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Der Golden Globes Gewinner im Review

Review und Ausblick: Mr. Robot – Staffel 1

11. Januar 2016, 10:35 Uhr

Amazon Prime macht Dampf und hat inzwischen diverse Eigenproduktionen und top Lizenzprodukte im Angebot. Neben „The Man in The High Castle“ gibt es da „Alpha House“, „Hand of God“ oder eben „Mr Robot“. Die Serie um einen Hacker, lizenziert von US Network, wurde bei unseren Jahresrückblicken einige Male genannt und Maik hatte zum Streaming-Start bereits einen kurzen Serien-Tipp abgegeben. Außerdem gewann die Serie ganz aktuell den Golden Globe als bestes TV Drama. Es ist also höchste Zeit, sich intensiv mit der ersten Staffel zu beschäftigen:

So solltet ihr die Serie schauen

Bevor ich näher auf den Inhalt eingehe und wie dieser beim Zuschauer ankommt, ein gut gemeinter Tipp: Solltet ihr die Serie noch nicht geschaut haben und anfangen wollen, dann verlegt – wenn möglich – eure Seriensitzungen auf die Nacht. Ich für meinen Teil habe die Serie über die Feiertage nach den Familienaktivitäten im Bett geschaut, die perfekte Umgebung für Mr Robot. Wie auch in House of Cards spricht der Protagonist mit dem Zuschauer, dazu sitzt er gerne vor einem Computer in seinem abgedunkelten Apartment und das verbleibende Restlicht wird von den Ringen unter seinen Augen eingesaugt. Dieses Alleinsein zu teilen, während alle um einem herum schlafen und es stockdunkel ist, ja, da macht Mr Robot richtig Spaß.

Elliot der Psychopath: Glaubhafter als Dexter

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Elliot ist ein hoch intelligenter Hacker, der milde ausgedrückt sehr introvertiert veranlagt ist. Um ihn dreht sich die Serie, es geht sogar so weit, dass er mit dem Zuschauer spricht. Dies ist aber nicht als bloße Erzählung angelegt, sondern man nimmt als Zuschauer eine imaginäre Bezugsperson ein, die Teil der Geschichte ist und mit der interagiert wird. Bereits nach 20 Minuten in der ersten Staffel ist klar, dieser Charakter ist vielleicht die glaubhafteste Darstellung eines Psychopathen in einer TV-Serie. Im Unterschied zu Dexter, der die Fassade eines normalen Lebens in Perfektion ausübt, schafft dies Elliot nur mit äußerster Not. Er macht lange Pausen zwischen seinen Sätzen, muss überlegen, was sozial angemessen ist – er steht konstant am Rand und droht abzurutschen. Dass dies so gut funktioniert, liegt nicht nur am Skript, sondern auch am hervorragenden Schauspieler Rami Malek. Der leere Blick, das Abdriften in andere Welten und die Ringe unter den Augen, Rami saugt den Zuschauer mit seinem Gesicht sprichwörtlich auf.

Ganz ohne Menschlichkeit funktioniert allerdings auch Elliot nicht. Innerhalb der Staffel bekommt er sogar eine Freundin, die allerdings selbst auch als Drogendealerin und Konsumentin in ähnlicher Art und Weise am Rand zum Absturz durchs Leben wandert. Trotzdem schmälern diese Ausflüge zur Menschlichkeit, beispielsweise die Beziehung zu seiner besten Freundin, nicht die Wirkung von Elliot.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass auch der Sprachduktus des Charakters sehr wichtig für die Wirkung ist. Meiner Meinung nach kommt dieser nur im englischen Original richtig zur Geltung. Die Synchronisierung ist nicht schlecht, aber das leicht gebrochene im Klang der Stimme, das bekommt ihr nicht in der deutschen Version.

