Zu Beginn der neuen Folge „Rick and Morty“ hat man direkt gedacht, dass einem zum Staffelfinale etwas Besonderes erwartet. Immerhin gab es kein Cold Opening und wir sind direkt in das Intro und danach in die Handlung reingesprungen. „Reingesprungen“ ist auch direkt das passende Wort für diese Episode, die gleich mehrfach mit unseren Erwartungen spielt.
Ein Cronenberg-Monster? Pah, langweilig, alles schon gesehen! Auf der Suche nach richtigem Thrill sitzen Rick und Morty einem Lauscher auf, der genau weiß, wo sich die Erde befindet, da er angeblich auch von dort stammt. Erinnert nur mich der Typ an den Teufel als Verkäufer in Folge S01E09 („Something Ricked This Way Comes“)? Jedenfalls fliegen die drei zu… Denny’s?! Das wirkt wie ein weitere Marketing-Move in Form von Konkurrenz-Belächeln, um wieder Werbung für Wendy’s zu machen. Wendy’s hat aber kein Fear Hole! Ein Loch, das dich deine größte Angst konfrontieren und überwinden lässt. Der neugierige Morty kann natürlich nicht anders, als reinzuspringen.
„My greeatest fear, Morty, is trusting a gross hole to conquer my fear. And I conquer that fear by walking away.“ (Rick)
Rick kommt Morty im Loch zur Rettung, wobei direkt etwas seltsam wirkt, dass er seine vermeintliche Furcht überwindet, ohne Waffe kämpfen zu müssen – das hat er doch bereits etliche Male gemacht? Und wieso sollte sich Rick einscheißen? Aber so richtig Lunte riecht man dennoch nicht, schwingt doch primär mit, dass Rick Morty um dessen Furcht-Erfahrung gebracht hat. Dass die Familie daheim genau wie Rick einige Wochen zuvor „Bake or Fake?“ schaut, ist noch so ein kleines Indiz, dass da irgendwas zumindest mal seltsam ist – das Größere kommt dann in den Raum geplatzt: Ein anderer Rick taucht mit einer jungen Diane auf – die es ja eigentlich gar nicht mehr geben soll. Ein gelungener Moment, lässt er doch viele Zuschauer:innen hoffen, dass wir es nun doch trotz der Folge Fünf der Staffel mit einer epischen Abschluss-Episode zu tun haben würden, die die große übergeordnete Geschichte aufnimmt. Während sich dieses Gefühl bildet, bekommen wir aber den netten Moment zu sehen, in dem Rick und Morty beide schließen, dass sie wohl noch immer im Fear Hole stecken. Insgeheim habe ich auf den doppelten Bluff gehofft, den Morty anmerkt, so dass die beiden sich lapidar verhalten, obwohl es sich doch um die Realität handelt.
„Even if this was real, she’d only be a version of your daughter, who could also be a clone of your daughter.“ (Rick)
Das mittlere Drittel der Folge schenkt uns ein paar Insights in die frühere Beziehung von Rick und Diane. Dabei schwingen vielerlei Emotionen mit und wir bekommen Ricks Wandlung aufgezeigt, die durch Dianes Ableben durchlaufen hat. Und, was Enten so sagen, wenn sie futtergeil sind.
„I tell you what, old man. Seems like losing me made you cooler. I should die more often!“ – „You did.“ (Diane & Rick)
Auffällig ist, dass Morty die ganze Zeit nebenbei hängt, gelangweilt, weil sich vermeintlich alles um die Auflösung von Ricks Angst dreht, damit die beiden endlich wirklich aus dem Loch gelangen.
„Here’s one for you: I’m afraid of watching you die!“ – „I like that theory. So stop watching.“ (Morty & Rick)
Das scheint dann auch schlüssig zu werden als Morty den Loch-Bewerber im Loch-Denny’s trifft. Angeblich hat Rick Angst vor dem Glücklichsein. Okay, Treffer, versenkt. Charakterisierungspunkt erfolgt. Oder?
