Hui, die fünfte Staffel entpuppt sich immer mehr als Bahn- und Talfahrt. Und diese Fahrt hat so einige Höhen, aber auch große Tiefen. In so einem Tief sind wir in dieser Folge wieder angekommen. Ohne die Storyline von Taystee hätte ich so meine Schwierigkeiten gehabt am Ball zu bleiben.
Den Aufstand werden wir in dieser Staffel so schnell wohl nicht los. Die Autoren hangeln sich weiter an MCCs Handlungsunfähigkeit entlang und geben den Frauen immer mehr Gründe erbost zu sein. Bevor es aber ins serielle Hier und Jetzt geht ein kurzer Blick auf das eigentliche Highlight der Folge: der Rückblick Taystee’s Vergangenheit hält einige Emotionen bereit. Damit meine ich weniger die rührende, aber allzu offensichtliche Geschichte mit ihrer Mutter. Taystee findet wieder Kontakt zu ihr und scheinbar auch eine Bindung. Ihr wird sogar die Aufnahme in die Familie versprochen. Dass das niemals stattfinden wird, war eigentlich von Anfang an sehr vorhersehbar. Schauspielerisch liefert Danielle Brooks trotzdem Glanzleistungen ab. Richtig zum Strahlen kommt sie aber in der finalen Rückblickszene. Taystee hat ihren zweiten Tag in Litchfield. Natürlich hat sie noch keinen Anschluss gefunden und zieht sich in die Bibliothek zurück. Zwei weiße Insassinnen planen ihre Diät und als die beiden von dannen ziehen, macht sich eine bekannte Stimme über sie lustig. Niemand anderes als Poussey versteckt sich hinter den Büchern und trifft zum ersten Mal auf Taystee. Gänsehaut und Tränen sind hier vorprogrammiert. Dieses kurze Wiedersehen hilft der Folge emotional auf die nötigen Sprünge, den richtigen Absprung schafft sie damit allerdings nicht.
Gefühlt passieren in der Folge in Litchfield viele Dinge, die für die Folge keine große Bedeutung haben. Vielleicht werden sich kleine Teile später auszahlen und erst auflösen, im Moment fühle ich mich jedoch in vielen Kleinigkeiten ein wenig verloren. Morello und Nicky zum Beispiel. Beide kommen sich ungewohnt nahe, Morello will sogar mit Nicky schlafen. Dann rastet sie aus, will wieder Abstand und erzählt sie wäre schwanger. Okay?!? Die beiden hatten in der Serie schon immer ihre kleinen Auseinandersetzungen und so langsam sehe ich hier keinen Punkt mehr. Nicky hat genügend emotionale Tiefen erlitten und hier verstehe ich nicht so ganz wohin diese Geschichte noch gehen soll.
Immerhin hat der Aufstand mittlerweile auch die Außenwelt erreicht und aufgeweckt. Aleida nutzt die Gunst der Stunde und versucht sich im TV-Geschäft. Leider hat sie dabei nicht an ihr loses und wahrscheinlich aufgeregtes Mundwerk gedacht und stolpert im Interview direkt in die Swearing-Falle. Amüsant ist die Szene, trägt aber im Moment noch relativ wenig zum Verlauf hinter den Gittern bei. Bayley ist ausgenüchtert und wieder auf freiem Fuß. Wirr im Kopf und weiter von Schuld geplagt will er sich im Elternhaus mit Farbstoff den letzten Rest geben. Wir können alle unsere Lektionen im Leben lernen und so erfährt er direkt von seiner Mutter, dass Farbstoff nicht giftig ist, sondern lediglich zu Magenkrämpfen führt. Er fleht weiter darum endlich für seine Tat in Litchfield bestraft zu werden. Da ihn aber keine so wirklich ernst nimmt, bleibt er hier weiter auf der Strecke. Ich kann mich noch nicht so recht entscheiden, wie ich den Verlauf mit Bayley finden soll. Die Ignoranz seiner Gesellschaft ist natürlich ein kritischer Punkt in der Serie, mit den humorigen Einlagen und dem mittlerweile zweiten Patzer mit Farbstoff kann ich die Kritik aber auch nicht wirklich ernst nehmen.
In Litchfield findet derweil eine andere Art der Verhandlung statt. Pennsatucky muss ich vor ihren Mitinsassinnen für den „Ausbruch“ von Coates rechtfertigen. Boo springt mit Law & Order Theme als Verteidigerin ein und versucht eine faire Verhandlung zu führen. Es geht ein wenig hin und her und schlussendlich hält Pennsatucky eine Predigt über das ungerechte Rechtssystem. Sollen die Insassinnen doch nicht auch so agieren, wie die Leute die sie hierher gebracht haben. Schuld haben natürlich immer die Anderen, zumindest wirkt es in Litchfield oft so.
Abstrus ist der kleine Handlungsbogen um Frieda. Sie lockt mit versteckten Botschaften einige Frauen in ihren geheimen Notbunker. Zusammen ist man halt weniger allein. Es gibt hier zwar eine Menge Rationen für alle Hingelockten, aber Platz ist nicht genügend und schnell entbrennt eine kleine Diskussion und den Frauen. Frieda wäre aber nicht Frieda, wenn sie nicht noch ein kleines Ass im Ärmel hätte. Und hier gehen die Autoren den Weg a la „ich schreibe mir die Welt, wie sie mir gefällt“. Denn natürlich verbirgt sich hinter Friedas kleinem Versteck noch ein großer ungenutzter Sportraum, inklusive Computerecke und Schlafsofa. Den kleinen Bunker habe ich den Autoren noch abgenommen und über die Jahre hat Frieda bestimmt einige Dinge ansammeln können, aber der Sportraum geht für meinen Geschmack ein wenig zu weit. Kurzzeitig habe ich mich wie in einer Folge „Lost“ gefühlt. Fehlt eigentlich nur ein Code der regelmäßig in den Computer eingegeben werden muss.
In der „normalen“ Welt bekommen Taystee, Cindy, Alison und Watson ein Erfolgserlebnis. Nita aus dem Gouverneursbüro geht auf die Forderungen der Insassen ein. Es gibt ein großes Carepaket voll mit Hot Cheetos, Takis und Tampons für alle. Super. Natürlich ist der Akt nicht ohne Hintergedanken. Nita möchte gerne die Geiseln als Tausch, immerhin sind die Cheetos doch ein Zeichen des Guten Willens. Taystee durchschaut die manipulativen Versuche und zieht kurzen Prozess. Die frisch verteilten Goodies werden wieder gesammelt und auf einem großen Haufen vor den Gefängnistüren vor Presse und Polizei verbrannt. „Wir wollen verdammt nochmal ernst genommen werden.“
Der Abgang der Folge sitzt gut. Leider hat der Rest nicht so ganz überzeugt. Es gab viel Geplänkel in der Folge. Manche Stränge scheinen weiter nur Füllmaterial für die Folgen zu sein. Der Aufstand flacht immer mehr ab und wird vom Zuschauer immer weniger ernst genommen. Wie soll es auch anders sein, wenn selbst die Außenwelt von Litchfield die Insassen für dumm verkaufen will. Taystee ist nicht erst seit der letzten Folge der lebensrettende Charakter der aktuellen Staffel. Ohne sie wäre OITNB auf ganz schwachen Beinen. Also entweder es gibt bald nur noch komplette Folgen mit ihr, oder die Autoren schaffen es, die anderen Handlungen wieder ein wenig interessanter zu schreiben.
Bilder: netflix
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