Vor 2 Jahren erschien Enola Holmes auf der Bildfläche bei Netflix – die wenig bekannte Schwester des großen Sherlock Holmes, die 2006 in den „The Enola Holmes Mysteries“-Büchern von Nancy Springer zum Leben erwachte. 2020 hat sich Netflix des fiktiven Charakters angenommen – und die Rolle der Hauptfigur recht prominent besetzt mit „Stranger Things“-Star Millie Bobby Brown. Damals wirkte alles mehr wie eine Pilotfolge für eine größere Reihe oder Serie – so hatte ich es in meinem Review zum 1. Teil formuliert. Das bewahrheitete sich jetzt – mit Teil 2, der im November 2022 bei Netflix veröffentlicht wurde, leider etwas fantasielos lediglich „Enola Holmes 2“ betitelt; etwas mehr hätte es schon sein dürfen.
Ansonsten bleibt vieles beim Alten, was nicht schlecht ist, wenn man sich den Auftakt in Erinnerung ruft. Es sind wieder zwei Stunden Laufzeit, die aber recht flott vergehen, weil die Story mit viel tempo erzählt wird. Auch das Element, dass Enola Holmes das eine oder andere Mal mit uns Zuschauer:innen spricht, bleibt erhalten – das ist nach wie vor ganz charmant und hier zudem sehr dosiert eingesetzt, so dass es nicht zu aufdringlich bleibt. Regisseur Harry Bradbeer setzt das Element ein, wo es Sinn macht oder einen besonders guten Effekt erzeugt – passt soweit.
Gemeinsam mit Drehbuch-Autor Jack Thorne fokussiert er sich darauf, auch dem großen Bruder Sherlock etwas mehr Raum zu geben – was der Folge wirklich gut tut. Natürlich arbeitet der Meisterdetektiv an einem eigenen Fall, der sich aber – keine Überraschung – mit dem Fall von Enola Holmes überschneidet. Ja, auch sie hat einen Fall aufzulösen, denn sie hat sich tatsächlich ein eigenes Detektei-Büro zugelegt. Die meisten potenziellen Klienten sind von dem jungen Alter der Detektivin abgeschreckt, aber letztlich kommt es doch noch zu einem Auftrag – klar, sonst gäb’s für uns nichts zu Gucken.
Der Fall selbst ist eher blass, wie ich finde – er stützt sich etwas überraschend nicht auf einen der Romane von Nancy Springer, sondern basiert lose auf einem realen Ereignis – dem Matchgirls‘ Strike in Bow, London von 1888. Die Lösungswege bei diesem Fall sind etwas uninspiriert, wie ich finde, auch das recht heroische Ende der streikenden Frauen ist für meinen Geschmack etwas überzogen. Dafür lebt die Folge wie gesagt einerseits von Sherlock, andererseits aber auch von einigen schönen Details im Laufe der Ermittlungen. Noch ein paar Worte zu Sherlock Holmes, der wieder von Henry Cavill gespielt wird – der Meisterdetektiv wird in dieser Folge gut in Szene gesetzt, gerade sein Spürsinn und sein Gefühl für Details. Toll ist auch die Ausstattung des Apartments von 221B Baker Street, die sehr detailreich gestaltet ist und extrem an das Domizil von Sherlock Holmes aus der Reihe „Sherlock“ mit Benedict Cumberbatch erinnert – wirklich gelungen. Auch, dass 221B Baker Street am Ende noch einen uns bekannten Mitbewohner bekommt – schönes Detail ganz am Ende der 2 Stunden.
Absolutes Highlight für mich war die Einführung eines sehr bekannten Charakters – ja, Moriarty taucht tatsächlich in „Enola Holmes 2“ auf. Seine Entdeckung ist sehr raffiniert eingefädelt, auch das Enttarnen von Moriarty innerhalb der Erzählung ist klasse. Freut mich natürlich zudem, dass Moriarty am Ende den Ermittlungsbehörden entkommt – das verspricht nochmal einiges für einen möglichen dritten Teil.
Insgesamt kann man mit „Enola Holmes 2“ einen gemütlichen, unterhaltsamen Abend verbringen, der Krimi- und Detektiv-Fans abholt, ein bisschen Humor und Historie mitbringt, der aber zum Beispiel bei Fans der „Sherlock“-Reihe eher ein müdes, aber immerhin sympathisierendes Lächeln hervorrufen dürfte.
Bilder: Netflix
Kommentiere