Endzeitstimmung bei den Shelbys. Mit dem jüngsten Staffelfinale hätten wir nur noch zwei Staffeln und sehr wahrscheinlich nur noch zwölf Episoden vor uns, um uns endgültig aus Birmingham „by order of the Peaky-fucking-Blinders“ zu verabschieden. Das Staffelfinale selbst hatte auch schon so etwas wie eine Abschiedsszene aber ganz anders, als ich das noch in der letzten Woche vermutet hatte.
Um es gleich vorweg zu nehmen: am Ende haben wir noch genauso viele Shelbys wie zu Beginn der Folge. Da lag ich also falsch. In einer anderen Sache nicht. Und das Ende selbst war mehr als überraschend weil völlig unvorbereitet. Dieser Tommy!
Handlung
Handeln wir die Top Story Punkte des Staffelfinales einmal kurz ab. Und es passiert noch einiges in den letzten 60 Minuten.
Der Tag beginnt dabei recht fröhlich und förmlich. Ein Kinderheim wird eröffnet, welches unter der Trägerschaft der gemeinnützigen Shelby Foundation steht und Grace Namen führt. Die Herren und Damen sind also festlich gekleidet und wir lauschen einer Rede Tommys, die sehr darauf eingeht, wie gut diese Einrichtung für die Kinder sei und wem man dies zu verdanken hat. Der Blick richtet sich auf ein Bild von Grace.
Im Durcheinander der nachfolgenden kleinen Feierlichkeiten und den Selfies mit Tommy verschwindet auf einmal Charlie, Tommys Sohn. Nach einer kleinen Angstattacke Tommys und dem Ausschwärmen der Peaky Blinders in der Stadt, meldet sich – wen wunderts – die Economic League und Father Hughes.
Man habe von den Plänen Tommys mit den Russen gehört und auch von seinem Tunnelvorhaben. Da man sicher gehen will, dass der Plan der League aufgeht, also dem diplomatischen Bruch der Beziehungen zu Russland zur Unterstützung des Kampfes gegen den Kommunismus, befindet sich Charlie in sicherer Verwahrung.
Tommy ist merklich gebrochen und stimmt den Wünschen der League ohne Einschränkung zu. Nun sollen die Blinders den Zug in die Luft sprengen und belastendes Material in den Zugwrackteilen hinterlassen, der die Spuren zur russischen Botschaft legt. Zudem hätte die League ganz gerne den Schmuck aus dem Tunnelraub.
Zurück bei der Familie äußert Tommy zunächst einmal den Verdacht, dass einer aus der Familie geredet haben muss, denn die Aktion mit dem Tunnel kannten nur Arthur, John, Ada und Polly. Neben seinen Kumpels aus Kriegstagen und den Zigeunern …
Wie sich aber herausstellt, war es Mr. Solomons, der sein Wissen zu Geld gemacht hat. Dies führt auch zur besten Szenen der Folge und der gesamten Staffel. Man trifft sich in einer der zahlreichen Werkshallen und „diskutiert“. Während der Unterhaltung wirft Tommy Solomons vor, eine Grenze des Tolerierbaren überschritten zu haben, da sich die League Charlie geschnappt hat.
Daraufhin setzt Tom Hardy alias Mr. Solomons zu einer beeindruckenden Rede an, deren Inhalt ungefähr so geht: er hält Tommy einen Spiegel vors Gesicht und zählt seine Taten auf, all die toten Männer und Frauen, die für „seine gute Sache“ sterben mussten. Es gäbe in dem Geschäft Grenzen aber die hat Tommy genauso überschritten wie Solomons es tut, wenn es sich rechnet.
Und das mit Charlie konnte Solomons nicht ahnen. Das glaubt Tommy ihm auch. Im Rahmen des Gerangels zwischen Tommy, Solomons und einem Helfer Solomons kommt Michael übrigens dazwischen, als Tommy in arger Bedrängnis ist und schießt dem Helfer in den Kopf. Bäm! Welcome to the Peaky Blinders, Michael!
Es werden also Vorkehrungen getroffen um den Zug dann doch zur Explosion zu bringen. Gleichzeitig versuchen die Shelbys alles um den Aufenthaltsort Charlies herauszubekommen. Und Tommy höchstselbst haut sich in den Tunnel und gräbt und gräbt und gräbt. Die Frist der League ist nicht gerade kundenfreundlich.
Am Ende können sie den Aufenthaltsort Charlies herausbekommen, was zum zweiten Mord Michaels führt. Er lässt es sich natürlich nicht nehmen, seinen früheren Peiniger sehr peakyesk mit einer Klinge den Hals aufzuschneiden. Die Nachricht, dass Charlie in Sicherheit ist, kommt allerdings zu spät bei John und Arthur an. Der Zug liegt schon in Trümmern und im eigenem Feuer.
Zudem erfahren wir von einer geheimen Absprache zwischen Tommy und Tatiana. Es war nämlich ihre Idee, die eigenen Eltern auszurauben. Die Eltern würden die Schmuckstücke nie verkaufen und sie hat das Leben in London satt, will lieber in Saus und Braus in Wien mit einem Mann leben, der dort auf sie wartet. Tommy und ich hatten in dieser Szene denselben Gedanken: „poor man“.
Das Geld aus dem Schmuckdeal wird dann schön säuberlich im Büro ausgestellt und unter den Familienmitgliedern verteilt. Dazu gibt es von Tommy noch warme Worte der Entschuldigung, er habe sehr viele Fehler gemacht und hätte lieber auf seine Familie hören sollen. Zudem herrscht in der Familie das allgemeine Gefühl vor, sich vom kriminellen Geschäft zu verabschieden und „bürgerlich“ zu werden. Auch wenn Tommy dem entgegenhält, dass die Gesellschaft die Shelbys nie akzeptieren würde.
