Pathos und Show – das können die US Amerikaner wie kaum ein anderes Volk. Von daher sollte es den Baseball affinen Serienfan nicht wirklich überrascht haben, dass Ginny Baker, die Hauptfigur in der neuen Sportdramaserie auf Fox, mit der Nummer 43 aufs Spielfeld geschickt wird. „Eine Nummer über Jackie“ – wie Frank Reid, der Besitzer der San Diego Padres gleich zu Anfang erwähnt, damit wir die Tragweite und symbolische Bedeutung der Szene auch nicht übersehen. Wie sollte man auch, könnte dieselbe Pilotfolge – leicht verändert – auch in einer Serienumsetzung von „42 – Die wahre Geschichte einer Sportlegende“ nahezu genauso ablaufen. Die Geschichte der Serie ist aber nicht die von Jackie Robinson sondern die von Ginny Baker, der ersten (fiktiven) Pitcherin und Spielerin in den Majors, also der obersten Baseballliga der USA. Diesen Pathos hätte es allerdings nicht gebraucht, um einen ganz ansehnlichen Start in die neue TV Season zu meistern. Die Probleme Robinsons sind aber auch die von Baker. Kann man machen. Aber von vorne.
In der sAWE Redaktion war von Anfang an klar, dass diese Serie nur von zwei Reviewern begleitet werden kann, einfach, da Baseball für sie nicht der langweiligste Sport auf der Welt ist, sondern Hobby, Zeitvertreib und große Leidenschaft. Daher vorab noch ein paar Worte zur Einschätzung der Rezensenten: Kien, der selbst Baseball spielt und sogar hinter der Homeplate steht (Umpire oder in deutsch: Schiedsrichter) dürfte eine deutlich kritischere Haltung an den Tag legen und sehr genau auf die Umsetzung „des Spiels“ achten, das drumherum, die Einhaltung der Regeln und der Umgang der Spieler miteinander. Meine Wenigkeit hat noch keinen einzigen Ball geschlagen, verfolgt den Sport aber nun seit zwei, drei Jahren sehr aktiv und würde Baseball als großen Zeitvertreib einordnen mit dem Hauch einer Leidenschaft. Bei Kien ist die Leidenschaft dagegen seit Jahren immens – von daher bin selbst ich neugierig, wie möglicherweise unterschiedlich wir zwei „Experten“ die Serie sehen werden.
Denn zumindest die Pilotfolge werden wir uns reviewtechnisch aufteilen. Ab der zweiten Folge werden wir sehen, ich kann schon so viel verraten, ich werde definitiv weiterschauen.
Eine letzte Anmerkung bevor wir kurz in die Handlung einsteigen, Baseball typische Begriffe wie Pitcher, Catcher, Shortstop, Count, Inning oder Screwball werden wir nicht weiter oder gesondert erläutern, da reicht in 99% der Fälle eine kurze Wikipediarecherche. So wichtig zum Verständnis und dem Zugang zur Serie ist das alles aber auch nicht wirklich. Wenn doch, schreiben wir es dazu.
Handlung
Der Tag ist endlich gekommen, auf den Ginny und ihr Vater so lange und so hart hingearbeitet haben. Angefangen von ein paar Würfen im elterlichen Garten, über Schul- und Collegeteams bis hin zu den Minors (unterhalb der Majors angesiedelt) wird Ginny heute Abend als erste Frau das Spielfeld in einem offiziellen Baseballspiel ihrer San Diego Padres betreten. Und das als Pitcherin. Welch große Verantwortung.
Den ganzen Tag über sehen wir kurze Szenen, welch großem Druck Ginny ausgesetzt ist. Frank Reid erwartet volle Stadien, ein positives Medienecho und Publicity. Amelia Slater, Ginnys Managerin, bläut ihr schon seit ihren Tagen in den Minors ein, wie wichtig sie für den Sport und vor allem für die Frauen im US Sport ist – und Ginny sieht auch überall ihre Wirkung auf junge Mädels. Ihr Name prangt auf allen Spruchplakaten, ihr Autogramm ist gefragt. Der Medienrummel ist enorm.
