Wer führt was im Schilde und wieso sind eigentlich alle so komisch? „Orphan Black“ hat diese Woche mal wieder ein munteres Motivations-Versteck- und -Verkleidungs-Spiel gespielt, dabei aber leider außer Acht gelassen, dass solche Spielchen eine höhere Wirkung entfalten, wenn sie nicht holterdiepolter erscheinen und wieder verschwinden.
Zunächst hat Sarah die vermutlich seltsamste Skype-Session ever. Dabei erhalten wir eine visuell schöne Anspielung auf den Rorschach-Effekt aus dem Intro der Serie. Ansonsten ist dieses „Nicht schon wieder eingesperrt…“-Deja Vu vorbei, bevor es überhaupt begonnen hat. Wenigstens setzt es noch eine herrliche rhetorische Frage, ehe der Vorspann einsetzt.
„So, is Sarah Manning finally ready to behave?“ (Ferdinand)
Nehmen wir die offiziellen Varianten, ist eigentlich alles Super. Die liebe Tante Rachel will Kiras Bestes und sie langfristig beschützen, also untersuchen. Es gibt aber Besuchsrechte und alle Liebenden werden artig wieder zusammen geführt (wenn auch auf die bescheuertste und Misstrauen-schürendste Variante überhaupt) und irgendwie geben sich alle plötzlich erstaunlich einverstanden mit der propagierten Situation. Yay, let’s have ice cream and go to bed!
Dann, als gerade alle wieder vereint daheim sind, folgt dann zum Glück doch noch der Initialmoment, als Ferdinand die Tür schließt. Puh!
„Ohhhh, touching!“ – „Why don’t you choke on your own vomit?!“ (Ferdinand & S)
Eine Seltsamkeit der Episode: Ein dicker Mann und eine noch dickere Frau können von Polizei und/oder Neos nicht geortet werden, obwohl sie einfach in ein öffentliches Krankenhaus gegangen sind. Das wirkt utopisch, selbst wenn an Helenas Paranoia nun wirklich etwas dran sein sollte und da irgendwie hintenherum versucht wird, an DNA oder die Babies zu kommen. Die sind übrigens in Ordnung, wird wurde schon! Superschnell-heilendes Knochenmark – wer braucht das schon?! Doch nur manische Leute mit zu viel Machtgier und dem Drang, etwas Klonen zu wollen…
„Yes, I understand puncture.“ (Helena)
Ich möchte noch einmal dran erinnern, dass ihr doch bitte bei sämtlichen Szenen mit mehr als einer Tatiana Maslany im Bild darauf achtet, wie das Bild gesteuert wird. Da waren wieder herrliche Umsetzungen dabei, wie die weggeschlagende Kaffeetasse oder die Schlüsselübergabe zwischen MK und Sarah. Okay, wirklich wechseln sie ihre Klamotten nicht, aber die Übergabe von Gegenständen oder auch die passende Verortung der Rachel-Perücke sind schon verdammt gut gemacht.
Cosima trifft auf PT Westmoreland, der sich für seine 170 Lenze dann doch ganz beachtlich gehalten hat. Würde ich jetzt zumindest mal so sagen, fehlen mir dafür eigentlich die Referenzen anderer Leute diesen Alters. Bis auf Fragen und nette Käse-Analogien diente die Szene jedoch bislang eher einer Einführung denn einer wirklichen Weiterführung. Dann doch lieber das gute alte „Wer bin ich?“-Spielchen!
„Let’s go, kidnap my daughter.“ (Sarah)
Aus einem kleinen Familien-Meeting im Staubsaugerraum entwickelt sich ein genialer Plan: Sarah verkleidet sich als Rachel, humpelt statt auf Krücken an Gehhilfe und holt Kira frühzeitig aus dem Unterricht. So weit so „spektakulär“. Dann übergibt man das Kind im Trubel an eine wenig verkleidete Mrs. S, ehe draußen ein überhaupt nicht unauffälliger Felix wartet. Dazu ein bisschen offensichtliche Telefonie und das total krasse Austricksen eines von eigentlich einem halben Dutzend Handlangern und yay – fertig ist die Mission Impossible 2017! Wusste gar nicht, dass es soo einfach geht…
Dann wäre da noch MK. Arme MK, die nicht nur ihren Online Gaming-Avatar, sondern auch sich selbst opfert. Ferdinand tritt auf unmenschliche Weise nach und projiziert seine Rachel-Wut auf MKs Brustkorb. Rüde! Schade, dass ihr Tod dann doch so plötzlich kam, irgendwie fühlt es sich an, als habe man das Potenzial der Figur nur so rudimentär ausgeschöpft, wie MK selbst sich in die Öffentlichkeit getraut hat. Das spüre nicht nur ich, sondern auch Kira, die ein Erschüttern der Klon-Schwestern-Macht feststellt. Kein Wunder, dass sie wissen möchte, was nicht mit ihr stimmt und so muss Sarah lernen, dass Kira ihren eigenen Willen entwickelt und Kinder nun einmal sehr bockig sein können, wenn lange Autofahrten bevorstehen. Um „wann sind wir endlich da-ha?!?“-Fragen aus dem Weg zu gehen, wird der stumme Chauffeur weggeschickt und eine Runde am Wasser geweint.
Zwei kleine Hoffnungstropfen gibt es dann doch noch gen Ende. Ira wird als Informant und mögliches Aktivierungs-Zahnrad in die Reihen der Feindschaft geflogen und Delphine taucht auf. Na dann…
Hm, da fand ich den Auftakt jetzt doch etwas besser und ärgere mich, dass ich dem nicht 3,5 Kronen gegeben hatte. Dann muss ich hier halt aus Differenzierungsgründen erbarmungslos auf 2,5 gehen. Das ist dann aber auch vor allem der Handlung geschuldet. Die groß aufgezogene (bzw. erdachte, die Umsetzung erfolgte ja dann doch recht kurz) Rettungsaktion, die an sich ja nett konzipiert war, aber am Ende nichts einbrachte, konnte mich nicht gänzlich überzeugen. Am Ende scheiterten ausgebuffte Taktiker und Überlebenskünstler am Willen eines Kindes. Okay, Statement gemacht und so kann wenigstens niemand Sarah und Co. vorwerfen, nichts versucht zu haben. Aber über diesen funktionalen Charakter hinaus konnte ich dem nicht wirklich etwas abgewinnen.
Anders sieht es bei der visuellen Umsetzung aus. Da waren einige wunderschöne Umsetzungen dabei, von denen auch einige ihren Weg in Bildform in diesen Beitrag geschafft haben. Gerade deshalb stimmt es mich etwas unglücklich, dass die Handlung nicht immer entsprechend auf Augenhöhe mitgespielt hat. Da ärgerte mich dann doch zu vieles und die auf Hurra-Fernsehen getrimmten Szenen waren meist nur der Effekthascherei verpflichtet. Da hat mich die visuell eindringliche Mundspritzen-Szene tatsächlich noch am meisten berührt. Aua.
Bilder: BBC America
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