Hackermomente & Videoformate im Episodentitel

Der glaubhafte Eindruck des Charakters Elliot wird nicht zuletzt durch die – echte Hacker mögen mir verzeihen – technische Darstellung Elliots Fähigkeiten unterstützt. Hacken bedeutet in Mr Robot, nicht nur drei Tasten zu drücken, um dann nach 5 Sekunden bereits im Server der NSA sein Unwesen zu treiben. Nein, hier sieht man Portsniffing, das Erraten von Sicherheitsfragen oder das Ablesen von temporären Codes, für die man sich Zugang zum Handy des Opfers verschaffen muss. Diese technische Perspektive wird komplett durchgezogen, selbst die Episodennamen sind in Leet-Schrift (Buchstaben werden durch Z4hl3n ersetzt) verfasst und mit Dateiendung, wie beispielsweise MOV oder MKV, versehen. Ich dachte erst, Amazon würde mir aus Versehen den echten Dateinamen auf ihrem Prime Video-Server anzeigen, als ich die Auftaktfolge „eps1.0_hellofriend.mov“ anklickte. Ein super Stilmittel, welches perfekt zur Serie passt.

Anonymous aka fsociety

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Elliot, ein echter Psychopath und Hacker – diesen Eindruck hat man bereits nach der ersten Folge. Aber natürlich gibt es auch eine Geschichte neben der Charakterdarstellung. Passenderweise geht es um eine Hackerorganisation namens fsociety, deren Vorbild ganz klar Anonymous war. In den Videos werden wie bei Anonymous Masken getragen und das Ziel ist es, gegen die Ausbeutung und Verblendung der Massen vorzugehen.

Mr Robot, der Anführer von fsociety, wirbt Elliot an, um nichts geringeres als den Umsturz des Kapitalsystems einzuleiten. Sie wollen die Server, Backup Server und weitere Backup Server des größten Konglomerates der Welt hacken und so jegliche Dokumentation von Schulden der Bürger an Banken vernichten. Der besondere Hintergrund dieses Hacks: Das Konglomerat, um das es geht, Evil Corp, ist auch Schuld am Tod der Eltern von Elliot und der Eltern seiner besten Freundin Angela. Für Elliot geht es auch um Rache und nicht nur um einen Systemumsturz.

Gegenspieler oder Freund: Tyrell Wellick

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Auch wenn Elliot klar der Hauptcharakter der Serie ist, so gibt es noch eine Person, welche die Geschichte trägt. Tyrell arbeitet für die Evil Corp und ist in seiner Funktion der Auftraggeber der Firma, in welcher Elliot arbeitet – also indirekt sein Vorgesetzter. Der Charakter erinnert mich an die Rolle von Chistian Bale in American Psycho. Ein Mensch, der absolut auf seine Karriere fixiert ist und dafür alles aufgibt. Aber er ist nicht allein, nein, seine Frau ist mindestens genauso karriereorientiert wie er, was wiederrum an Frank Underwood und Frau in House of Cards erinnert. Damit will ich nicht sagen, dass es kopiert wirkt, sondern dass die Darstellung dieses Paars in der Qualität an eben diese Vorbilder heranreicht. Man spürt förmlich die Verbissenheit und den Wahn.

Gegenüber Elliot bleibt Tyrells Rolle allerdings unklar. Mehrmals hatte Tyrell die Chance, Elliot auffliegen zu lassen, doch er tut es nicht. Vielmehr ist er daran interessiert, Elliot für sich zu gewinnen. Als er merkt, dass dies nicht klappt, schwenkt sein Verhalten in eine Art Faszination und Gleichgültigkeit um. Doch am Ende arbeiten sogar beide zusammen, als Tyrell bei Evil Corp raus fliegt. Warum Tyrell das tut, ist nicht eindeutig, zumal das Zusammenwirken beider nicht gezeigt wird und Elliot sich an die entscheidenden Tage, in welcher fsociety sein Ziel erreicht, nicht erinnern kann. Es ist sogar denkbar, dass Tyrell den Knopf zum Ausführen des Codes gedrückt hat, der die Server von Evil Corp zusammenbrechen lässt.
Spannend an Tyrells Charakter ist aber die Entwicklung hin zum Abstieg. Während wir Elliot konstant am Abgrund sehen, fällt Tyrell vom angehenden CTO zum Mörder und Entlassenem. Die Darstellung der absoluten Arroganz und Macht bis hin zum verzweifelten Anbrüllen des CEO, als er Tyrell entlässt, sind eindrucksvoll inszeniert.

