„Freude, schöner Götterfunken…“ – bereits zu Beginn der neuen Folge „Mr. Robot“ wurde unmissverständlich klar gemacht, dass Großes bevorsteht. Und das sollte auch folgen. Ich hatte die ganze Zeit gehofft, dass es auch diese Staffel zu einer Konzept-Episode kommen würde, und hier ist sie! Analog zur von mir oft-zitierten S03E05 „eps3.4_runtime-err0r.r00“, die komplett in Manier eines One-Shots gedreht wurde, begibt man sich dieses Mal auf akustisches Niveau. Passend zum 405-Fehlercode „Method Not Allowed“ (und erneut bei einer fünften Episode der Staffel) wurde die Methode des Sprechens untersagt. Zumindest im Rahmen einer smart gewählten Klammer. Denn nachdem Darlene verspätet zur Einöde-Party gelangt, darf sie in Kürze die Regel verkünden:
„It‘s cool, dude. We don’t have to talk.“ (Darlene)
Neben dem allumfassenden Gimmick gibt es aber auch allgemein tollte Übergänge im Sound-Design zu beobachten hören. Mehrmals wirken Songs über mehrere Szenen hinweg als Hintergrund-Musik, wechseln aber in der Darstellungs-Form von reinem Off-Ton hin zu atmosphärischerer Einbindung, wie z.B. als weihnachtliche Restaurant-Beschallung. Ansonsten gibt es viel Ruhe zu hören, wenig Umgebungsgeräusche, nur in dramatischen Szenen (okay, davon gibt es einige hinten raus) eigens gemachter Score. Die Atmosphäre erhält Platz, sich zu entfalten, kann atmen. Das wird visuell durch viele lange und gerne auch mal langsame Kamerafahrten unterstrichen. Und durch das Spiel der Darstellenden. Rami Malek hatte mich bereits in der unscheinbaren Szene, in der Elliot aufgelöst und die aktuelle Situation erstmals wirklich an sich herankommen lassend in der Ecke des eigenen Wohnungszimmers kauert, total mit seinem Spiel gepackt. Es sollte aber noch mehr folgen.
Viel lief fortlaufend über Textnachrichten, was größtenteils auch ganz gut visuell gelöst wurde (auch wenn ich Fan von On-Screen-Darstellungen bin, statt die eigentlichen Screens einzublenden, aber das hätte wohl zu großen Stilbruch verursacht). Vor allem hat aber natürlich die Gestik und Mimik des Casts Höchstleistungen erbringen müssen. Das war an sich immer gut gespielt, wirkte aber teils nicht ganz schlüssig und hat das zugegeben ambitionierte Konzept immer mal aufgestülpt wirken lassen und mich somit ein bisschen aus dem Unterhaltungserleben gerissen. Ob im Server-Raum, nicht grüßende Kassierer oder sonstige „Zunicker“.
Aber kommen wir zum Konkreten. Was sich mir zunächst als „nette kleine Einschmuggel-Sequenz“ ergibt, wird ein hochdramatischer Coup, der parallel zu „Stirb langsam“ abläuft. Jetzt wissen wir auch alle, wie man einen Finger nachdrucken kann. Allgemein war die Geschichte im „Virtual Realty“-Gebäude sehr dynamisch und spannend inszeniert. Wie geschrieben, alles ohne Worte. Die Sequenzen haben sich visuell sehr gut dem Pacing und der Dramatik angepasst, das war schon verdammt gut. Vor allem hinten raus, alleine in der Szene, in der Darlene einen auf Fitness-Frau macht, um das Gebäude zu verlassen, war intensiv. Aber sie hat auch einige Ungereimtheiten offenbart.
Da gibt es ausgesprochenes Sicherheits-Personal, etliche technische Hilfen, selbst die Polizei ist vor Ort – und doch ist alles recht amateurhaft unterwegs. Was hat der eine Sicherheitsmann denn bitte die erste halbe Stunde lang gemacht? Gemächlich seinen Drink getrunken und dem Fortschrittsbalken beim Auffüllen zugeschaut? Allgemein ist der mir zu oft zu demonstrativ herumgeschlendert, obwohl offenkundig etwas im Argen lag. Dass er zunächst nie in den einen Gang mit Elliot und Darlene geht, ist bereits sehr unsinnig, noch mehr aber, wenn man bedenkt, dass die beiden wenige Meter entfernt auf Tastaturen herumklappern.
