Am Ostermontag lief bei itv die erste Folge von „Maigret“ mit Rowan Atkinson („Mr.Bean“, „Blackadder“) in der Hauptrolle. Die Serie ist vor allem im Vergleich zu heutigen Drama- und Crimeserien ein echtes Experiment, was aber, wenn man sich die Quoten anschaut, durchaus als semi-erfolgreich gewertet werden kann. Ein Absturz sieht anders aus. Neben dem etwas genrefremden Besetzungscoup um Atkinson setzt die Produktion auf Spielfilmlänge und eine eher klassische Verfilmung anstatt einer Neuinterpretation. Ich nehme es mal vorweg, für Freunde der Romane dürfte die Serie durchaus interessant sein, wer aktuelle Drama- und Crimekost sucht, wird mit „Maigret“ wahrscheinlich nicht wirklich glücklich werden.
ITV hat mit Atkinson eine vertragliche Vereinbarung über zumindest zwei Folgen getroffen, die erste lief wie erwähnt am Ostermontag, die zweite Folge „Maigret’s Dead Man“ (#29 „Maigret und sein Toter“) wird im Laufe des Jahres auch noch ausgestrahlt. Die Premiere basiert auf den Maigret Roman „Maigret stellt eine Falle“ (#48 ) – konnte man sich aufgrund der Überschrift wohl denken. Ob aus der vertraglichen Bindung eine über Jahre hinaus glückliche Beziehung wird, muss man abwarten. Aber springen wir vor den finalen Gedanken doch einfach mal schnieke in die Handlung.
Handlung
Paris wird seit geraumer Zeit von einer Mordserie an jungen Frauen erschüttert. Die Polizei tappt im Dunkeln und auch Maigret weiß sich so recht keinen Reim auf die Mordserie zu machen. Zwischen den Damen besteht eine einzige Parallele: sie haben dunkles Haar. Das war es auch. Die Damen werden nicht ausgeraubt, nicht vergewaltigt. Da der Druck der Öffentlichkeit und auch durch die Politik immer größer wird, holt Maigret zu einer großangelegten Aktion aus. Er lässt Polizeibeamtinnen auswählen – dunkelhaarig – und auffällig im 18.Arrondissement (also dem Vergnügungsviertel rund um Montmartre) auftreten, in der Hoffnung, dass der Mörder sich als nächstes Opfer eine der Polizistinnen aussucht.
Und diese Falle schnappt zu. Der Serienmörder kann zwar entfliehen aber durch die Aussagen der Polizistin und einem abgerissenen Mantelknopf kommt die Polizei auf eine erste, heiße Spur.
Im Laufe der Ermittlungen stößt man auf den Künstler Marcel Moncin, der zwar ein Alibi vorzuweisen hat, aber vom erfahrenen Maigret dennoch in Gewahrsam genommen wird. Hat Maigret den richtigen Mann in seiner Zelle?
Es sieht danach aus doch dann geschieht ein weiterer Mord. Ist Moncin doch unschuldig?
Meinung
Wie schon angedeutet, ist „Maigret“ eine eher klassische Verfilmung des Originalstoffes und keine Neuinterpretation wie die „Sherlock“ Reihe. Man darf daher keine mehrschichtige, verkomplizierte Charakterdarstellung und Motivation des Mörders erwarten. George Simenon war ein Vielschreiber, der seinen französischen Kommissar in 75 Romanen und 28 Erzählungen in einem Zeitraum von 40 Jahren auf Verbrecherjagd geschickt hat. Die Fälle und Geschichten sind größtenteils alle nach dem gleichen Schema aufgebaut und der Fall von erfahrenen Krimilesern schnell zu entschlüsseln. Was bleibt, wenn man es besonders kritisch betrachten möchte, ist ein uriger und sehr sympathischer Kommissar Maigret.
Man hat sich als Leser also ein recht genaues Bild von jenem Maigret gemacht, und sind wir mal ehrlich, Rowan Atkinson dürfte in keiner Phantasievorstellung auch nur eine gewisse Ähnlichkeit mit dem bulligen Kommissar aus den Originalerzählungen vorweisen können. Aber Atkinson macht seine Sache aus meiner Sicht wirklich gut, er spielt seinen Meisterermittler sehr, sehr schweigsam, beobachtend, fast schon depressiv. Gedanklich immer schon einen Schritt weiter, mit der Pfeife (seinem Markenzeichen) im Mund oder zumindest in der Hand. Ich hatte nicht das Gefühl, dass sich Atkinson bewusst bremsen müsste, die Figur hat natürlich so überhaupt nichts mit einem Mr.Bean oder einem Edmund Blackadder gemein.
Es liegt wohl eher an der inneren Erwartung des Zuschauers, dass man hastige Bewegungen und schnatterige Dialoge sucht – die aber nicht kommen. Und das einem am Anfang etwas verunsichert, wenn man sich dann aber auf diesen Maigret einlässt, kommt man gut mit ihm zurecht. Bis auf die nicht vorhandene Körperfülle scheinen Atkinson und die Produzenten ihren Maigret sehr nah am Original aus den Erzählungen angelehnt zu haben. Passend eben zur gewählten Umsetzung des Stoffes.
Was ich persönlich etwas schwierig finde, ist die Länge der Folge. 90 Minuten ist schon ein hartes Brett auch für den geübten Seriengucker. Denn auch wenn man großartige Bilder zu sehen bekommt, die Setausstatter scheinen Überstunden geschoben und das Budget mehr als ausgereizt zu haben, so bleiben einige Szenen inhaltlich doch etwas zurück. Will sagen, eine kürzere Version von 50-60 Minuten hätte der Umsetzung bestimmt gut getan. Denn auch wenn der Cast durchaus überzeugen und mit David Dawson („Ripper Street“, „The Last Kingdom“) als Moncin und Fiona Shaw („Harry Potter“, „True Blood“) als seine Mutter zwei durchaus bekannte Gesichter vorweisen kann, wirklich brillieren kann aufgrund der wenigen inhaltsvollen Szenen keiner.
Für Fans der klassischen Romane und einer gemütlichen Geschichte, der man auch ohne Rechenschieber und Gedankenmodelle folgen kann, sei „Maigret“ zu empfehlen. Alle anderen Serienfans sollten die DVD vielleicht eher als Geschenk für Bücherwürmer in Erinnerung behalten, denn diese kommen – wie schon eingangs erwähnt – durchaus auf ihre Kosten.
Bilder: itv
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