Ja, ich denke mal, wer Science Fiction liebt, der wird sich die neue HBO Max-Serie „Raised by Wolves“ vornehmen. Allein schon wegen Ridley Scott… ich mein’… „Alien“, „Blade Runner“… aber okay, natürlich auch „Prometheus“… wie auch immer, reinschauen muss man auf jeden Fall einmal, wenn der große Regisseur sich im Serien-Fach die Ehre gibt. Natürlich mit Science Fiction, und allein mit Blick auf den Trailer konnte man vermuten, dass es wieder kein so richtig optimistisches Bild geben wird, das er uns zeigen wird. Erfreulicherweise ist TNT Serien mit der deutschen Ausstrahlung recht zeitnah dabei, so dass wir uns den Piloten auch schon einmal genauer anschauen können.
In dem Fall starten wir mit dem Bild einer gefallenen Welt, aus der Menschen geflüchtet sind, um eine neue Welt für sich zu entdecken. Fast ausgelöscht wurde die Menschheit durch einen Glaubenskrieg, was uns das Thema Religion mal wieder in eine Science-Fiction-Serie holt. Was nicht immer gut funktioniert, aber mich auf jeden Fall immer fasziniert. „Battlestar Galactica“ samt Spin-Off „Caprica“ sind sicher sehr gute Beispiele, wie man die durchtechnisierte mögliche Zukunft mit Religion verbinden kann. War es in BSG noch etwas undurchsichtig, wer jetzt an was oder wen glaubt (wobei ja selbst die, an die geglaubt wurde, wechselten), macht es Serienschöpfer Aaron Guzikowski hier zunächst mal einfacher: Da die Gruppe von gläubigen Menschen, die auf einem „Arche“ getauften Raumschiff (okay…) unterwegs sind und sich die „Mithraic“ nennen, offensichtlich Sonnengott-gläubig; dort die Ahteisten, die im Glauben den Grund für die Beinahe-Zerstörung der Menschheit sehen und zwei Androiden losschicken, um auf Kepler-22b eine neue, gottlose Menschen-Kolonie aufzuziehen.
Klingt nach Konflikt, davon bekommen wir zunächst einmal aber nicht viel zu sehen. Stattdessen werden wir zu Beobachtern, wie die beiden Droiden, Vater und Mutter (ja, das sind die Namen), auf dem Planeten ankommen, relativ schnell ein Zelt aufbauen und die ersten Kinder produzieren. Das erfolgt alles relativ emotionslos, mit Verkabelung von Mutter mit ein paar Brutboxen, aus denen Vater die irgendwann lebensfähigen Kinder entnimmt. Ein Kind lebt leider nicht, und eigentlich wollte Vater es schon an die anderen verfüttern (so sieht es seine Programmierung vor), doch dann nimmt sich Mutter das noch leblose Kind zu Herzen (im übertragenen Sinne) und erweckt es irgendwie zum Leben. Dann plätschert’s eine ganze Weile vor sich hin: Wir bekommen Zeit, uns zu orientieren, derweil ein Kind nach dem anderen stirbt, bis nur noch eines übrig bleibt. Man ahnt es, natürlich ist es das zunächst leblose Baby.
Vater erkennt natürlich, dass die Kolonie so auch keinen Sinn hat, doch damit wird Mutters Überlebens- und Beschützer-Instinkt geweckt, und sie entsorgt nicht nur Vater, sondern entdeckt viele neue Fähigkeiten. Da bekommt der Begriff Helikopter-Eltern eine ganz neue Dimension…
Während die Zeit des Aufwachsens erzählt wird, fallen mit so ein paar Ungereimtheiten auf. Die Kinder wissen relativ viel über die Geschichte der Menschheit und auch über das Thema „Glauben“ – was mich eigentlich wundert, denn im Prinzip hätten sie ja gar nicht mit dem Wissen füttern müssen, wenn man sie doch davor schützen möchte, „im Glauben“ aufzuwachsen. Auch die Geschichte spielt ja im Prinzip keine Rolle. Sie wachsen ja komplett neu auf, sie starten bei ‚Null‘ – dafür ist mir da jetzt zuviel an Wissen aus der alten Welt drin. Und mit Blick auf die Mission schützen die Androiden die Kinder auch zu wenig vor dem Tod, so dass die Kinderschar immer kleiner wird. Und bevor man jetzt rätselt, wie die beiden am Ende Überlebenden aus dieser Sackgasse wieder herauskommen, landen natürlich die Mithraic auf Kepler-22b. Und ab da wird’s mit dann leider auch ein bisschen zu unlogisch und zu Standard-Science-Fiction mäßig. Eindringlinge in komischen weißen Uniformen (sie suchen eine neue Welt und befinden sich nicht im Krieg) wollen Kind mitnehmen, Mutter ist sehr, sehr böse, die Mithraic bereuen – zu spät natürlich. Warum Mutter trotzdem einen der Gläubigen am Leben lässt (mutmaßlich der Gegenspieler in späteren Folgen), warum sie gleich das ganze Schiff zerstören muss (das sie ja unter Kontrolle gebracht hat), warum sie nur ein paar Kinder mitbringt als zukünftige Spielgefährten für Campion – alles nicht ganz so kreativ und nachvollziehbar. Irgendwas wird ja auch noch mit den wilden Tieren kommen, von denen Vater und Mutter über die Jahre zig Skelette ausgegraben haben – das ist ja dann schonmal vorbereitet. Und dann ist mir Mutter auch ein bisschen zu mächtig und zu unverwundbar. Das Einzige, was sie nicht kann, ist offensichtlich das Kümmern um die Kinder, aber das kriegen ja auch viele Menschen nicht hin.
Insgesamt sieht natürlich alles (Achtung, Patrick) „sehr gut aus“, so wie man es von Ridley Scott kennt. Aber wie schon bei „Prometheus“ kann das für mich zunächst einmal nicht über die recht simpel erzählte Story mit einem ziemlich hohen Grad an Vorhersagbarkeit hinwegtäuschen. Bei Folge 2 ist er ja auch nochmal am Werk, ehe Scott an seinen Sohne Luke weiter gibt. Warten wir ab, was passiert.
Bilder: HBO Max / TNT Serie
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