Am 26. September ist die erste Staffel der neuen Serie „Nobody Wants This“ bei Netflix erschienen. In der Romantic-Comedy-Serie bandeln Sex-Podcasterin Joanne (Kristen Bell) und Robbi Noah (Adam Brody) miteinander an. Eine Konstellation, die für Brisanz steht, die leider nur in Maßen ausgeschöpft werden kann. Im Spoiler-armen Review möchte ich euch meine Sicht auf die erste Staffel der Netflix-Serie mitgeben.
Gute Chemie
Das absolute Trumpf-Pfund von „Nobody Wants This“ ist die gute Chemie, die sich eigentlich durch den kompletten Cast aber vor allem beim Haupt-Paar durchzieht. Noah ist einfach ein zwei Jahrzehnte älterer Seth mit Bart aus „O.C. California“. Er ist charmant, zuvorkommend, lustig und etwas nerdig. Joanne spielt mit ihm im Dialog wundervoll die Bälle hin und her, wirkt aber nicht nur für ihn sondern auch ehrlich gesagt für die Rolle etwas zu jung und cool. Allgemein habe ich mich zwischendrin gefragt, ob man das Setting nicht mit rund zehn Jahre jüngeren Darstellenden besser hätte aufziehen können. Kristen Bell und Adam Brody sind super aber eben auch bereits Mitte Vierzig. Gerade bei Bell wirkt es teilweise, als habe man sie in „zu junge“ Klamotten gesteckt. Das wirkt vor allem im Podcast-Setting mit ihrer extrem jünger wirkenden Schwester (gespielt von der im realen Leben rund neun Jahre jüngeren Justine Lupe) so. Dabei funktioniert die Geschwister-Dynamik eigentlich sowohl auf Seiten der Schwestern als auch auf Seiten der Brüder (sage ich jetzt einfach mal als Einzelkind, das ich bin…). Noah hat mit Sasha (äußerst kurzweilig von Timothy Simons gespielt) nämlich auch einen Bruder.
Wo wir beim Cast sind: Allgemein wird finde ich authentisch gespielt. Vor allem Justine Lupe hat mich überzeugt, da ihre Rolle so anders als die der eher zurückhaltenden Lehrerin in der 2. Staffel von „The Big Door Prize“ ist, oder auch ihre Rolle der Rachel Weissman in „The Marvelous Mrs. Maisel“. An die Eltern aus letzterer Serie haben mich Noahs Eltern teilweise erinnert.
Keine Schnulze!
Ja, hier schreibt ein Klischee-schwingender Hetero-Mann, aber ich empfand es als positiv, wie gut es „Nobody Wants This“ geschafft hat, nicht zu schnulzig zu werden. Es gibt emotionale und romantische Momente, aber das wird ganz gut mit den auflockernden Passagen balanciert. Es hätte für meinen Geschmack noch lustiger sein dürfen, aber vielleicht habe ich mich auch nur vom überall zu sehenden Label „Comedy“ verleiten lassen. Für mich ist die Serie eher Dramedy im typischhen Rom-Com-Gewandt.
Gerade in den Drama-Momenten hat „Nobody Wants This“ jedoch so seine Probleme. Die Inszenierung der Hindernisse für die Charaktere wirkt teilweise enorm konstruiert, so dass ein systematisches Hin und Her entsteht. Dazu gibt es äußerst unglaubwürdige Szenen zu beobachten, so wie bspw. in einer Bar, wo plötzlich alle (wirklich alle!) kommentarlos gehen. Gerade zum Ende hin wird es immer schlimmer mit diesen „Wendungen“ und das Finale der Staffel weiß dann komplett zu überdrehen. Da sind totalitäre Impuls-Entscheidungen im Minutentakt zu sehen, bei denen man immer wieder denkt „Denk doch einfach mal in Ruhe drüber nach, schlaf drüber und informiere dich, bitte!“. Da schaltet man eher enttäuscht den Fernseher aus, auch, weil man das Gefühl hat, da müsse jetzt noch eine Staffel kommen, obwohl man alles auch gut als Miniserie hätte aufziehen können. Und empfinde nur ich das so, oder wird Noah zum Ende hin immer langweiliger?
Ach, und eine stilistische Sache möchte ich noch anmerken, die mich vor allem in der ersten Folge gleich mehrfach getriggert hat. Der Schnitt bei einigen Übergangs-Montagen zwischen den Szenen ist einige Male sowas von Off-beat und unpassend zur Musik, dass es weh tut.
Eigentlich war ich die ganze Zeit bei dreieinhalb Kronen, aber das wenig zufriedenstellende Ende der Staffel hat es dann doch noch runtergezogen. Vielleicht erwarte ich da auch einfach zu viel von einer seichten Romantic Comedy, aber das hätte auch die erste Hälfte eines typischen Rom-Com-Filmes sein können (passend zu meinem Aufreger vor ein paar Wochen, auch wenn es sich hier noch im Rahmen bewegt). Die Handlung lässt sich in wenigen Sätzen zusammenfassen und vieles, das als Drama, Wendung oder Hindernis aufgebaut worden ist, fühlte sich künstlich an, vor allem hinten heraus sogar komplett überzogen bis unglaubwürdig.
Aber: „Nobody Wants This“ würde ich jetzt auch nicht sagen (also, als bewertende Einstufung zur Serie). Die Charaktere sind enorm charmant, es gibt einige Momente zum Schmunzeln oder gar Luft-aus-der-Nase-Prusten, und auch in Sachen moderner Gesellschaft werden ein paar Thematiken aufgegriffen, die wichtig für unsere heutige Zeit sind. Dennoch verliert sich „Nobody Wants This“ meiner Meinung nach zu sehr in Nichtigkeiten, ist zu vorhersehbar und letztlich auch irgendwo belanglos. Ich rate keineswegs davon ab, „Nobody Wants This“ anzuschauen, da die Serie super zum entspannten Bingen ist (vor allem mit den gerade mal 21-31 Minuten Laufzeit je Episode), aber mehr ist es dann leider auch nicht.
2. Staffel von „Nobody Wants This“?
Noch wurde nicht offiziell bekanntgegeben, ob es zu einer Fortsetzung von „Nobody Wants This“ kommen wird. Inhaltlich lässt sich natürlich problemlos anknüpfen, es wäre jetzt aber auch kein Beinbruch, wenn man es beim erzählerischen Stand belassen würde. Creator und Showrunnerin Erin Foster gibt jedenfalls an, noch einiges vor zu haben und weitermachen zu wollen. Da die Resonanz grundsätzlich nicht schlecht zu sein scheint und die Produktionskosten verhältnismäßig gering sein dürften, würde ich durchaus Geld drauf verwetten, dass es zumindest eine zweite Staffel geben wird.
UPDATE [10.10.2024, 20:34 Uhr]: Und siehe da – Staffel Zwei wurde soeben offiziell bestätigt.
Put down your ice cream. NOBODY WANTS THIS SEASON 2 IS HAPPENING. pic.twitter.com/CsUbyURB4F
— Netflix (@netflix) October 10, 2024
Bilder: Netflix / Saeed Adyani
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