann. Eine clevere Story, gut angelegte Charaktere und überzeugende Darsteller, eine sorgfältige Inszenierung, ein mitspielender Soundtrack, eine solide Optik und ein gewisses Überraschungsmoment.

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An der Story mag ich, dass sie neu und unverbraucht ist. Vom actiongeladenen Superhelden-Kram anderer Serien hebt sich Legion direkt ab. Alles wird zunächst einmal ruhig erzählt, fast schon zu langsam. Man muss sich als Zuschauer gedulden, um zu verstehen, worum es hier geht. Ist das wirklich eine geschlossene Anstalt, in der wir uns befinden? Und welche Probleme hat David? Kann Syd wirklich nicht angefasst werden, oder ist das nur Einbildung? Alles treibt ruhig vor sich hin, bis zum ersten kompletten Wandel am Ende der ersten Folge. Auf einmal befinden wir uns mitten in einem Superhelden-Gefecht und werden am Ende quasi Teil des Teams, in dem sich David die nächsten Folgen über bewegen wird.

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Ab der zweiten Folge wird’s dann immer verwobener. Mal befinden wir uns in Davids Gedanken, mal in der Realität. Wobei man irgendwann auch nicht mehr weiß, was jetzt Realität und was Wirklichkeit ist. Befindet sich alles in Davids Gedankengebilde? Oder ist das Leben in der Anstalt die einzige Realität? Oder sind wir in der erzeugten Erinnerung von Ptonomy Wallace gefangen. Als wir dann Mitte der Staffel in der Astral-Ebene bei Oliver landen und später offensichtlich ein Wechsel zwischen Astral-Ebene und Realität möglich ist, ist die Verwirrung vollends da. Zudem kann Syd zwischen sich und anderen springen, so dass auch hier nochmal eine Gedanken-Kreuzung möglich ist. Insgesamt sehr fein angelegt.

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Auch die Charaktere sind gut angelegt – und werden toll verkörpert. Eigentlich fällt niemand aus seiner Rolle. Man kann sich direkt mit jeder Figur identifizieren, alle haben ihre eigenen Ticks und Besonderheiten, für die sich Showrunner Noah Hawley außerdem ausreichend Zeit nimmt, um diese zu entwickeln und zu erzählen. Mir hat es Cary Loudermilk, gespielt von Bill Irwin, besonders angetan – mag ich irgendwie. Und Oliver Bird (Jemaine Clement) ist natürlich auch ein Highlight. Selbst bei den düsteren Charakteren wurde auf jede Menge Details geachtet, so dass man sich die Figuren gerne ansieht. Allen voran natürlich Aubrey Plaza, die unter anderem als Lenny Busker überzeugt. Sie schlüpft in verschiedene Ausprägungen des Charakters, verkörpet den Shadow King, scheint am Ende zu zerfallen. Insgesamt wird man einige Darsteller aus Fargo wiedererkennen – kein Wunder, stammen doch beide Serien von Noah Hawley. Und auch Jeff Russo ist wieder mit an Bord – er ist wie bei Fargo für den Score verantwortlich, was ihm bei Legion wieder auf besondere Weise gelingt. Der Score bildet eine Einheit mit dem Visuellen, passt auch mal wieder wunderbar zusammen. Auch die Zwischenstücke, wenn Oliver den Plattenspieler bedient oder singend das Haus verlässt, sind klasse.

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Apropos visuell: Die Serie sieht durchgehend gut aus, mir gefällt vor allem das abwechslungsreiche Spiel zwischen real inszenierter Optik, gemalten Sequenzen, dem Wechsel in Schwarzweiß oder in eingefärbte Optiken, je nach dem, wie es die Story verlangt. Hier achtete Noah Hawley auf ein schlüssiges Gesamtgebilde, was ihm praktisch nie aus den Händen gleitet. Die Auftaktfolge hat er auch selbst inszeniert, danach kann er sich auf gut, erfahrene Regisseure wie Michael Uppendahl und Larysa Kondracki verlassen, oder die innovative Herangehensweise eines Hiro Murai nutzen. Alle inszenieren sehr kreativ, mit einem eigenen Stil, aber doch als Einheit über die acht Folgen gesehen.

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Und dann gibt es natürlich diverse Überraschungsmomente, angefangen vom schon erwähnten Ende der ersten Staffel, über diverse Momente, wenn der Shadow King in seinen verschiedenen Formen auftaucht, bis zu den verwirrenden Situationen, in denen man nicht mehr weiß, ob es Realität, Davids Welt, irgendjemandes Erinnerungen oder sonst was ist. Die Momente machen selbst vor dem Ende nicht Halt – was übrigens hervorragend gelungen ist. zunächst die Happy End-Situation, wenn für David & Co. alles gut zu sein scheint. Dann Olivers Abreise, singend ins Auto steigend, aber besessen vom Shadow King. Dass das so ist, wird uns offensichtlich präsentiert, so dass man fast schon enttäuscht denken möchte: War’s das? OK, der Ausklang gelingt dann mit einer tollen Verwendung von T.Rex „Children of a Revolution“, passt von Stimmung und Inhalt. Dann aber mitten im Abspann gibt’s Marvel-like doch noch einen zweiten Cliffhanger. DAS ist wirklich sehr nice gemacht und sorgt für einen gelungen Abschluss der 1. Staffel.

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Insgesamt hat mich die Staffel wirklich begeistert. Das war mal wieder ein Serienmoment, das aus dem mittlerweile riesigen Angebot absolut heraussticht. Spannend, abwechslungsreich, visuell faszinierend, clever erzählt: So machen Seriengucken Spaß. Schön, dass es eine Fortsetzung geben wird.

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Samstag, 1. April 2017, 15:30 Uhr
LegionNeue SerienReview
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Ein Kommentar

  • Ich fand die Staffel auch außerordentlich, vor allem im Vergleich zum sonst recht einheitlichen Superhelden-Brei. Leider ist der ganz große Twist, wie wir ihn uns nach der Pilotfolge noch ersponnen hatten, ausgeblieben. Ebenso war es mir zwischendurch dann doch etwas zu viel (bzw. aufgedrückte) Symbolik – damit es auch ja jeder versteht.
    Aber ja: Viele tolle Aufnahmen, gutes Spiel, schön verworrene Story. 4-4,5 Kronen.

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