Disney hat mich vergangenes Jahr positiv mit „Only Murders in the Building“ überraschen können. Die erste Staffel war ein sehr unterhaltsamer Genre-Mix mit tollem Ensemble und einer erfrischenden Story. Nicht umsonst hat das Format es bei mir zur besten Dramaserie des Jahres geschafft gehabt. Nun folgte die oftmals so schwere zweite Staffel (Trailer), die Ende August ihren Abschluss gefunden hat. Um es meinem Spoiler-armen Review vorwegzunehmen: Die Qualität blieb erfreulich hoch.
Braucht es überhaupt eine Fortsetzung?
Zum Ende der ersten Staffel war ich überrascht, dass bereits so ein klarer Übergang zu einer möglichen Fortsetzung gesetzt wird. Für mich hätte „Only Murders in the Building“ auch wunderbar eine für sich stehende Miniserie sein können. So kam aber direkt die Befürchtung auf, man überspanne den Bogen, nur um den Erfolg fortzusetzen, obwohl es inhaltlich nicht unbedingt eine Grundlage dafür gibt.
„It’s very rare for a true crime podcast to do a sequel. They usually move on to a new case that never hits like the original.“ (Charles)
Hervorzuheben ist der direkt erfolgende eigene Umgang mit dieser Frage in der Serie selbst. Da wir es mit einem parallel laufenden Podcast-Projekt zu tun haben (das noch immer auf eher wundersame Art und Weise von irgendwem irgendwann irgendwie im Hintergrund geschnitten und veröffentlicht wird…) bietet es sich an, analoge Terminologien zu verwenden, die hervorragend die Meta-Ebene bespielen. Ganz konkret wird das, als eine Figur um die Podcast-Rechte bittet, um eine „Zehn-Episoden-Streaming-Serie“ aus dem Stoff zu machen.
„I will not be the one-hit wonder of true crime podcasts, Poppy. I won’t. I will not be podcast Nickeback.“ (Cinda Canning)
Einiges gleich, anderes anders…
Vieles in der zweiten Staffel „Only Murders in the Building“ ähnelt der ersten und doch fühlt es sich nicht wie eine Wiederholung an. Das liegt vor allem daran, dass Charles, Oliver und Mabel dieses Mal selbst auf der Liste der verdächtigen Personen stehen. So entsteht eine pikante Vielschichtigkeit der Investitionen. Doch leider nur für kurz, denn meiner Meinung nach verschwindet der Polizei-Ansatz zu schnell und unglaubwürdig in den Hintergrund.
Die Geschichte ist allgemein recht konstruiert und basiert mir etwas zu sehr auf Erinnerungslücken und dem kategorischen Aufarbeiten dieser. Entsprechend haben sich die Ebenen der Erzählung nicht ganz so natürlich und stringent angefühlt wie es noch in der ersten Staffel der Fall war.
„She used the word ‘Manhatty,’ and you just used ‘hot goss.’ It’s like I’m watching Squid Games without subtitles.“ (Charles)
Da waren schon ein paar auffälligere Plotholes sowie Figuren und Entwicklungen dabei, die stets nur aktiv zu sein schienen, wenn sie gerade gebraucht werden. So wirkte das alles deutlich konstruierter, vor allem in der ersten Hälfte der Staffel.
Gleicher Charme und Genre-Mix
Aber über die meisten dieser kleineren Ungereimtheiten kann man leicht hinwegsehen, weiß „Only Murders in the Building“ sich doch weiterhin seiner Stärken zu besinnen. Die stehen zum einen mit Selena Gomez, Steve Martin und Martin Short vor der Kamera. Die Chemie zwischen den dreien ist weiterhin goldig und vor allem Oliver Putnam ist weiterhin für etliche lustige Momente zu haben, erhält aber weiterhin Tiefe im Charakter, statt einfach nur der ulkige auflösende Moment auf zwei Beinen zu sein. Zum anderen wäre da nämlich das Drehbuch, das es schafft, die Figuren alle so herzlich und voluminös erscheinen zu lassen. Selbst die Nebenfiguren haben oftmals mehrere Falsetten und fügen sich charmant in das Gesamtbild ein. Die Dialoge sind oftmals durchdacht geschrieben und haben neben offensichtlichen Witzen auch viel Humor im Beiläufigen. Nur mit der von Cara Delevingne gespielten Figur der Künstlerin Alice Banks hatte ich so meine Probleme zwischenzeitlich, das ist aber denke ich so gewollt gewesen im Zuge der Charakterisierung.
Erneut bekommen wir eine Mischung aus Drama, Thriller und Comedy geboten, die es aktuell selten in so einer Form zu sehen gibt. Zumindest auf diesem Niveau. Zwei Folgen habe ich gebraucht, um wieder rein zu finden, dann konnte ich den Rest wunderbar durchschauen. Die großen Highlight-Momente haben mir jedoch etwas gefehlt. Es gab viele Momente des Schmunzelns sowie den einen oder anderen leichten Lacher und auch die Story selbst konnte mit ein paar netten Wendungen aufwarten. Aber DIE Überraschung, DER lauthalse Lacher oder DER Twist kamen leider nicht. So richtige gab es glaube ich in Staffel Eins auch nicht, aber da hat es sich insgesamt ein bisschen besonderer angefühlt. Das ist dann wohl der Fluch der Fortsetzung.