Als sich dann auch noch Arthur von seiner Familie verabschiedet, ihn und seine Frau zieht es in die USA, könnte man denken, dass wir hier das Serienfinale sehen. Und nicht das Staffelfinale.
Der große Showdown kommt dann auch noch: Tommy ist einen Deal (sehr wahrscheinlich) mit der Regierung um Churchill eingegangen, um einen starken Partner an seiner Seite gegen die Economic League zu haben, die, wie wir wissen, fast überall ihre Finger im Spiel hat und auch in Zukunft das Familiengeschäft der Shelbys, welcher Art auch immer, torpedieren und die Familie bedrohen könnte.
Und der Deal besteht darin, dass sämtliche Familienmitglieder bis auf Tommy verhaftet werden.
Whaaat? Schließen wir diesen Teil mit den Worten Tommys, an seinen verdatterten und wütenden Bruder und bestimmt auch ein klein wenig an uns Zuschauer gerichtet: „Trust me, Arthur!“
Das wollen wir dann auch mal tun.
Meinung
Beginnen wir mal mit dem Ende. Ich finde es sehr bezeichnend, dass man Tommy seine Familie „aufgeben“ lässt, um diese zu retten. So ja der Tenor der letzten Szene bzw. die einzige logische Schlussfolgerung. Und das deutet Tommy auch an. Denn er erkennt, dass die League nach der Vereitelung ihres Planes durch die Blinders und dem Tod Father Hughes wohl nicht Ruhe geben wird. Und sie kontrollieren Teile der Justiz und Scotland Yard. Wahrscheinlich sind sie auch international gut vernetzt und kein Shelby wäre mehr sicher. Und nach Ansicht Tommys kann er dieser Gefahr nur umgehen in dem er sich einen größeren Partner an seine Seite stellt.
Und das kann nur Churchill sein. Ich vermute daher auch, dass die Aktion der Polizei eher symbolischer Natur ist und dass die einzelnen Familienmitglieder nach einiger Zeit wieder entlassen werden. Andererseits wäre eine Staffel, in der die meisten Shelbys im Gefängnis sitzen auch mal interessant. Wobei erst recht diese Staffel gezeigt hat, dass Alleingänge von Tommy nicht immer von Erfolg gekrönt sein müssen.
Am Ende der dritten Staffel kann ich für mich den extra boost nicht erkennen, den die Autoren überall und an jeder Stelle erwähnt haben. Die Staffel war mehr als solide, spannend und unterhaltsam. Aber dieses „mehr“, welches überall mitgeschwungen hat, habe ich nicht gesehen.
Das war aber auch gar nicht notwendig, denn „Peaky Blinders“ macht in meinen Augen vieles richtig, von Anfang an. Die Staffel war wieder genauso gut gescripptet wie immer, die neuen Figuren gut gecastet und die gesamte Staffel toll in Szene gesetzt. Man bot uns wieder tolle Bilder und durch die neue Wohnsituation auch mal andere Settings. Diese erinnerten zwar eher an „Downton Abbey“ aber sie haben es dann doch nicht übertrieben. Es war weiterhin dreckig und schmierig. Und wenn es dann die Bewohner des neuen Palastes waren.
Apropos Cast: Paddy Considine als Father Hughes war jetzt zwar schon überzeugend aber auch nicht so überragend und Angst einflößend, wie er überall abgefeiert und vorher auch betitelt wurde. In seiner Person und auch in den Ankündigungen zur Staffel an sich sehe ich ein wenig „mein Problem“ mit dieser Staffel. Sie wurde in meinen Augen viel zu sehr im Vorfeld gehyped, so dass meine Erwartungen viel zu hoch waren auch wenn ich von der Staffel nicht enttäuscht wurde. Aber irgendwie fühlt es sich unvollendet an.
Was die Drehbuchautoren und Cillian Murphy dafür umso besser geschafft haben, war, aus dem taffen Tommy Shelby einen ganz normalen Vater zu machen, der sich berechtigte Sorgen um seinen Sohn macht und alles seinem Glück unterordnet. Sehr glaubhaft und nicht zum Nachteil der Figur. Das Tommy weiterhin der unbestrittene Chef der Peaky Blinders ist, zeigt er nicht nur am Ende.
Was mir nicht so gefallen hat, war der Grundtenor der Staffel, also dem familieninternen Zwist rund um Arthur und den teilweise nervigen Szenen mit Polly und ihrem Maler. Das passte weder zu Arthur noch zu Polly. Vor allem habe ich die Szenen nur als Ablenkung verstanden, nichts, was die Story wirklich trägt und weiterentwickelt. Außer eben, dass die Shelbys vielleicht nicht mehr ganz so eng beieinander sind als in früheren Staffeln.
Den Tod von Grace kann ich immer noch nicht verstehen. Die Folgen des Tods schon und auch den Sinn für die Staffel aber ich hätte Annabelle Wallis gerne weiterhin in der Serie gesehen. Die Einsamkeit Tommys hätte man auch anders untermauern können. Aber naja, als Fan kann man eben nicht alles haben.
Halten wir noch einmal final fest: „Peaky Blinders“ ist weiterhin eine grandiose Serie, hat eine Top Story und ist weiterhin eine der besten Dramaserien unserer Zeit in der BBC.
Und insbesondere das Ende der dritten Staffel dürfte die Fantheorien zu den restlichen zwölf Folgen neu anheizen. Aber die Zeit wird lang bis zur vierten Staffel.
2017 – du kannst kommen!
Bilder: BBC
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