Oh, falsche Sprachversion eingestellt? Die zweite Folge von „Preacher“ beginnt mit einem schönen traditionellen deutschen Einschlaflied – überraschenderweise auch in der Originalfassung. Ehe wir zu Jesse, Cassidy und Tulip stoßen, wird uns erst noch eine Introgeschichte präsentiert, die im Jahr 1881 stattfindet. Was sie mit unserer Haupthandlung zu tun hat, erkennen wir allerdings noch nicht, wir können es am Ende höchstens erahnen – es sei denn natürlich, man ist schon mit den Comics durch.
Zum Schluss taucht nämlich nochmal der Baum auf, der im Intro eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Und nein, wir befinden uns nicht bei True Detective, sondern eben in Preacher. Zurück in der alten Handlung, versucht Tulip immer noch, Jesse davon zu überzeugen, bei der „Sache“ dabeizusein. Dabei geht sie durchaus einfallsreich vor, inklusive einer witzigen Ankettungsaktion, die sich als Fake entpuppt.
Auch in dieser Folge bekehrt Jesse wieder ein Gemeindemitglied mit seinen neuen Kräften, ebenfalls wieder recht eindrucksvoll. Ich mag die wechselnde Perspektive zwischen Jesse und seinem Widerpart, auch das dichte Heranzoomen an Jesses Gesicht, wenn die fremde Macht aus ihm spricht, gefällt mir sehr. Jesse scheint so langsam zu erkennen, welche Gabe in ihn gefahren ist, und er probiert’s gleich nochmal aus – open end.
Und seine neue Missionierungsmission in die Tat umzusetzen, gibt’s zu Folgenbeginn gleich mal eine Massentaufe – auch wieder schön inszeniert. Cassidy ist im Gegensatz zu Tulip verständlicherweise zwar nicht dabei, bekommt im Laufe der Folge noch eine tragende Rolle. Dann nämlich, wenn er Jesse erst mit einem wilden Mixgetränk ausknockt, dann aber vor den beiden obskuren Ermittlern beschützt – eine ziemlich blutige Auseinandersetzung zwischen Cassidy und den beiden ist die Folge. Hier gönnen die Macher der Serie mal wieder eine große Prise schwarzen Humor; die herrenlose Kettensäge mit dem abgetrennten Arm zum Beispiel, die auf Jesse zusteuert – grandios. Dass die Ermittler später nochmal im Sheriff-Büro auftauchen, macht uns natürlich stutzig – wobei nicht klar ist, ob sie wieder auferstanden sind oder ob es sich einfach um einen Flashback handelt.
Zum Abschluss bekommen wir dann noch den reinlichen Vampir zu Gesicht, der die besudelte Kirche wieder von Grund auf reinigt, mit einem genialen Abschlussshot, bei dem er voller Abneigung, aber irgendwie auch in romantischem Setting Richtung Sonne blickt – großartiges Bild.
Alles in allem geht’s etwas ruhiger zu; war aber auch zu erwarten, dass der furiose Auftakt nicht gänzlich in das reguläre Serienleben zu übertragen war. Trotzdem weiterhin Unterhaltung auf gutem Niveau, bei der man mit großer Freude dabeibleibt.
So, habe dann auch mal beide Folgen gesehen und kann dir hinsichtlich der Darstellung, der Visualität und dem Produktionsvalue echt zustimmen. Auch der Humor passt.
Aber ohne Kenntnisse der Comics wüsste ich noch überhaupt nicht, worum es hier eigentlich gehen soll. Zum Ende der ersten Folge habe ich dann mal den Wikipedia Artikel überflogen um ungefähr eine Ahnung zu haben, wohin der Zug fährt.
Natürlich muss man nicht sofort alle Fakten auf den Tisch legen, aber den unwissenden Zuschauer dürften beide Folgen vollkommen ratlos zurück lassen.
Weiß nicht ob das ein Qualitätsmerkmal sein sollte.