Insgesamt weiß „Only Murders in the Building“ auch in der zweiten Staffel allerbestens zu unterhalten. Die besondere Mischung aus Whodunit?- und Comedy-Elementen wird vor allem durch den stark aufspielenden Cast und die herzlich geschriebenen Charaktere unterstrichen. In der Zusammensetzung wäre vermutlich auch die gemeinsame Dachzinnenreinigung gelungene Serien-Unterhaltung. Teilweise scheint man sich aber genau darauf zu verlassen. Die Story wirkt zu Teilen zurechtgeschoben und lässt ganz groß durchdachte Komplexität vermissen. Das muss natürlich aufgrund des eher leichten Settings keine „Better Call Saul“-Ebenen erreichen, aber so geht halt auch etwas Qualität flöten. Da wir es auch in gewisser Weise mit einem ähnlichen Fall wie dem ersten zu tun haben, wenn auch etwas größer aufgedreht, fehlt die Frische im Vergleich zu Staffel Eins. Das war im eng erzählten Erstfall einfacher, stringent zu bleiben. Entsprechend wünsche ich mir auch, dass eine Fortsetzung grundlegend andere Züge besitzen wird. Aber davon ist ja auszugehen, so wie sich Staffel Zwei am Ende gezeigt hat. Die dürfte es dieses Mal wohl eher nicht in meine Jahresliste schaffen, aber das ist gar nicht schlimm.
3. Staffel von „Only Murders in the Building“?
Keine Angst, es wird weiter gehen! Bereits vor Ablauf der zweiten Staffel hat Hulu offiziell bekanntgegeben, dass eine dritte Staffel folgen wird. Noch ist nicht klar, wann genau sie erscheinen wird, aber irgendwann im Jahr 2023 soll es soweit sein. Dem typischen Staffelsystem folgend dürfte es also wieder sommerliche Unterhaltung für uns geben.
Bilder: Hulu / Disney+
So sehr mich Staffel 2 auch unterhalten hat, man merkte, dass keiner der Autoren auch nur irgendeinen Plan hatte, wo die Reise diesmal hinführen sollte.
Kaum etwas hatte irgendeinen Sinn ergeben, vieles wurde mit viel Tamtam präsentiert und hatte am Ende keine Relevanz (Und es fühlte sich nur selten wie ein geplanter MacGuffin an), Nebenhandlungen wurden endlos in die Länge gezogen (Der Vaterschaftstest) und es wurde so viel Zeit auf das Privatleben der Charaktere verschwendet, dass sogar im letzten Drittel der Staffel einige Figuren darauf hinwiesen, dass es im Fall lange nicht nicht vorwärts ging.
Es ist aber immer noch die zur Zeit unterhaltsamste Serie „im Fernsehen“. Ich habe jede Folge genossen und so manche Umleitung (etwa Charles „Beziehung“ mit seiner Psycho-Ex) hätte ruhig noch länger dauern können.
Aber bitte bringt Oscar zurück. Ich hoffe, der Schauspieler hatte einfach nur keine Zeit, denn es ist schon sehr schade, dass er mal eben so mit einem „Ach, hat nicht funktioniert“ aus der Serie geschrieben wurde, nach all dem, was man in Staffel 1 über ihn und Mabel erfuhr.
https://www.youtube.com/watch?v=jYYqAXsz2Zs
Bei Oscar scheint man wohl einfach nicht den Beziehungs-Strang weitergehen zu wollen – aber es gibt die theoretische Möglichkeit einer Rückkehr: https://screenrant.com/only-murders-in-building-oscar-season-2-explained/
Da wollte man wohl lieber den Künstlerinnen-Ansatz, um eine externe Figur dazu zu bekommen, was für den Aufbau ja sogar verständlich ist, mehr als ein kurzer Fahrstuhl-Dialog über ihn wäre aber schon nett gewesen… Hätte ich auch nichts gegen!
Kleine, unbewiesene Spekulation:
Selena Gomez spielt nicht nur in der Serie mit, sondern ist auch eine der „Executive producers“ und Cara Delevingne spielt in der zweiten Staffel nicht nur Selena Gomez Kurzzeitromanze, die beiden sind im RL auch seit einer halben Ewigkeit eng befreundet.
Wenn sich Selena gedacht haben sollte, dass, wenn Steve Martin seinen guten alten Freund Martin Short mit in die Serie holt (die beiden spielen ja seit 1986 immer wieder zusammen), sie das ja auch mal mit ihrer Freundin machen kann, wäre das für mich 1. nachvollziehbar und 2. auch vollkommen ok.
Wie gelungen (oder eben nicht) ich Caras Rolle finde, steht allerdings auf einem anderen Blatt…
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