Um es direkt vorweg zu nehmen: Erneut hat „Mr. Robot“ abgeliefert. Nicht auf alles überragendem S04E07-Niveau, nicht auf konzeptioneller S04E05-Ebene, sondern hinsichtlich seiner Haupthandlung. Ein großes Aufeinandertreffen der Mächte, auf das wir alle so lang gewartet haben. Und doch lief alles etwas anders, als vorgestellt.
Beim Anblick des „previously on…“-Rückblicks war ich bereits in Ausrufezeichen-Wut in meinen Notizen verfallen, als wäre ich Til Schweiger auf Facebook. Aber nein, so schnell geht es dann doch nicht. Es wird zwar etwas Mutter, Vater, Kind mit uns im Meetingraum in Elliots Kopf gespielt, aber außer der Info, der „arme Junge“ sei nie aufgewacht und „sie würden ihn verlieren“ gab es wenig Neues. Darlene soll jedenfalls jetzt der Hebel zum Glück werden, immerhin ist das Thema jetzt definitiv keine ins Leere laufende Andeutung mehr. Da kommt noch was.
„I‘m gonna show him, what he did.“ (Mr. Robot)
So richtig geht es los, als Price die Party stört. Mit einem USB-Stick, der Whiterose (seinen Computer) zerstören soll. Ein scheinbar belangloses Stück, das zunächst auch auf diesem Status hängen bleibt. Aber es beginnt ein paranoid veranlagtes Versteck-Spiel, das spätestens dann richtig kurios aus den Startlöchern aufsteigt, als Price eine epochale Eingangshalle betritt, die lediglich vom Piepen der Digitaluhr Whiteroses gefüllt wird. Kurzfristig wurde das Venue für das große Deus Group-Treffen geändert. Hier könnte man ggf. noch kritisieren, dass nicht automatisch alle Eingänge von Tyrell beobachtet wurden, aber gut, hektische Situation, Elliot emotional nicht auf der Höhe – passiert.
„I‘m an old man, Zhang, I gave up on foreplay long ago. Let‘s just skip ahead to the part where you try to fuck me.“ (Price)
Zur Sicherheit wird uns Zuschauern nochmal detailliert und doch auch nachvollziehbar genug erläutert, wie der große Plan ausschaut. Durch die leicht veränderte Ausgangslage ergibt sich eine spannende Situation, die uns ähnlich im Unwissenden darüber lässt, was jetzt die beste Vorgehensweise wäre, wie Darlene und Mr. Robot.
Und, habt ihr Donald Trump beim Deus Group-Treffen entdeckt, wie er mit geföhnter Mähne und kleinen Händen nach Mini-Burgern greift, während er über die Mauer nach Mexiko spricht? Schön eingebunden, wobei schon fast zu prominent, wie ich finde. Ich habe mir aus Zeitgründen und wohl auch fehlendem Politik-Wissen jetzt nicht die Mühe machen können, aber der Raum dürfte vor Anspielungen und Doppelgängern nur so gestrotzt haben. Dabei war ich aber auch ein bisschen vom Technischen abgelenkt, gab es doch mal wieder eine sehr schöne und schön lange Kamerafahrt zu beobachten, die zwar auch mindestens einen versteckten Videoschnitt hatte, dafür aber einmal quer durch das Gebäude zurück zur einmal um das Gebäude gelaufenen Darlene geführt hat. Ich liebe es, wenn Kreativität mit praktischem Nutzen vereinbar ist.
Dann beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen. Zunächst kommt es zum großen Comeback, als Darlene sich im Kostümladen spontan zu einer fsociety-Botschaft entscheidet. Darin entblößt sie die Deus Group als das, was sie ist, um die Öffentlichkeit als Druckmittel nutzen und die mächtigen Leute der Welt aus ihrem Rattenloch holen zu können. Die größte Bombe lässt jedoch Whiterose platzen. Also, vielleicht. Laut ihm ist Angela nämlich gar nicht tot, wirklich beweisen kann er es auf die Schnelle jedoch nicht, was gerade zum Ende der Folge hin eher als verzweifelter Machtmove anzusehen ist, denn wirklicher Fakt. Aber wer weiß, der Serie ist alles zuzutrauen.
