Kurz vor dem Finale kommen die beiden zurück, die in der gesamten Staffel zu kurz gekommen sind. Und sofort merkt man: es war nicht schlimm, dass die beiden sehr in den Hintergrund gerückt sind. Alex und Piper sind als Charaktere längst nicht mehr so interessant, wie sie es noch zu Beginn der Serie waren. Und irgendwie muss ich auch sagen, der Rückblick auf die Beziehung der beiden war für die vorletzte Folge einfach nicht mehr notwendig. Zu wichtig waren all die anderen Handlungen während des Aufstands. Anfangs war es zwar noch gewöhnungsbedürftig die beiden seltener zu sehen, aber von Folge zu Folge war es ehrlich gesagt auch recht angenehm. Nun denn, auf in den Rückblick.
Das Hauptthema der beiden war schon immer die verschrobene Beziehung. Es wirkte oft schon wie eine Hassliebe. Immerhin sitzt Piper wegen Alex in Litchfield. Starten wir also mit einer Tattoo Szene. Piper ist mal wieder im Frust auf Alex. Und wie soll es anders sein, das Tattoo soll die Liebe wieder entfachen, oder zumindest aufmerksam darauf machen. Wie platt. Hier hätte man sich auch wirklich etwas mehr einfallen lassen können. Erinnert mich an die „Füllfolge“ von Lost, als damals das große Geheimnis um Jack’s Tattoos aufgeklärt wurde. Irrelevanter ging es kaum, Hauptsache wir haben ein paar Serienminuten gefüllt. Nun denn. Piper hat also einen an sich farbigen Fisch auf dem Rücken, um Alex zu zeigen, wie farbenfroh die Liebe zwischen den beiden ist. Konterreaktion von Alex. Ein Tattoo mit dem Inhalt „Love is Pain“. Grmpf. Der Zwist ist gelegt. Auf in den Kampf. Alex verrät Piper, Piper ruft nach ihrer Verurteilung direkt Alex an und gesteht die anhaltende Liebe. Beide merken natürlich, dass sie voneinander nicht lassen können. Wie gut, dass sie sich bald in Litchfield wiedersehen werden. Die Story hätte man gut und gerne auch ein paar Staffeln eher bringen können. Inmitten des Aufstands wirkt sie deplatziert. Vor allem in Anbetracht der Ereignisse der letzten Folgen.
Bezug zum aktuellen Moment findet der Rückblick in Pipers Antrag an Alex. Kleine Liebeszene. Trara und die beiden lieben sich (für immer?). Kann man machen.
Zu den wirklich wichtigen Dingen. Taystee bleibt hart bei den Verhandlungen. Nachdem ein Video von Piscatella im Netz aufgetaucht ist und die grausamen Taten zeigt, sieht es wieder gut für die Insassen aus. MCC geht auf alle Forderungen ein, bis auf die Verurteilung von Bayley. Das liegt nicht in deren Spielraum, verständlich. Taystee reicht das nicht. Ihrer Meinung nach war der ganze Sinn des Aufstands die Gerechtigkeit für Poussee. Dazu gehört nun mal der Verurteilung. Der Deal zwischen Fig und Taystee platzt und zusammen mit Caputo muss Fig den Knast verlassen. Wer jetzt denkt, dass der Aufstand noch gut ausgehen wird, ist selbst schuld. Taystee war in den vergangenen Folgen cleverer als in diesem einen wichtigen Moment. Sie hat ihre Prinzipien, aber so wirklich nachvollziehbar ist ihre Entscheidung nicht mehr. Sie glaubt weiterhin an das gute Ende.
Einen großen Strich durch die Rechnung macht ihr Ruiz. Sie war es, die die Wärter freigelassen hat und direkt in die Hände von MCC führt. Alle Hoffnung für den Aufstand und Gloria’s Wiedersehen mit ihrem Sohn sind wohl dahin. Mit Ruiz habe ich in dem Moment absolut nicht mehr gerechnet. Insgeheim haben die Autoren in den Anfangsfolgen der Staffel ihr Problem mit ihrer vielleicht verlängerten Strafe aufgebaut. Nett gelöst und nachvollziehbar. Blöd nur, dass MCC logischerweise nicht mehr auf einen Deal mit ihr eingehen wird. Sie haben, was sie brauchen und endlich freien Raum für die Stürmung von Litchfield. Emotional wird hier natürlich umso mehr das letzte Wiedersehen von Ruiz und ihrer kleinen Familie. Es ist schon tragisch, wenn die frisch gewordenen Mütter so gut wie keinen Zugang zu ihren Kindern haben. Mit ihrem Mann hat sie absolutes Glück.
Gleiches Spiel mit Morello. Sie hat zwar Gewissheit über ihre Schwangerschaft, aber auch über den Fakt, dass sie ihr Kind in den ersten Lebensjahren nicht begleiten kann. Morello war oft der gut gelaunte Faktor in Litchfield. Zusammen mit Nicky haben die beiden oft die Folgen aufgepeppt und belebt. Umso schöner ist die kleine Wiedervereinigung zwischen den beiden. Nicky als kleine Seelsorgerin passt gut in die Folge und das Zusammenspiel funktioniert hier meiner Meinung nach besser als zwischen Piper und Alex. Rührend ist vor allem ihr Aktionismus gegenüber Vinnie. Nicky schafft es einfach selbst am Telefon den Leuten Angst einzujagen.
Genervt hat mich in der Folge der Sprung zu Bayley. Er war generell der leidtragende und die Trauergestalt des Aufstands in der Außenwelt. Das sollte mittlerweile auch jedem Zuschauer klar sein. Seine Reise zu Poussees Vater war umso frustrierender. Bayley sucht nach Erlösung, Freispruch oder was auch immer. Dass er genau das bei ihrem Vater nicht finden wird, zumindest nicht nach so kurzer Zeit, sollte auch seinem jugendlichen Leichtsinn klar sein. Gut. Spielen wir also das Spiel und hören uns den Frust von ihm an. Eingeschüchtert plant Bayley dann auch noch die Rückfahrt nach Litchfield. Wieviel Schmerzen will sich dieser Junge eigentlich noch antun? Und wen interessiert es am Ende eigentlich noch?
Die Folge endet mit dem großen Knall für das Finale. MCC bereitet die Erstürmung von Litchfield vor. Wenn das kein „Spaß“ für die letzte Folge der Staffel wird, dann weiß ich auch nicht.
In Summe eine solide vorletzte Folge. Hier und da ein paar nette abschließende Handlungen von wichtigen Dingen aus der Staffel. Der Rückblick mit Alex und Piper war leider absolut überflüssig. Die Folge hätte genauso gut, wie auch die vorhergehende Folge, ohne eine rückblickende Handlung auskommen können. Der Antrag von Piper war nett, aber im Endeffekt für den Zuschauer von wenig Relevanz. Zumindest im Getümmel des Aufstands. Tragisch ist die Rolle von Taystee in dieser Folge. Sie hat für viel in dieser Staffel gekämpft. Hat sich eingesetzt und clever agiert und verhandelt. Nur um in einem Moment kurz falsch zu denken und allen Insassen riesigen Schaden zuzufügen. Klar ist die Frage was passiert wäre, hätte sie eingewilligt und die Geiseln wären in dem Moment auch mit Ruiz nach draußen gekommen. So aber wird sich Taystee ihren Fehler für sehr lange Zeit vorwerfen und verwerfen lassen müssen. Schade.
Bilder: netflix
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