Mehr als einmal entflieht Ginny diesem Druck in dem sie an früher denkt, wie sie mit ihrem „Pop“ im Garten ein paar Bälle wirft und wie die ganze Geschichte begonnen hat, die heute Abend ihren ersten großen Höhepunkt bekommen soll. Aber wie man es für Sportlerdramen erwarten durfte, geht beim ersten Spiel alles schief, was schiefgehen kann. Sie produziert einen Wild Pitch nach dem anderen, ein Walk reiht sich an den Nächsten. Ginny ist vollkommen von der Rolle, überwältigt von den Erwartungen. Auch von den eigenen. Noch im ersten Inning betritt der Pitching Coach den Mount um Ginny zu beruhigen. „So etwas hätte er schon tausend mal gesehen“. Doch Ginny ist fertig und möchte nach gerade einmal zehn Würfen ausgewechselt werden. Ein Drama.
Noch in derselben Nacht kommt es zu einem kurzem Aufeinandertreffen mit ihrem Vater, dem sie vorwirft, dass sie nur seinen Traum weiterleben soll, dass sie nie ein richtiges Teenagerleben führen konnte. Wer jetzt an russische Eislaufmuttis denkt, der liegt nicht ganz verkehrt. Aber am Ende wirft sie dann doch noch ein paar Bälle zur Beruhigung. Wie früher. Im Garten.
Die Woche geht rum und das Management setzt sich gegen den Willen des Managers (Trainer) Al Luongo durch, dass Ginny auch ihr zweites Spiel pitchen darf und nicht wieder runter in die Minors geschickt wird. Was wohl der normale Zug eines Managers in dieser Situation gewesen wäre. Al Luongo beugt sich missmutig dieser Ansage, was soll er auch machen.
Ein großer Fürsprecher innerhalb des Teams ist Blip Sanders, der Ginny aus den Minors kennt und mit ihr sehr gut befreundet ist. So schnappt sich zum einen Blip den Teamkapitän, Catcher und Star der Mannschaft, Mike Lawson, um ihn zur Unterstützung Ginnys zu bewegen, da Blip fest daran glaubt, dass Ginny etwas magisches hat, was ihrem Team noch gefehlt hat, um die World Series zu gewinnen. Zudem ist Lawson derjenige beim Spiel, der als Catcher den meisten Kontakt zum Pitcher hat, mit diesem sprechen darf, die sich auf dem Spielfeld ergänzen und vertrauen müssen.
Zudem versucht Evelyn Sanders, Blips Frau, Ginny auf andere Gedanken zu bringen und hat dazu eine Flasche Hochprozentiges mitgebracht. Soll ja manchmal Wunder wirken.
Aber auch die ersten Würfe beim zweiten Spiel lassen nichts Gutes erwarten. So sehen wir Lawson zum Mount gehen, mit Ginny reden und er trifft dabei natürlich den richtigen Ton und vor allem, das eigentliche Problem: „tu es für dich, nicht für die anderen!“.
Der nächste Wurf trifft dann auch endlich ins „Schwarze“. Und die weiteren Würfe auch. Am Ende des Tages wird Ginny ganz normal im 7. Inning ausgetauscht und sie kann ihren ersten Win verzeichnen.
Hier könnte man erwarten, dass die Pilotfolge endet. Tut sie aber nicht. Es kommt in der Umkleidekabine zu einer kurzen Auseinandersetzung zwischen Blip und einem weiteren Teammitglied – dem zurückgestuften Pitcher – was wiederum Frank Reid zu Ohren kommt und daraufhin zum Sportdirektor (General Manager) seines Teams läuft und ihm mitteilt, er solle sich nach einem neuen Trainer (Manager oder ugs. auch Skipper) umschauen, da Al Luongo offenbar seine Spieler nicht mehr im Griff hat und für Reid zu viel auf dem Spiel steht.
Ganz zum Schluss schalten die Drehbuchautoren noch einmal richtig einen Gang hoch und holen mit dem Emotionskeule aus: Wieder sehen wir eine Erinnerung aus Ginnys früheren Baseballjahren. Und dieses Mal ist es eine, mit der man bisher nicht rechnen konnte. Ginnys Vater starb bereits vor Jahren bei einem Autounfall und die aktuellen Szenen mit ihm waren allesamt Bilder in Ginnys Kopf.
Schwarzblende.
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