Amazons 80er Jahre-Serie „Red Oaks“ ist zurück mit der 2. Staffel. Etwas mehr als ein halbes Jahr ist vergangen, seitdem sich im Staffelfinale die Wege der Hauptprotagonisten auf vielfältige Art trennten. Es ist 1986, und Staffel 2 startet in Paris. Vom Country Club „Red Oaks“ bekommen wir in der Premiere nichts zu sehen.
Das überrascht ein wenig, da sich die 1. Staffel ja gerade mit dem Club und den vielen „Helden“, die dort arbeiten und ihre Freizeit verbringen, beschäftigen. Die erste Staffel der Serie, die von den „The Knick“-Erfindern Gregory Jacobs und Steven Soderbergh erdacht wurde, setzte eben keinen einzelnen Akteur in den Mittelpunkt, sondern erzählte mehrere Schicksale parallel – nachzulesen in meinem Serientipp zur Amazon-Serie.
Jetzt dreht sich aber erstmal alles um Skye und David. Skye geht ihrer Vorliebe für Kunst in Paris nach, und David hat sein Erspartes zusammengekratzt, um sie dort zum Jahreswechsel zu besuchen. Regisseur Hal Hartley, ein Urgestein der 80er Jahre Film-Independent-Szene, führt uns authentisch in das Paris der 80er Jahre, sogar mit klassischen Kameraeinstellungen aus der damaligen Zeit, beim Aufeinandertreffen von Skye und David zum Beispiel, oder später bei diversen Szenen in Skyes Appartment. Und die Macher setzen gleich ein Zeichen, indem Skye ihrem Freund eine neue Videokamera schenkt, um seinen Aufenthalt zu dokumentieren. David möchte nämlich Filmemacher werden, hat aber offensichtlich keinen Studienplatz bekommen – anders als gehofft. Jetzt bekommt er auf jeden Fall die coole Kamera, und als Skye ihn ermuntert, filmisch auch mal in andere Richtungen zu denken, meint er nur:
Wer will schon fürs Scheiß Fernsehen arbeiten. (David Myers)
Das sitzt. Und später nochmal, wenn David im Kreise der französischen Kollegen von Skye anfängt, über „sein“ fachliches Spezialgebiet zu philosophieren – was aber niemand versteht, da vermeintlich die Sprachbarriere ein unüberwindbares Hindernis darstellt – da ist natürlich auch inhaltlich-selbstreferentiell wieder einiges drin – macht Spaß.
Dann wird’s schnell turbulent. Skyes Eltern kommen überraschend zu Besuch und es entwickelt sich insgesamt fast schon in die Richtung „typische französische Komödie“ – durch das Setting, klar, aber auch durch den Schnitt, die etwas schnelleren Dialoge und das Acting – macht irgendwie Spaß. Und es ist auch eine große Freude, die ganzen Figuren abseits des Country Clubs in New Jersey in diesem so gegensätzlichen Paris zu sehen – was vor allem Vater Doug Getty so gar nicht gefällt. Woraus er auch keinen Hehl macht, wenn er zum Beispiel den französischen Nachtclub runterputzt oder auf ein französisches Café deutet und meint:
Wenn wir nicht gewesen wären, wäre das heute ein Hofbräuhaus. (Doug Getty)
Schade, dass das alles nach 25 Minuten schon wieder vorüber ist. Ich hätte mir irgendwie gewünscht, dass diese Folge als so eine Art Special zwischen die beiden Staffeln gesetzt worden wäre: Erste Season im heißen Sommer im Country Club, dann als – vielleicht verlängertes – Special diese Folge im zwar klimatisch kühlen, aber emotional ebenfalls heißen Paris, dann die zweite Season in der neuen Club-Saison. So ist die Folge dann der Einstieg in die Season 2 – klar, passt auch. Wer den „Red Oaks“-Club verpasst, wird sich dann ab Folge 2 wieder heimisch fühlen.
Für mich ein gelungener Auftakt der 2. Staffel. Die Paris-Idee wurde exzellent umgesetzt, alle agieren auf höchstem Niveau, Dialoge, Perspektiven und Witz sitzen. Die Folge hat Charme, wie die ganze Serie bis hier hin. Jetzt kann ich’s aber kaum erwarten, zurück zu „Red Oaks“ zu kommen. Um Nash zu treffen, und Wheeler und Barry, Karen und Herb…
Kommentiere
Trackbacks