„Elliot, are you there?“ – „Yes.“ (Whiterose & Elliot)
Stark fand ich dann die Einführung von Elliot selbst in der Folge. Der Moment, in dem er Mr. Robot am Telefon ablöst, war ungemein intensiv. Auch danach hatte er direkt eine starke Präsenz und auch sein Wandel von emotional-angegriffen hin zu souverän in Führung liegend gelang sehr überzeugend.
„All this over a little pipsqueak in a hoodie.“ (Price)
Weniger überzeugend empfand ich die Situation in der Garage. So realistisch das Hacken einer Fernsteuerung heutzutage ist, so unrealistisch wirkt die Hilflosigkeit des „Schrankenwärters“. Da muss einfach ein normaler Knopf an der Seite sein, der anstelle der Funkverbindung standardmäßig und direkt zu bedienen ist (einen hatte ich auch gesehen, der war aber vermutlich für das komplette Tor). Das wirkte etwas billig, auch wenn durch einen verzögerten und unnötig umständlichen Move dann doch das eigentliche Ziel erreicht wurde. Mein Ärger über diese Kleinigkeit war jedoch verflogen, als ich sah, dass eines der geraubten Passwörter „nodiggity!“ lautete – nice!
Der Höhepunkt folgte zum Schluss. Price setzt seinen alten „lieber sehe ich dich verlieren als mich gewinnen“-Spruch in die Tat um. Zunächst dachte ich, er würde sich die Treppenstufen hinunterstürzen, aber nein, zunächst bleibt es bei der vorgetragenen Lektion im Wissen um den Sturz Whiteroses. Dabei hat Michael Cristofer auch den Höhepunkt seines Spiels erreicht, was eigentlich über die komplette Folge einfach fulminant war. Irgendwie ist es schon verdammt schade, dass anscheinend so gut wie alle diese Staffel sterben, die eine Hammer-Performance hingelegt haben… Denn ja, auch Price geht von uns. Der geglückte Banktransfer führt dazu, dass der sonst so bedachte Zhang sich erstmals unbedacht dem Affekt hergibt und Price erschießt. Grandios war die nur wenige Sekunden lange Aufnahme, in der er auf der Treppe liegt und zumindest ich einer optischen Illusion erlag, dachte ich doch, die Treppenstufen gingen hinauf. Bis eine Christbaumkugel scheinbar hinauf fiel und sich das Gegenteil ergab. Stark!
Die wirklich letzte Szene dürfte eher symbolischen Charakter haben, könnte aber auch noch fließend in die neue Folge übergehen. Zhang macht sich als Whiterose zurecht und lässt das FBI vorerst unbeachtet an seine Tür klopfen. Die besitzen einen Festnahmebeschluss und es kommt zum laut- wie kaliberstarken Schussgefecht mit der Dark Army. Das tatsächliche Ende des großen Gegenspielers? Wir werden sehen.
Wieder mal eine tolle Folge! Ich fand sie etwas besser als die vergangene Woche. Und auch wenn ich die Dramatik um den Nummernraub dann doch als arg klischeehaft empfand, muss ich einfach auf die volle Kronen-Wertung gehen. Das hatte alles Hand und Fuß, war konsequent erzählt oder zumindest in sich stimmig erklärt. Und wenn dann wirklich mal irrationales Handeln vorkam, wie bei Whiterose, ist das eben mit Sturrheit der Figur zu erklären oder eine andere (seine rechte Hand) wird dafür genutzt, uns klipp und klar zu sagen, dass Rationalität wohl gerade nicht gilt, also geht sie mit ihr aus der Tür. Fein für mich. Und aufgrund des großen Schlagabtausches, der eigentlich keiner war, ist doch vor allem in der exemplarischen Situation zwischen Whiterose und Price die Lage der Situation immer mehr zugunsten Letzteren gekippt, hat man auch ganz vergessen, dass man uns erneut lediglich weitere Andeutungen und ein paar Mini-Informations-Fetzen bezüglich der dritten Persönlichkeit geboten hat. Da kann ich aber geradeso noch drüber hinwegsehen, war der Spannungsaufbau nach der einführenden Szene einfach mal wieder verdammt gut und stringent geführt.
Wem der HTML-Fehlercode 410 geläufig ist, dürfte ahnen, was da kommende Woche auf uns zukommen könnte, auch wenn die Interpretationen noch vielseitig laufen können…
Bilder: usa Network
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