Seit ein paar Tagen dürften sich insbesondere Trailerfans bauchgepudert fühlen, was da über uns einbricht, ist seriesly Wahnsinn. Egal wohin man schaut: Trailer, Trailer, Trailer. In der heutigen schnelllebigen Zeit scheint es nicht nur fast so, man bekommt in der Tat an jeder Ecke des Internets das Gefühl serviert, dass man nichts verpassen darf, erst recht nicht bei den neuen Serien der kommenden Season. Wenn man da aufs falsche Pferd setzt, kann man schon mal unnütze Lebenszeit verplempern. Und Zeit ist doof, die bekommt man in der Regel nämlich nicht zurück.
Von daher macht es hin und wieder Sinn einen Blick zurückzuwerfen, dies niederzuschreiben und unter Umständen anderen Serienfreunden dadurch einen Hinweis an die Hand zu geben, ob sich eine Serie oder eine Staffel lohnt. Seit ein paar Tagen läuft bei Syfy die zweite Staffel von „Marvel’s Agent Carter“ in deutscher Erstausstrahlung. Es ist daher definitiv die richtige Zeit einen Blick zurück zu werfen.
Dazu passend habe ich erst gestern die letzte Folge „Hollywood Ending“ gesehen. Reichlich spät aber was soll man machen, ihr wisst ja, die Zeit kommt nicht zurück.
Handlung
Die Handlung spielt dieses Mal in Kalifornien, genauer gesagt in Los Angeles. Dorthin reist Peggy um Chief Sousa bei einem besonders kniffligen Fall zu helfen. Wie sich im Laufe der Staffel herausstellen wird, haben wir es mit zwei außergewöhnlichen Dingen zu tun: Zero Matter und Peggys Zuneigung zu zwei Männern wobei sich beides aber am Ende auflösen wird. Einmal sogar im wahrsten Sinne des Wortes.
Zero Matter ist eine Materie, die einen Wirt benötigt und diesen befähigt, andere Materie, vorzugsweise Kritiker des eigenen Handelns, in sich selbst aufzunehmen, dadurch stärker zu werden und nebenbei auch noch die Gruppe der Widersacher zu dezimieren. Win-Win-Win. Der Wirt ist hier eine Frau, verkleidet als verkappte Schauspielerin aber eigentlich wäre sie lieber Wissenschaftlerin, die den großen Antagonisten der Staffel darstellen soll: Whitney Frost.
Die Comicfreaks unter Euch – oder Leser des Reviews zur ersten Hälfte der Staffel – wissen von welcher Person wir hier reden: Madame Masque. Whitney Frost ist aber nicht die einzige Person, die in Kontakt zu Zero Matter gekommen ist, wir hätten da noch den Wissenschaftler Jason Wilkes, der ursprünglich an Zero Matter geforscht hat. Auch dieser wird von der Masse infiziert aber nicht so schwer, bei ihm sind die Nebenwirkungen aber recht nett: er ist eher ein Hologramm denn ein Mensch. Er kann also Vision-mäßig durch Wände gehen. Dumm nur wenn man einer der auserwählten Männer ist, die Peggy Carter in dieser Staffel küssen soll. Schwierig so ohne eigene Masse.
Daniel Sousa: “This is a bad plan.” Jarvis: “It’s a horrible plan!” Peggy: “It’s a solid plan.”
Im Laufe der zehn Folgen versuchen sich Peggy, Jarvis und Wilkes das notwendige Wissen zu erarbeiten, wie man Zero Matter „einfangen“ und vor allem die Machtpläne Frosts stoppen kann. Am Ende kann man die Gefahr dank Hilfe von Howard Stark bannen und auch Frost von ihrem „Leiden“ erlösen. Auch wenn diese davon absolut nicht erfreut zu sein scheint.
Der zweite Auserwählte in Sache Peggy ist natürlich Chief Sousa, der aber die meiste Zeit über mit einer Krankenschwester verlobt ist. Diese hebt zum Ende der Staffel aber die Verlobung auf, da sie bemerkt, dass zwischen beiden immer noch ein besonderes Band geknüpft ist. Das Ende der letzten Folge lässt zumindest darauf schließen, dass sich beide nicht das letzte Mal gesehen haben sollten.
Meinung
Ich will gar nicht um den heißen Brei herumlamentieren, auch als Freund der Figur Peggy Carter im Allgemeinen und der Schauspielerin Hayley Atwell im Besonderen muss auch ich (an)erkennen, dass die Story hanebüchen und an den Haaren herbeigezogen ist. Außer in den ersten Folgen der zweiten Hälfte kommt keine echte Gefahr für unsere Helden auf und Whitney Frost endet auch recht kläglich beim Versuch, eine angemessene Gegnerin unsere Superagentin Peggy Carter zu verkörpern. Leider kein Vergleich zur soliden ersten Staffel was den Handlungsplot betrifft.
Die einzige echte Gegenspielerin, Dotti Underwood, spielt zwar auch eine Rolle in dieser Staffel, allerdings wird sie zur Unterstützung Peggys gebraucht, die wenigen Szenen der beiden Damen gehören aber neben den Szenen mit Jarvis und Peggy zu den besseren Minuten der Staffel, zu den wenigen richtigen Lichtblicken.
Damit will ich nicht sagen, dass man sich die Staffel oder gar die gesamte Serie nicht geben muss. Wenn man handlungsfixiert ist und daraus seinen Unterhaltungswert zieht, so wie Zero Matter die Materie aus einem menschlichen Körper, dann ist „Peggy und die Agenten“ wirklich nicht erste Wahl für einen Sonntagnachmittag vor dem Fernseher. Aber es gibt einige Gründe, warum man die Serie dennoch genießen kann.
