Interessant, die Episoden-Betitelung hat sich zur finalen Staffel von „Mr. Robot“ geändert. War zum Finale der dritten Staffel bereits die stets mit „epsx.x“ startende Dateinamen-typische Schreibweise zu einem programmatischen „shutdown -r“ gewechselt, erhalten wir in der abschließenden Runde passend zur vierten Season lauter Fehlercodes. I like. Und um es vorweg zu nehmen: Das war nicht das Einzige, was mir am so lang ersehnten Wiederauftakt der Serie gefallen hat.
„Remove all emotion and you‘ll do just fine.“ (Angela)
Diese Worte werden mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Denn gerade das Weglassen von Emotionen macht uns Serienschöpfer Sam Esmail im Auftakt aber mal sowas von schwer. Angela hegt trotz (oder gerade wegen) ihrer mentalen Situation fleißg Rachepläne, die jedoch jäh durch die Dark Army gestoppt werden, nachdem diese vom verkabelten Price mithören durfte. Vor allem das Spiel von Michael Cristofer, der wissend um den nahenden Verlust von seiner Tochter weg läuft, was zu einem cinematorisch sehr gelungenen Szenen-Aufbau führt, war mehr als gelungen. Was ein Auftakt. Und nein, das war keine Klammer zu einem möglichen Staffelende, es gibt keinen Zeitsprung, der uns mehr Angela zeigt und, wie es zu ihrem Ableben gekommen ist. Sie ist tot, das müssen wir und Darlene endlich hinnehmen. Wir brauchen auch nicht unbedingt die „kleine Erinnerung“ zu sehen, die Whiterose als Drohung an Elliot gesandt hat, danke.
Wobei, ein bisschen Zeitsprung gibt es dann doch. Hatte ich gerade notiert, dass ich es mag, wenn Serien zum gleichen Zeitpunkt verlaufen, wie sie ausgestrahlt werden, wird die von Whiterose‘ Assistentin genannte „jetzt haben wir Oktober, unsere Auslieferung erfolgt dann zu Weihnachten“-Timeline, die ideal zum Staffelfinale gepasst hätte, gerissen und wir werden in die Vorweihnachtszeit teleportiert. Menno. Und ja, wir befinden uns noch im Jahr 2015, falls sich wer wundern sollte (hier die offizielle Timeline von USA Network).
„I hope you enjoy your last Christmas, my dear Elliot.“ (Whiterose)
Als vorweihnachtliches Geschenk erhalten wir den pädophilen und koksenden Anwalt Freddie (gespielt von Jake Busey, den viele aus der 3. Staffel „Stranger Things“, der „From Dusk Till Dawn“-Serie oder dem „Starship Troopers“-Film kennen könnten). Der wird von Mr. Robot um pikante Informationen zu Whiterose erpresst, was erfreulich an die Einführungs-Geschichte aus der damaligen Pilotfolge erinnert. Noch eine Erinnerung erhalte ich vor allem zu Beginn, was die visuelle Inszenierung anbelangt. Viele langgezogene Shots für die Szenen lassen teilweise die großartige Episode „eps3.4_runtime-err0r.r00“ aus der vergangenen Staffel aufleben, die komplett im Stile eines One-Shots produziert worden war.
Vor allem die Szenen in der Bahnstation waren intensiv und gekonnt inszeniert. Lediglich das Ablenkungsmannöver mit dem Geld beim Straßenmusikanten war mir etwas zu erfolgreich. Aber gerade der Übergang zu Elliot im Waggon war sehr gelungen. Man darf davon ausgehen, dass die Darstellung von Mr. Robot lediglich im übertragenen Sinne gemeint war, da Elliot die ganze Zeit vom Laptop aus Zugriff auf das Überwachungssystem des Bahnhofes hatte.
„These guys are pure evil!“ – „I am kind of ahead of you on that point.“ (Fred & Elliot)
Freddie nimmt sich in aussichtsloser Situation das Leben, ehe es andere tun. Neben der Information, dass die Nationale Bank Zyperns wohl zentraler Finanzierungs-Punkt der Machenschaften Whitrose‘ sein dürfte, die es auszurauben gilt, gibt es vorher noch den Namen einer vermeintlichen Kontaktperson. Im ehemaligen Allsafe-Bürokomplex, das jetzt „AI safe“ buchstabiert – ein Foreshadowing auf künstliche Intelligenz? – werfen Mr. Robot „und“ Elliot in bester Detective-Krimi-Manier Bilder und Fäden an die Wand, um ein Netz um Whiterose zu spinnen. Der Kontakt puppt sich als falsch aus, was in einer sehr seltsam anmutenden Gebäudekomplex-Szene gipfelt, die neben abgedrehten Eingangsbereich-Leuten vor allem mit schönen Silhuoetten-Shots aufwartet.