Morty wird jetzt jedenfalls aktiv und versucht selbst, sich Ängsten zu stellen. Die Montage peinlicher Aktionen hat mir gut gefallen, auch wenn er die Dinge ja stets im Wissen umsetzt, dass es sich nicht um die echte Realität handelt. Aber gerade das könnte ja der Punkt des Fear Holes sein.
„My greatest fear is… not being accepted…“ – „It should be! And you need to fear that a hell of a lot more.“ (Morty & Jerry)
Wunderbar fand ich, wie Rick und Diane über die TV-Serie „LOST“ reden! In Dianes Parallelwelt haben Jack und Sawyer zusammen das Fog Monster getötet, „eine Staffel und perfektes Fernsehen“. Ricks „You can be great or you can be around forever“-Spruch dürfte auch einen gewissen Selbstbezug auf „Rick and Morty“ sein, nehme ich an. Auch wenn ich auf die Fleischbeschau hätte verzichten können, war der Schulaufführungs-Rap eine nette Referenz auf die gute alte „Show me what you got!“-Folge.
Letztlich kommen Rick und Morty also wieder aus dem Angs-Loch raus – stecken aber doch noch immer drin. Immer und immer wieder werden sie auf die vermeintliche Rettungs-Situation zurückgeworfen, weil Morty die Situation früher erfasst als Rick. Auch das ist wieder so ein Punkt, der sich – zumindest in der Häufung – falsch anfühlt. Aber gut, Morty ist halt der moralische Kompass, das war schon immer so. Die Rücksetzungs-Montage wird natürlich auch durch eher lächerliche Dinge zurückgesetzt, das hätte man gerne noch mehr auf die Spitze treiben können. Allerding empfand ich das Ganze als etwas wiederholend, gab es Ähnliches doch bereits vergangene Woche mit den Setbacks im Kampf gegen den Papst zu sehen.
„Goddammit – is this gonna be a whole thing?!“ – „No wordplay, Morty!“ (Morty & Rick)
Der Nebensatz, dass man hoffentlich in zwei Staffeln nicht noch mit diesem Fear Hole zu tun haben würde, hat mich aufhorchen lassen. Was, wenn uns Glauben gemacht wird, Rick und Morty seien wieder in der Realität, aber tatsächlich bekommen wir in Staffel Acht ausschließlich ausgedachte Dinge des Fear Holes zu sehen, ehe man zu Beginn von Staffel Neun die beiden tatsächlich nochmal rausklettern lässt? Hätte was, ist aber unwahrscheinlich, dass den beiden das bei all dem Zurückgesetze zum Ende dieser Folge nicht viel früher auffällt. Zumal Rick doch eigentlich eine „Sind wir noch im Loch?“-Maschinerie bauen können dürfte. Wobei – einen längeren „Tun wir mal so, als sei alles wieder normal“-Durchlauf bekommen wir dann tatsächlich zu sehen, in dem Morty sogar heranwächst – und aussieht wie sein Vater?!? – puff! Zurück auf Start.
Der letztliche Twist besteht darin, dass Rick gar nicht im Fear Hole und Morty das Zentrum der Geschichte war. Netter Twist, der vor allem recht unaufgeregt aufgelöst wird, mit Morty in einem nun wenig eindrucksvoll aussehenden „Loch“ hockend. Am Ende rennt Rick selbst in Morty-Manier zurück, als wolle er auch ins Fear Hole springen, kann sich letztlich aber noch immer nicht seiner eigenen Furcht stellen. Stattdessen pinnt er das Foto seines Enkels an die Wand, das er stets in seiner Geldbörse mitgetragen hat. Ein Stück familiäre Liebe, die Morty gefallen hätte.