Der Sixth Sense Moment

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Der berühmte Sixth Sense Moment: In dem Film mit Bruce Willis lernen Bruce sowie der Zuschauer, dass Bruce in Wahrheit einer der Toten ist. Genau der gleiche Moment beziehungsweise das Aha-Erlebnis stellt sich ein, als Elliot merkt, dass Mr Robot tatsächlich sein Vater ist.
Doch hier macht die Serie nicht Pause, sie setzt noch einen drauf: Elliot selbst ist Mr Robot. Er hat seinen Vater, der eigentlich schon seit 20 Jahren tot ist, imaginär wieder auferstehen lassen. Damit ist auch klar, dass Elliot selbst sich den Hack bei Evil Corp ausgedacht hat, dass er fsociety gegründet und organisiert hat.

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Mr Robot ist außergewöhnlich, auch wenn es sich einer sehr aktuellen Thematik bedient: Dem Wunsch der Menschen, in einer globalisierten Welt hinter die Kulissen zu blicken und den großen Lenkern etwas entgegenzusetzen und ihnen die Macht zu nehmen. Das alles ist aber letztendlich nur ein Vehikel, dass dazu dient, einen genialen Charakter in Szene zu setzen: Elliot. Allein nur wegen der Art wie Rami Malek diesen Charakter darstellt, lohnt es sich, Mr Robot zu sehen. Selten hat es eine Serie geschafft, dem Zuschauer so glaubwürdig einen psychisch labilen Menschen zu präsentieren und ihn gleichzeitig am Leben dieses Menschen teilhaben zu lassen.

Die Serie Mr Robot trifft den Nerv der Zeit, verschlingt den Zuschauer und saugt ihn in Elliots Welt ein. Grandios.

Auf der zweiten Seite geht es zum Ausblick.
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Beitrag von:
Montag, 11. Januar 2016, 10:35 Uhr
Mr. RobotReview
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2 Kommentare

  • Uli

    Nach den vielen Vorschusslorbeeren habe ich auch mal in Mr. Robot reingeschaut, aber bin nicht über die erste Folge hinaus gekommen. Elliot ist mir einfach wahnsinnig unsympathisch, er wirkt wie ein gruseliger Sheldon Cooper ohne „regulierende“ Freunde. Statt sich von seiner Therapeutin helfen zu lassen, schnüffelt er lieber in deren Privatleben herum, hackt beliebige Privataccounts in „guter Absicht“, wirft Drogen ein usw. Dazu tiefsinnnige Sprüche ala „Geld ist nur Software“ und eine verquaste Kritik an „dem System“, da fällt es glaube ich leichter einen Massenmörder zu mögen. Irgendwie fehlt mir da ein Gen für Serien, die von Leuten handeln, die man am liebsten wegsperren oder tot sehen will…

  • Jonas
    Jonas

    Eine spannende Feststellung von dir Uli; bei mir kam und kommt Elliot extrem neutral herüber. Ich finde ihn weder unsympathisch noch sympathisch, kommt vielleicht daher, dass man sich mit ihm und sein Leben so gar nicht identifizieren kann.

    Eigentlich würde ich dir jetzt empfehlen, weiter zu schauen, aber glaube wenn du schon so eine starke Antihaltung eingenommen hast, bringt es nichts. Trotzdem noch ein Versuch: Für mich liegt die Motivation den Charakter Elliot zu ergründen, die Weltverbesserung und diese Sprüche sind am Ende gar nicht mehr wichtig :-)

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