Diese Woche feierte nicht nur die neunte und letzte Staffel „Suits“ Premiere, sondern auch die erste Folge des ersten Spin-offs daraus: „Pearson“. Wobei, eigentlich hatte man ja bereits Anfang 2018 einen sogenannten „Backdoor Pilot“ im Rahmen der Folge S07E16 der Mutterserie, als man die Serien-Namensgebende Jessica nach Chicago brachte. Entsprechend hat man bei der ersten wirklich eigenständigen Folge auch gleich mal auf größere Einführungen verzichtet, was sich ganz gut im angenehm kurz gehaltenen Intro mit Mehrfachbelichtungs-Effekt widerspiegelt. Im recht spoilerarmen Review möchte ich euch aufzeigen, ob es sich lohnt, einen Blick in „Pearson“ zu werfen.
„I spent years with making money and fighting to keep my name on the wall. My life needs to be about more.“ (Jessica)
Nicht einfach nur eine zweite Stadt
Nicht umsonst wurde das ursprünglich als „Second City“ betitelte Spin-off kurzerhand umbenannt. Auch in den ersten Sekunden wird schnell klar, dass „Pearson“ nicht einfach nur „Suits“ 800 Kilometer weiter westlich sein soll. Alles wirkt dramatischer, die Luft ist dünner, die Atmosphäre wirkt düsterer und rauer. Soll es auch, denn mit dem guten alten Trick, schon einmal etwas vom möglichen Staffelfinale zu zeigen, werden wir mit einem möglichen Unglück für Jessica konfrontiert – ehe wir dann doch zum Anfang zurückspringen. Interessant finde ich dabei den Paradigmenwechsel. Als Jessica noch wichtige Fotos und Akten vernichtet, wird ihre Name auffallend oft genannt. Zum einen, damit neue Zuschauer wissen, wer das ist und welche Sendung sie gerade schauen, vor allem aber, um zu zeigen, dass allerlei Leute die wichtige Figur (er)kennen, um zu demonstrieren, was für einen Status und Impact der Charakter gewonnen hat. Acht Wochen zuvor sieht das noch anders aus, denn da wird ebenso auffallend oft von Leuten „I‘m sorry – you are?“ gefragt. Jessica ist offenkundig die Neue von Draußen, die noch nicht weiß, wie Dinge in Chicago geregelt werden – sei es über Beziehungen in der Politik, oder in nicht ganz so wohlhabenden Kreisen familiärer Beziehung. Und das wird ihr und uns auch vehement klar gemacht.
„In New York, when someone‘s serving up bullshit escuses, doesn‘t matter if they‘re backed up by a string quartett, they‘re still bullshit.“ (Jessica)
Dennoch wird ihr Skillset gebraucht, unabhängig davon, ob sie nun gegen Anwälte oder Politiker vorgehen soll – das sind alles Anzugträger mit Macht- und Bluff-Spielchen, die Jessica als Menschenleserin und knallharte Entscheidungstrefferin ausspielen soll. Auch das wird durch die eingangs gezeigten und später gefundenen Fotos/Akten sowie vor allem den Taten und Worten ihres neuen Arbeitgebers deutlich. Bürgermeister Bobby Golec dürfte eine interessante Figur zwischen öffentlichem Reinheitsdrang und inoffiziellem Schmutz am Stecken sein, die dazu meiner Meinung nach mit dem aus „Homeland“ bekannten Morgan Spector sehr passend besetzt wurde. Auch Keri wurde mit Bethany Joy Lenz („DEXTER“) sehr taff besetzt und die ersten Dialoge zwischen ihr und Jessica hatten eine angenehme Würze. Zu schade, dass man bereits jetzt weiß, dass die nur um Anerkennung und Positionen kämpfen, aber spätestens am Ende der Staffel beste Arbeitsfreundinnen sein werden – und zwischen Jessica und Bobby wird doch auch noch was gehen, oder nicht? Jeff hat sich jedenfalls direkt mal beziehungsbelastet gezeigt und die Flucht ergriffen…
„She‘s a thread to both of us, Bobby!“ – „And that‘s why I hired her.“ (Pat & Bobby)
Dass es noch zu vor allem familiärem Drama kommen dürfte, wurde auch bereits angedeutet. Der (Halb-)Bruder von Bobby lechzt nach Anerkennung und Austritt aus des Bruders Schatten, hält aber noch an der Loyalität fest. Auch Jessicas Familie kommt noch ins Spiel und wird ihren inneren Kompass nachjustieren, da bin ich mir recht sicher. Und letztlich wird neben dem Haifisch-Becken Politik sicherlich auch die Stadt Chicago ihr Reibungspotenzial ausschöpfen.
Man hat das Gefühl, mitten in einer Serie anzufangen, von der man die ersten Folgen verpasst hat, oder nach einer langen Midseason-Pause nicht mehr so ganz genau weiß, wer was gemacht hatte. Das soll sicherlich zum einen aufregend für uns Zuschauer sein, die ohne weitere Umschweife in die „Action“ gelassen werden, vor allem aber auch das Gefühl verkörpern, das Jessica als Neue fühlt. Letztlich ist „Pearson“ ja auch ein Spin-Off mit eingangs erwähnter Abschieds-Übergangs-Episode im Hauptprogramm, so dass ein paar Figuren und Vorgeschehnisse bekannt sind, dennoch hätte ich einen klassischeren Ansatz als angenehmer empfunden. Allgemein bin ich noch unentschlossen, was die Hauptstimmung der Serie anbetrifft. Man will sich merklich von „Suits“ abkoppeln, ich habe da eher ein „Law & Order“-Feeling, was eine Serie ist, mit der ich nie wirklich was anfangen konnte. Allgemein bleibt meiner Meinung nach fraglich, wie lange Jessicas durchaus stichige Wortbeigaben ausreichen, um genug Pfeffer im Format einzubringen.
„It‘s a kick in the ass. Which is why the mayor brought me here.“ (Jessica)
Enttäuschend war der Auftakt nicht. Figuren mit Potenzial, eine angenehm raue Stimmung und vor allem der Akten-Trick schüren grundsätzliches Interesse. Ich werde aber dennoch nicht weiterschauen. Nicht, weil „Pearson“ unschaubar wäre, aber ehrlich gesagt bin ich als jahrelanger Zuschauer ganz froh, dass „Suits“ nach neun Staffeln beendet wird. Und da ist mir Jessica dann doch zu sehr in einer zweiten Stadt, als dass ich eine ähnliche Serie anfangen müsste, die einen dann doch zu trockenen Eindruck auf mich macht. Dafür ist der „To Watch“-Zettel schlicht zu lang und gut besetzt. Aber hey – ich wünsche dir alles Gute bei deiner neuen beruflichen Herausforderung, Jessica!
Die erste Staffel „Pearson“ wird zehn Episoden umfassen. Noch ist unklar, wann und wo die Serie auch auf Deutsch zu sehen sein wird, möglich wäre analog zur Mutterserie „Suits“ eine Aufnahme bei Netflix, wobei das auch arg zeitverzögert stattfindet, ist dort doch noch nicht einmal die achte Staffel der Serie inbegriffen.
Bilder: usa
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