Eine sehr coole Treppenhaus-Kamerafahrt später geht es mit den Polizisten weiter. Dass beide zu Fuß verfolgenden Polizisten zueinander und bis auf wenige Hindernis-bedingte Ausnahmen auch zu Elliot identisch schnell sind, ist ja noch so ein gängiges Bewegtbild-Klischee. Da keiner „Stehenbleiben, Polizei!“ rufen darf, bleibt Elliot auch nicht stehen, so weit, so logisch. Dass sie nach der (eleganten!) Schlittschubahn-Abkürzung und abgekürzten Busfahrt aber erneut per Pedes die Verfolgung aufnehmen, anstatt dass zumindest einer mit dem Wagen weiter fährt – dämlich. Und Elliot hätte mal GTA spielen müssen, da habe ich gelernt, dass es in der Regel reicht, sich ein paar Minuten lang außerhalb der Sirenen-Sichtfelder im Gebüsch zu verstecken, bis die blinkenden Sterne weniger werden…
Elliot hat dagegen ordentlich Zuwachs an blinkenden Sternen erhalten – im übertragenen Level der Polizeiverfolgung, aber auch im sinnbildlichen Kopfweh-Bild. Denn während der Verfolgung musste er ordentlich einstecken. Dabei möchte ich die nahtlos eingebundene Stunt-Arbeit (so es sie überhaupt gab, aber ich meine, zumindest in der kleinen Absturz-Sequenz im Park) und die visuelle Inszenierung loben. Vor allem der Moment, in dem Elliot angefahren wird (bzw. er ins Auto rennt…) war sehr gut gemacht. Letztlich ist ja alles gut gegangen und wir haben gesehen, dass man vor allem zu Weihnachten mal den Familiensegen gerade rücken kann – so ein gemeinsamer Raubeszug kann richtig toll zusammenschweißen!
Der Haupthandlung nähert sich auch die wieder außentaugliche Dominique an. Noch verspäteter als Darlene findet sie den ausgebrannten Van vor und sieht nicht nur an der Ampel Rot. Deegan Maguire wurde freigelassen und dürfte für Unruhe sorgen. Zudem ist sie direkt von der Dark Army auf Elliot und Darlene angesetzt worden. Auch Price hatte seine ganz persönliche Schnitteljagd, die darin endete, dass er zum Deus-Group-Treffen eingeladen wurde. Und Krista wurde von Vera besucht, der das Schweigegelübde aufheben durfte:
„It‘s time we talk!“ (Vera)
Was für eine tolle Folge! Das war mal wieder wahre Fernsehkunst und dürfte sich in die Riege meiner liebsten Episoden diesen Jahres und dieser Serie einfügen. Die Spannung war spürbar, das Schauspiel großartig und die Atmosphäre auch dem Schweige-Kniff folgend zum Zerschneiden. Der Einbruch war ein smart choreografierter und schön inszenierter Coup, dazu gab es immer wieder auflockernde Momente, sei es in der Hauptstory selbst (wie die Krippenspiel-Darsteller im Bus) oder durch die Einschübe der Nebenhandlungen, die etwas den Fuß vom Gas genommen und Zeit zum Durchschnaufen gelassen haben. Insgesamt ein tolles Timing.
Ganz perfekt war die Folge dann aber doch nicht. Gerade die Darstellung der Sicherheitskräfte hat mir gar nicht gefallen. Klar, alle menschlich und Menschen sind die größten Fehler im System, und hier und da kann man halt auch mal zufällig in die falsche Richtung schauen, aber das war in Summe einfach verdammt viel. Zugutehalten muss man jedoch, dass man Elliot nicht einfach durch die Tür hat entkommen lassen. Normal winken den Anschluss verlierende Polizisten ja nach einigen Metern schnaufend ab und der Flüchtling war nie mehr zu sehen. Und ich will mal nicht so sein und einfach meiner Begeisterung mit einer 5-von-5 Ausdruck verleihen (auch wenn es eher eine 4,8 oder so wäre).
Und die Moral von der Geschichte? Merke: Kabelbinder > High-Tech-Sensorik-Schloss und gib Straßenmusikern auch mal etwas Geld. Und somit beschließe ich meine 1.077 Worte über diese Episode, die ganze 14 von Darstellern gesprochene Worte besaß (die Zitate hier sind quasi ein Transkript…).
Bilder: usa Network
…wow. :)
Ich war ein bisschen skeptisch, als ich letzte Woche auf Reddit davon las, dass es wohl eine Folge ohne Dialog werden würde, aber andererseits vertraue ich inzwischen blind darauf, dass Esmail & Co. da etwas vernünftiges auf die Beine stellen. Und wieder einmal wurde dieses Vertrauen gerechtfertigt.
Es ist eine wahnsinnig tolle Dynamik zwischen Darlene und Elliot. Diese letzte Szene im Auto war einfach wunderschön. Wenn ich überhaupt einen Kritikpunkt anbringen möchte, würde es der sein, dass es auf mich einfach unrealistisch wirkte, dass der Plan im Gebäude so perfekt und mit so viel Glück verläuft. Aber gut, ich war so gespannt und im Tunnel, als ich die Episode sah, dass mich wohl auch genau das so gefesselt hat. Insofern nicht wirklich ein Kritikpunkt.
Absolut erwähnenswert ist für mich der Moment von Price im Restaurant, als er die Familie beobachtet. Großartig gespielt, man erkennt wirklich den ganzen Schmerz in Price für einen kleinen Augenblick. Auch, als er später vor dem -seinem- ECorp-Gebäude steht und innehält.