Ein interessanter Kniff in dieser Folge ist, dass Mr. Robot zu uns spricht, obwohl wir ihm nicht wirklich was bedeuten, was er mehrfach betont. Aber Elliot sei seit Angelas Ableben allgemein sprachlich sehr begrenzt unterwegs. Ich bin gespannt, wann er selbst wieder uns „Freunde“ benötigt und sich an uns wenden wird.
„I know I don‘t usually do this, but I have to fill you in if he won‘t…“ (Mr. Robot)
Ebenfalls sehr gut gemacht fand ich die Szene mit Darlene in Elliots Wohnung. Der Wechsel mit Mr. Robot in den Nahaufnahmen vs. der objektiven Realansicht aus der Dach-Perspektive war gekonnt und allgemein konnte auch in der WG-Party-Szene und anderen die Dynamik stets aufrecht erhalten und ein wohlgeformtes Pacing geschaffen werden.
Ganz kurz zu den weiteren Figuren. Wellick scheint erfolgreich mit Heldenstatus als CTO von E-Corp ohne Pause im Einsatz zu sein während Dominique dagegen verwahrlost und paranoid im Elternhaus zurückgezogen lebt. Aus einer Liebesgeschichte mit der zunächst doch eigentlich ganz nett erscheinenden Janice dürfte vorerst nichts werden, bedroht diese doch Dominique und drängt sie dazu, sich endlich mal wieder auf der Arbeit blicken zu lassen (und in den aktiven Dienst der Dark Army zu treten).
Aber kommen wir zurück der Elliot. Dem wird eine deutlich auf Mord abzielende Überdosis verabreicht, die dazu führt, dass ihm und uns nochmal sein serielles Leben im Schnelldurchlauf vor die Augen projiziert wird und dann die alten Familienmitglieder erscheinen. Das Geräusch einer gestörten Telefonleitung in Endlos-Schleife. Ende.
Doch nicht! Statt des Episoden-übergreifenden Cliffhangers bedienen sich die Macher eines nasalen Gegenmitteles, das erstaunlich schnell und gut hilft, sowie zeigt, dass entweder die Bank-Drohung doch gesessen hat und/oder Price im Kampf gegen Whiterose einsteigen möchte, um den Tod von Angela zu rächen. Wie dem auch sei – jetzt kann es richtig losgehen! Und zur Begrüßung gibt es eine gekonnte Mischung aus „Mr. Robot“ und „Elliot Alderson“:
„Welcome back, Mr. Alderson.“ (Price)
Das war ein verdammt guter Auftakt, der die hohen Hoffnungen bestätigen konnte – zumindest für den Beginn. Aber das lässt optimistisch auf den Rest der leider letzten Staffel der Serie blicken. Ohne viel Firlefanz geht es direkt los, gar so schnell, dass ich bei der Angela-Szene zunächst noch dachte, es gehöre zum „Previously on…“-Rückblick, bis ich irgendwann merkte, dass ich nicht so viel vergessen haben könnte. Vor allem die erste Hälfte der Folge empfand ich als ziemlich perfekt an, aber auch der Rest war stets von Intensität, großartigem Schauspiel und toller visueller Darbietung geprägt. Verschleppen andere Serien in ihren letzten Staffeln schon einmal unnötig das Tempo ist „Mr. Robot“ direkt wieder da und verschwendet keine Minute für ein unnötiges Durchschnaufen, im Gegenteil, jeder passionierte Zuschauer dürfte jetzt bereits für die nächste Folge brennen.
Die Folge wurde übrigens Steve Golin gewidmet, der als Executive Producer an ihr mitgearbeitet hat, jedoch leider im April diesen Jahres im Alter von 64 Jahren verstorben ist. Möge er in Frieden ruhen und von wo auch immer er den Auftakt mitgeschaut hat, er dürfte mitbekommen haben, wie stolz alle auf seine Arbeit sind. Danke.
Bilder: usa
Super Review, hoffe von den andere Folgen kommen ebenfalls welche. :)
War auch sehr angetan von der Auftaktfolge und bin sehr gespannt, wie es weitergeht.
Hab vielen Dank, das hört man gerne! Und ja, habe ich zumindest geplant. :)
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