Ja, ich weiß, ich bin spät dran. Bereits vor ziemlich genau einem Jahr hat die deutsche Serienproduktion „MaPa“ auf Joyn PLUS+ Premiere gefeiert, wie wir euch hier geschildert hatten. Seit Kurzem und noch bis 16. Mai 2021 ist die selbstbetitelte „Sadcom“ jetzt auch in der ARD Mediathek zu sehen, nachdem das Grimme-nominierte Format vorher im linearen Programm des rbb gelaufen war. Ich möchte mit diesem spoilerarmen Review einen Serientipp für ein ganz und gar besonderes Format abgeben, das sich nicht davor scheut, Normalität statt Spektakel zu bieten.
Worum geht’s in „MaPa“?
Im Mittelpunkt der Serie steht Metin (gespielt von Max Mauff). Okay, eigentlich die kleine Lene, aber die ist größtenteils damit beschäftigt, zuckersüß zu sein. Ein bisschen Geschrei und Geblubber oder auch das ein oder andere Greifen gibt es von ihr auch zu sehen, aber das Kleinkind ist eher inhaltlicher Ankerpunkt der Story. Denn Metin ist alleinerziehender Vater. „MaPa“ schafft es erzählerisch gehaltvoll, die Umstände dieser Situation nach und nach aufzurollen. Wir Zuschauer nehmen so in gewisser Weise die Rolle einer außenstehenden Person ein, der sich Metin eben nicht direkt öffnen möchte.
Authentizität statt Spektakel
Der große Pluspunkt von „MaPa“ ist, dass es eigentlich gar keinen wirklichen gibt. Das klingt jetzt komisch, aber würde man die Handlung der sechs Episoden jeweils zusammenfassen, wäre man recht schnell damit durch. Dabei ist die Story weder komplex, noch voller Wendungen, noch außerordentlich geschrieben oder voll phänomenaler Cinematografie. Viele Aspekte bewegen sich auf grundsolidem bis gutem Niveau, aber nichts sticht wirklich heraus. Der Fokus liegt auf der Authentizität. Wobei es mit „Blabla“-Dialogen im Möbelhaus oder der kreativen Einbindung des Serienschriftzuges zum Beginn einer Folge durchaus immer mal originelle Elemente zu sehen gibt.
Die Geschichte ist aus dem Leben gegriffen und stellt dieses auch mehr oder weniger 1:1 dar. Es wird sich Zeit genommen. Viel Zeit. Dialoge fühlen sich wirklich wie solche an, gehen teilweise über mehrere Minuten, ohne dass man gescriptete Sprünge vernimmt. Vor allem wenn Metin mit seiner Mutter spricht, fühlt man sich wie in einer Diskussion, von der uns kein einziger Nebensatz vorenthalten wird. Und das, obwohl gerade diese Gespräche nicht zu den schönsten gehören.
Das Spiel mit der Trauer
Lene ist als kleiner Sonnenschein allgegenwärtig, gegen die tiefe Trauer des Verlustes scheint sie aber auch nicht ankommen zu können. Und so dümpelt Metin durch sein Leben – zwischen Windeln und Mitleid. Hundemüde und Menschenmüde. „Mütend“, würde man heutzutage vielleicht sagen. Aber genau das sind die Aspekte, die viele Zuschauer:innen nachvollziehen können. Hoffentlich nur die allerwenigsten den schmerzlichen Verlust eines geliebten Menschen, aber das Elternsein haben dann doch viele er- und durchlebt. Und das erscheint mir in „MaPa“ durchaus realistisch abgebildet, auch wenn ich das nur durch Beobachtungen bei Freunden und Bekannten stützen kann.
Die Hektik, das Multitasking, die Müdigkeit, die Kita-Suche – viele Aspekte des modernen Elternseins werden thematisiert. Aber nicht nur das, auch andere gesellschaftliche Themen werden zumindest angerissen, was aber auch in der Kürze durchaus mit klarem Standpunkt passiert. Rassismus, Diskriminierung. Oder auch die Akzeptanz einer Teilzeitstelle am Arbeitsplatz. All die Probleme und besonderen Umstände, die Eltern seit jeher kennen und nerven, plus die, die uns alle etwas angehen. Dabei wirken die Einflechtungen größtenteils organisch und nachvollziehbar. Nun gut, bis auf die Sache mit der Soap-Opera-Redaktion, aber die ist bewusst auf Meta-Kritikebene angelegt.
Und es ist nicht so, als würde man im Laufe der drei Stunden „MaPa“ nur beim Trübsalblasen zuschauen und selbst in tiefe Trauer stürzen. Die Serie hat auch ihre lustigen Momente. Dosiert eingesetzt und öfter mal eher mit einem überraschten Schmunzler bedacht, aber die Balance stimmt größtenteils. Dennoch ist „MaPa“ nichts für „mal eben zwischendurch“ und keine Antwort für die Suche nach spektakulärer Kurzweiligkeit. „MaPa“ hat Herz und Charakter, aber eben auch ein erstes Thema, das gebührend inszeniert worden ist.
Mir hat „MaPa“ gut gefallen. Die Geschichte wird unaufgeregt und vor allem authentisch erzählt. Nebenfiguren, wie der beste Kumpel Tom oder ein ambivalenter Fahrradverkäufer, schaffen es, den Folgen charakterliche Noten zu verleihen und Max Mauff spielt den melancholischen Vater durchaus überzeugend. Wer eine neue Comedy-Serie sucht, ist hier falsch, aber wer sich darauf einlassen möchte, den ganz besonderen Abschnitt eines Lebens ausführlich erzählt zu bekommen, sollte sich die Zeit nehmen. Dafür wird man dann mit vielen Denkanstößen belohnt.
Kommt eine 2. Staffel von „MaPa“?
Nein, leider nicht. Zumindest vorerst nicht, denn Joyn hat die Serie nach einer Staffel abgesetzt. Aber wer weiß, vielleicht bringt die neuerliche Aufmerksamkeit durch die Ausstrahlung im rbb bzw. der Mediathek-Verfügbarkeit ja neue Dynamik in die Sache, so dass entweder Joyn zum Sinneswandel kommt, oder sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen (oder wer anders) die Produktion komplett einverleibt und eine Fortsetzung produziert. Ich bin mir sicher, dass ich nicht der einzige wäre, der sich darüber freuen würde.
Bilder: Joyn
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