Dom kann einem auch nur leidtun. Ich denke aber, dass wir nun den Moment erleben werden, in dem sie sich mit Darlene und Elliot verbünden wird. Sicherlich mit etwas Widerwillen und Misstrauen, aber es wird so kommen, da bin ich mir relativ sicher. :-)
Nicht schlecht der Review, jedoch kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, warum du so Kritik an dem Sicherheitsmann pflegst… ein paar Ideen für dich:
* Kameras schalten ab über Weihnachten, geplante Wartungsfenster kommen leider nicht immer bei den Sicherheitsmitarbeitern an, Miskommunikation, deswegen rufst du nicht gleich die Polizei wenn du siehst das Firmware Updates gemacht werden sollen. Da man ihn nicht sieht in der Zwischenzeit kann man davon ausgehen , er hat den Rundgang gemacht und bis zum Fahrstuhl nichts auffälliges gesehen. Ausser der Fahrstuhl der im Prinzip ja ihn auf einen wahren Verdacht führte, dass etwas falsch sein kann. In der Branche hast du es wahrscheinlich viel zu oft mit falschen Alarm zu tun und wirst nicht direkt ausrasten , genau deswegen.
* Warum rennt er nicht wie ein Wilder durch den Serverraum und sucht den „offensichtlichen“ Eindringling? – Weil er versucht zu hören, ob sich jemand versteckt. Allerdings weiss ich nicht ob du jemals in nem Serverraum warst, da isses sehr laut drin. Die Lüftungen der einzelnen Geräte und noch eine zentrale Klimaanlage machen bei einem großen Raum einiges aus. Das Tastatur“klappern“ ist erstmal keines, weil die Tastatur in der Szene sieht flach aus und man hört auch in der Szene die Geräusche einer flachen „Laptop“-Tastatur.
* Warum geht er nicht weiter um genau den Gang zu erreichen? In Realität: Pech, der Raum ist riesig, er hat sich nunmal entschlossen an anderer Stelle erst zu suchen. In der Serie war das klar für den cinematischen Effekt. Jedoch nichts ungewöhnliches das er nicht weitergeht meiner Meinung nach.
Ich würde das nicht so kritisch betrachten, die Serie hat an vielen anderen Stellen Fehler:
* Krista wie sie einkäuft und erstmal das Brot anfasst und dann doch wieder zurücklegt (macht man vielleicht in den USA, find ich generell unhygienisch, etwas komisch auf alle Fälle)
* Dom wie sie sich mit einem zwischengeschalteten LAN Adapter zwischen PC und Monitor „einhackt!“ und dann direkt zugang auf den Desktop hat. Da dies offensichtlich Spy-Equipment ist, wundert es mich zudem stark, warum man dann ne blinkende LED dran baut, damit es direkt auffällt. Ach ja, damit es den etwas dümmeren Zuschauern vielleicht auch klar wird.
* Die Verfolgungsszene , wo sich die Abstände in jedem Schnitt ändern, und komischerweise nur 2 Polizisten zu Fuß sich auf die Verfolgung machen und kein einziges Mal „Halt Polizei“ rufen ;)
Naja…
Dank dir für die Einblicke und immerhin dennoch ein „nicht schlecht“ erhalten, danke! ;)
Mir sind viele der Punkte geläufig und klar, dennoch sehe ich das nicht ganz wie du, da es sich um eine ausdrücklich gesicherte Einrichtung handelt, wo andere Protokoll-Prozesse ablaufen dürften. Aber selbst wenn wir all diese Punkte so komplett sehen sollten, wie du sie aufschreibst, dann ist zumindest die Inszenierung unglücklich und die Häufung an Zufällen sehr stark. KANN so passieren, ist aber sehr theoretisch und dann anscheinend auch nicht realitätsnah. Ist aber ja auch keine Dokumentation, schon klar.
Der Sicherheitsmann hat aber einen gestarteten Prozess auf einem Screen gesehen, den er selbst nicht gestartet hat. Hier müsste er seinen Kollegen fragen, was das ist, ich war fest davon ausgegangen, dass er ihn abbricht. Aber wir sehen keinerlei Handlung, bis er dann oben auftaucht. Was mich da dann halt gestört hat, war das elendig langsame Schlendern. Ja, er muss nicht rennen und ja, er kann auch zuhören, aber seine Schritte sind sehr laut, das passt alles nicht so ganz.
Aber all das Meckern beiseite bin ich ja dennoch bei der Höchstwertung anbelangt, wirklich genervt und geschadet hat es ja auch nur selten und wenig. Einige der anderen von dir genannten Punkte hatte ich ja auch erwähnt – nach all den Richtigstellungen dann jedoch als erstes den gigantischen Fehler mit dem Brot anzusprechen, finde ich schon beinahe ironisch… :P
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