Zum einen hätten wir einen sympathischen Abklatsch und smoothes Setting der Serie durch die Verortung der Handlung in die ausgehenden 40, beginnenden 50iger Jahre. Die Haarpomade glänzt, aus den Autoradio der quietschbunten Cadillacs schallt nette Musik und das tolle Gefühl der Nachkriegsjahre sprießt der Serie aus allen Poren. Und vor allem die Ladys in ihren stylischen Kleidern und Hosenanzügen sind jedes Mal ein Augenschmaus. Im Mittelpunkt auch hier natürlich Peggy Carter.
“You’re saving the world, you’re saving the world, you’re saving the world.” – Peggy Carter
Allerdings weiß Peggy auch durch Köpfchen und Fäustchen zu überzeugen. Eine spitzes Mundwerk, ihr taffes Auftreten und die Fähigkeit auch mal „Frau sein zu dürfen“ macht sie zu einer unwiderstehlichen Superheldin. Wer Peggy Carter nicht mag, der sollte schnellstens mal an seinem Geschmacksparameter drehen. Allerdings kann Peggy Carter als Figur nur dadurch so glänzen, da sie in Jarvis einen kongenialen Partner an ihrer Seite hat, der wiederum so gar nicht die unterstellten Attitüden eines Geheimagenten in sich trägt. Jarvis und sein britisches Understatement als Butler alter Schule, ich sehe ihn in direkter Linie zu einem Reginald Jeeves („Jeeves and Wooster“), einem der lustigsten Partner der Seriengeschichte, tragen sehr dazu bei, dass die Serie dennoch unterhaltsam ist und schon recht viel Spaß macht.
In vielen Szenen gibt es wirklich gute One-Liner und lustige Situationen, die dann eher an die Komödien der 40/50iger Jahre erinnern als an eine Agentenserie. Insbesondere in der finalen Episode der zweiten Staffel übertreiben sie es ein wenig, hier soll wahrscheinlich aber nur das etwas „zu sehr konstruierte Ende“ überspielt werden. Ansonsten ist der Einsatz des comichaften, des typischen Marvel Humors recht dosiert und vor allen in den Dialogen zu finden.
Zudem muss man es auch an dieser Stelle noch einmal erwähnen und herausstellen. Es tut nicht nur für den Sehgenuss sehr gut, dass wir hier eine weibliche Hauptfigur haben. Sonst gehört das Superheldengenre ja eher den männlichen Agenten, Juristen und Milliardären.
Rettung durch Netflix?
Ich hatte es in meinem Beitrag zur Entscheidung von ABC, die Serie nach dieser zweiten Staffel einzustellen, bereits geschrieben. Natürlich ist es schade, dass es keine Fortsetzung geben wird, aber nachvollziehbar ist die Entscheidung schon. Die Quoten waren nicht wirklich überragend und auch wenn bei ABC andere Serien mit ähnlichem Niveau verlängert wurden, aus der Sicht eines Senders darf eine solche Entscheidung wohl als folgerichtig betrachtet werden. Hier dürfte aber auch der technische Aufwand der Serie eine Entscheidungshilfe gewesen sein.
Selbstredend war der Ruf nach Netflix sofort zu vernehmen, dass es nun dem Streaminganbieter obliegt, die Serie zumindest in eine dritte Staffel zu retten. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass Netflix einen solchen Move probiert um für seine Abonnenten interessant zu bleiben oder es für Fans der Serie zu werden. Und wenn man an den von mir einfach mal formulierten Anspruch von Netflix, Heimat der Serien aus dem Marveluniversum zu sein, „Daredevil“, „Jessica Jones“ um mal zwei zu nennen, denkt, wäre eine Übernahme von „Marvel’s Agent Carter“ absolut passend und auch wiederum folgerichtig.
“You know, these adventures? They’re only enjoyable if you return from them.” – Jarvis
Über 85.000 Fans haben bereits eine entsprechende Petition unterzeichnet, die genau das von Netflix fordert. Eine treue Fanbasis wäre Netflix sicher und auch Hayley Atwell wäre ein attraktives Aushängeschild für die Plattform. Zudem hätte man neben Jessica Jones auch die zweite große weibliche Heldin im Portfolio. Win-Win?
Ob Hayley Atwell allerdings überhaupt die Zeit für eine vollständige Staffel hätte, müsste man auch mal sehen, da sie ja bereits bei ABC die nächste Hauptrolle an Land gezogen hat. Ich sehe daher einer Rettung durch Netflix eher mit neutraler Hoffnung entgegen. Die Pläne von Netflix kennt natürlich nur Netflix selbst, denke aber ehrlich gesagt nicht, dass sie ihr Marvelportfolio als zu dünn einschätzen. Hätten sie vielleicht nur „Jessica Jones“ im Angebot, wäre die Wahrscheinlichkeit recht hoch, aber die Quantität und auch Qualität der Eigenproduktionen im MCU dürfte hier nicht unbedingt eine Lücke offenbaren, die man mit Peggy Carter füllen könnte.
Die Zeit wird es zeigen. Schauen würde ich eine wie auch immer geartete Fortsetzung auf alle Fälle. Enttäuscht über Netflix, sollte dies nicht erfolgen, wäre ich aber auch nicht.
Bilder: ABC
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