Die Post-Credit-Szene mit Mr. Poopybutthole hat sich leider mittlerweile ein bisschen plattgelaufen. Wie immer sagt er kurz „Hu-weeee, Season X“-bla-blubb, das reizt und vor allem überrascht nicht mehr wirklich. Seine Mini-Geschichte wird immerhin durch das Benutzen einer gestohlenen Portal Gun fortgeführt, mittels derer er sich selbst in einem Paralleluniversum ersetzt, wobei seine Ersatzfrau wohl schon Lunte riecht. Schauen wir dann mal zum Ende von S08E01 oder S08E10, wie das weiter geht…
Auch wenn wir kein episches Finale geboten bekommen haben, hat mir die Folge gut gefallen. Neben der verschachtelten „Sind wir noch drin?“-Erzählung konnten wir auch viel über die Ängste der Figuren erfahren, was durchaus zur Charakterisierung hat beitragen können. Vereinzelte Twists haben auch gut funktioniert und ich habe mir viele gute Dialogzeilen notieren können. Es gab schon bessere Folgen mit noch tolleren Geschichten, Twists und Dialogen, aber grundsätzlich habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Vor allem hat man es auch gut geschafft, mit den mittlerweile zum Klischee gewordenen „Rick and Morty“-Mechaniken zu arbeiten, so dass wir Zuschauende uns unsicher über das waren, was sich abspielt, ein paar Referenzen einzubauen und dennoch (zumindest sanft) zu überraschen.
Review: „Rick and Morty“ – Staffel 7
Nach diesem Staffelfinale ist es an der Zeit, mal gesammelt über die zehn neuen Folgen zu blicken. Besonders war die Staffel schon alleine dadurch, dass Rick und Morty erstmals nicht von Justin Roiland gesprochen wurden. Der von Adult Swim gefeuerte Co-Creator der Serie wurde durch zwei Voice Actors ersetzt, die ihren Job denke ich ganz zufriedenstellend erledigt haben. Zu Beginn hat man natürlich ein besonderes Ohrenmerk auf die Stimmen gelegt und in Extremsituationen ist es schon noch erhörlich, dass da minimale Unterschiede vorliegen, man hat da aber erstaunlich schnell gar nicht mehr dran gedacht, wie ich finde.
Insgesamt war die siebte Staffel von „Rick and Morty“ durchaus kurzweilig, auch wenn die ganz großen Episoden tatsächlich überschaubar wenige waren. Streng genommen konnte nur die bereits angesprochene fünfte Episode wirklich überragen. Dagegen gab es mit Folge Acht gar einen ungewöhnlichen Ausreißer nach Unten zu sehen. Insgesamt hat man sich dann aber doch recht solide bei immerhin überdurchschnittlichen dreieinhalb bis vier Kronen halten können. Ein paar Viereinhalber mehr waren sonst aber häufiger drin.
8. Staffel „Rick and Morty“?
Durch den frühen Langzeit-Deal steht ja bereits fest, dass es nicht nur eine achte, sondern auch eine neunte sowie zehnte Staffel von „Rick and Morty“ geben wird. In Staffel Acht dürfte spannend werden, ob man bereits etwas hinsichtlich einer Weiterentwicklung der übergeordneten Handlung angehen wird. Nachdem man diese Staffel den Haupt-Arc um Prime Rick überraschend rapide zum Ende gebracht hat, bliebe noch Evil Morty, der eigentlich in Ruhe gelassen werden möchte, sich aber als sogar gegenüber unseres Ricks überlegen herausgestellt hat. Das dürfte über kurz oder lang nochmal aufkochen. Vielleicht hält das Autor:innen-Team aber noch eine ganz neue Überraschung für uns bereit. Oder Staffel Acht bietet erst einmal ausschließlich für sich stehende Episoden-Abenteuer.
Was auch immer kommt, ich bin mir sicher, dass es weiterhin unterhaltsam wird. Gerne mit mehr Ausreißern nach Oben, oder sogar einer höheren Grundqualität, so dass wir gar nicht mehr von Ausreißern sprechen müssen, wenn es über vier Kronen geht. Und: Ich hätte gerne mehr von der restlichen Familie Smith gesehen. Vor allem die Beths kamen diese Staffel extrem kurz, finde ich.
Bilder: Adult Swim
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