Im Review zur Pilotfolge der Netflix-Serie „Mindhunter“ kam es ja schon in gewisser Weise heraus: Die Serie von David Fincher bleibt hinter den Erwartungen zurück. Das hat mehrere Gründe.
Zunächst einmal zur Serie selbst: Bei „Mindhunter“ haben sich Charlize Theron und David Fincher als Produzententeam zusammengetan, um die Novelle von John E. Douglas und Mark Olshaker in Serienform zu bringen. Theron selbst übernimmt (leider) keine Rolle in Staffel 1, dafür führt David Fincher bei vier der zehn Folgen Regie. Das tut er weitesgehend solide, aber wenig überraschend. Independent-Regisseur Asif Kapadia darf erfreulicherweise auch zwei mal ran, die beiden auch eher unbekannten Tobias Lindholm und Andrew Douglas dürfen auch zwei Folgen übernehmen. Insgesamt wirkt dennoch alles wie aus einem Guss, was der Kontinuität der Serie erst einmal entgegen kommt. Wirkt wie Teamarbeit. Wir haben es hier ja auch mit einer kontinuierlich sich entwickelnden Story zu tun, so dass die gemeinsame optische Linie sicher passt. Alles sieht auch sehr gut aus und ist exzellent ausgestattet – das gefällt. Im Pilot-Review war ja schon erwähnt, dass es bei der Inszenierung aber an einigen Stellen im Detail gewisse Mängel gibt. Mal ist der Kaffeebecher halb voll, in der nächsten Einstellung wieder mehr gefüllt, dann wieder weniger. Dosen sind in der einen Einstellung heile, in der nächsten zerdrückt. Das fällt dem normalen Zuschauer sicher kaum auf, wer aber genauer hinsieht, den nervt’s.
Dass man so genau hinsehen kann, liegt an der leider relativ langweilig erzählten Story. Joe Penhall hat die Story geschrieben, und dass er vor allem fürs Theater schreibt, wird dann auch schnell offensichtlich. Die schier endlosen Gespräche von Hauptfigur Holden Ford sind kammerspielartig geschrieben und umgesetzt. Man sitzt als stiller Beobachter mit in der Zelle, lauscht der Gesprächen der neu gegründeten Einheit oder sitzt mit im Auto bei Ford und dessen Partner Bill Tench.
Gut, über die Staffel hinweg entfaltet sich die Story dann etwas weiter, weil Joe Penhall persönliche Aspekte der beiden Hauptfiguren mit einbringt. Es soll zeigen, dass die belastende Ermittlungsarbeit vor dem Privaten nicht Halt macht, und dass sich die Ermittler auch in gewisser Weise mit den Straftätern identifizieren. Das ist aber so offensichtlich angelegt, dass man auch das einfach als gegeben hinnimmt und keine weitere Aufregung erzeugt. Auch das bleibt leider alles recht blass, was in gewisser Weise leider auch an der Besetzung liegt. Jonathan Groff spielt Holden Ford leider sehr unaufregend. Da fehlt das Nervöse, das Aufgeregte, das Neugierige, das man bei einem solchen Charakter erwarten würde. Erst gegen Ende zeigt er ein paar emotionale Regungen, das wirkt aber vollkommen aufgesetzt. Holt McCallany spielt Bill Tench etwas besser, aber auch nicht wirklich begeisternd. Gut fand ich Hannah Gross, die Fords Freundin Debbie wirklich mehr Leben einhaucht, viele Facetten zeigt und für etwas Leben in Mindhunter sorgt. Auch Anna Torv als Wendy Carr finde ich gut – der Charakter ist interessant angelegt, bekommt in der Story aber leider nicht die Präsenz, die er eigentlich verdient hätte.
Am Ende bestätigt sich der Eindruck des Piloten: Alles in allem eine enttäuschende Produktion, von dem man sich viel mehr versprochen hat. Optik passt, Story ist lahm erzählt, der Cast ist eher matt. Da wundert es schon, dass es eine zweite Staffel geben soll.
Deiner abschließenden Aussage kann ich auf keinen Fall zustimmen. Selbst objektiv scheinen die Meinungen online eher positiv – aktuell liegt der IMDb Score bei 8,8/10 mit 36K Ratings – da kann man wohl kaum von einer Enttäuschung sprechen? Ich fand‘ die Staffel persönlich auch sehr langsam was das Pacing betrifft – das hat mich aber nicht weiter gestört, vor allem wenn man im Bingewatching Style nach ein paar Tagen durch die ganze Season rennen kann. Whiskey Glas mal leer mal voll ist mir leider auch aufgefallen aber das soll den Spaß nicht kaputt machen – am Ende fand‘ ich die Thematik interessant und das ganze mal eine schöne andere Aufmachung des Detective Genres – insgesamt wirft die Serie auch interessante Fragen auf – allen voran über die Beziehung von Mann und Frau – die in vielen abgewandelten Formen hinterfragt werden kann z.B. der Umgang der beiden Protagonisten zu Frau/Freundin und Arbeitskollegin – sowie der meist sexuell gefärbte Hintergrund der Serienmörder.
Doch, doch, man kann auch dann von einer Enttäuschung sprechen, wenn es die Mehrheit gut findet – weil‘s mich persönlich enttäuscht hat und meine Erwartungen nicht erfüllt hat. :-)
Aber freut mich, wenn Du Dich die 10 Stunden über gut unterhalten gefühlt hast. :-)
Es stimmt schon, Enttäuschung und Begeisterung hängt vom jeweiligen Zuschauer, seinen Sehgewohnheiten, seine Vorlieben und vor allem von seinen Erwartungen ab.
Ich gehöre da er zur Mehrheit. Ich finde den Plot interessant und die Dramaturgie hat mich gerade zu gefesselt. Aus meiner Sicht kann die zweite Staffel gar nicht früh genug kommen!
Auf jeden Fall lässt das Ende Raum für Spekulationen. Ich hoffe ja nicht, dass Ford selbst zum Täter wird – das wäre dann zu einfach…
Ich finde die Serie großartig, sie hat eine ganz eigene Geschwindigkeit, starke Charaktere und ist extrem authentisch.
5/5 Kronen :-)
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