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Tom der Trickbetrüger

Review: Ripley (Miniserie)

23. April 2024, 12:50 Uhr

In der neuesten Verfilmung des Kriminalromans „Der talentierte Mr. Ripley“ von Patricia Highsmith reist der Hochstapler Tom Ripley nach Italien, um die Identität eines alten Bekannten anzunehmen.

Ripley-Titelbild

Wer träumt nicht manchmal davon, dem tristen Alltag zu entfliehen, um in einem kleinen Küstenstädtchen Kaffee zu trinken und sich der Kunst zu widmen? Ein solches Leben führt der wohlhabende Amerikaner Richard Greenleaf (gespielt von Johnny Flynn), der sich in den 1960er Jahren in Atrani an der Amalfiküste auf Kosten seines Vaters ein schönes Leben macht und sich als Maler versucht. Richards Vater ist davon wenig begeistert und beauftragt den vermeintlichen Freund und unscheinbar wirkenden Thomas Ripley (Andrew Scott), seinen Sohn in Italien aufzusuchen und zur Rückkehr zu bewegen. Der Einzelgänger Tom, der sich mit kleinen Gaunereien über Wasser hält, wittert seine Chance. Schnell freundet er sich mit Richard (oder Dickie, wie er von seinen Freunden genannt wird) und dessen Freundin Marge (Dakota Fanning) an und nistet sich in deren Leben ein.

„Everything about Tom is perfectly vague. Intentionally so, if you ask me. Or haven’t you noticed?“ – Marge

Highsmiths Bestseller wurde bereits 1960 mit Alain Delon erfolgreich verfilmt („Nur die Sonne war Zeuge“). Vielen dürfte auch noch die Neuverfilmung „Der talentierte Mr. Ripley“ von 1999 mit Matt Damon und Jude Law in Erinnerung sein. Braucht es wirklich noch eine achtteilige Serie? Die kurze Antwort: Ja! Denn Showrunner Steven Zaillian („The Irishman“) gelingt es, dem Stoff einen ganz eigenen Stil zu geben. Inspiriert vom Buchcover der ersten Ausgabe entschieden sich die Macher:innen für eine Schwarz-Weiß-Version, die nur durch ein paar rote Blutflecken in einem Treppenhaus durchbrochen wird. Der Oscar-prämierte Kameramann Robert Elswit („There Will Be Blood“) fängt in jeder Einstellung atemberaubende Motive ein, die gekonnt mit Licht und Schatten spielen und bisweilen an die Werke des Malers Caravaggio erinnern. Der bedeutende italienische Künstler des Frühbarock wird in der Serie immer wieder thematisch aufgegriffen. Kein Wunder, denn sein Leben und sein Werk weisen einige Parallelen zu „Ripley“ auf. Caravaggio (eigentlich Michelangelo Merisi) zeichnete sich vor allem durch seine kontrastreichen Bilder aus, die oft Szenen im Dunkeln mit seitlichem Lichteinfall zeigen. Doch nicht nur künstlerisch passt der Ausnahmekünstler in die Serie. Wie Tom Ripley führte auch Caravaggio ein Leben auf der Flucht. Als er nach einer tödlichen Auseinandersetzung des Mordes beschuldigt wurde, floh er nach Süditalien und lebte bis zu seinem Tod im Verborgenen. Um die Verbindung zwischen dem Maler und Tom Ripley zu verdeutlichen, wird in der letzten Episode sogar eine Rückblende ins 16. Jahrhundert eingefügt, die Caravaggio in der Nacht zeigt, in der sich sein Leben verändert.

Ripley-Tom

Für die Besetzung wurde eine Auswahl an hervorragenden Schauspieler:innen getroffen. Allen voran Andrew Scott („Fleabag“), der dem titelgebenden Tom Ripley eine gewisse Verletzlichkeit verleiht. Dass Toms Taten schrecklich sind, steht außer Frage, und doch hat man irgendwie Mitleid mit ihm. Der mittellose Verbrecher sehnt sich nach einem Leben voller Vergnügen und Reichtum. Genau das Leben, das Richard lebt und verkörpert. Dass sich die beiden Charaktere in ihrer Sozialisation grundlegend unterscheiden, wird an der einen oder anderen Stelle deutlich. Etwa wenn Tom eine Trickbetrügerin entlarvt, die Richard auf der Straße ein paar Lire abnimmt, oder wenn er sich auf Anhieb mit einem Mafioso versteht. Schade nur, dass die Figur des Dickie etwas blass bleibt. Eigentlich sollte er einen charismatischen jungen Mann verkörpern, dem man als Zuschauer:in verfällt. Hier bleibt er etwas unnahbar und sein Schicksal geht einem nicht ganz so nahe. Stattdessen fiebert man mit Tom mit, dessen Schwindel jeden Moment aufzufliegen droht. Etwas unzugänglich bleibt auch die naive Marge, die Tom zwar immer skeptisch gegenübersteht, ihn aber nie verdächtigt. Die Nebenrollen sind ebenfalls gut besetzt. Der Ermittler Ravini (Maurizio Lombardi) weiß ebenso zu gefallen, wie wie Tom und Dickies Freund Freddie Miles (Eliot Sumner), der Toms Spiel schon früh zu durchschauen scheint. Einen kurzen Auftritt hat auch John Malkovich, der 2002 in „Ripley’s Game“ eine ältere Version von Tom Ripley spielte.

Ripley-Marge-Dickie-Tom

Wer sich auf die entschleunigte Erzählweise einlässt, bekommt hier eine spannende Miniserie geboten, die trotz mancher drastischer Szenen ein angenehmes Urlaubsfeeling versprüht. Auch Kenner:innen der Romanvorlage und der bisherigen Verfilmungen dürften auf ihre Kosten kommen, denn die Serie setzt noch einmal andere Akzente.

Fazit

Beeindruckende Serienadaption, die mit betörendem Schwarz-Weiß Aufnahmen besticht und durch einen starken Cast glänzt.

Bilder: Netflix

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Beitrag von:
Dienstag, 23. April 2024, 12:50 Uhr
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Ein Kommentar

  • Kira
    Kira

    Für mich eine absolute Serienperle! Die Kamera war großartig, die Erzählweise und das Tempo besonders und einige Szenen waren kaum aushaltbar, was mich noch tiefer in die Story geholt hat. Andrew Scott ist einfach ein unglaublich toller Schauspieler, aber auch die Rolle des Ermittlers Ravini hat mir sehr gefallen und die unterschwellige, vorwurfsvolle Marge fand ich ebenfalls klasse. Für mich 5 von 5 Kronen!

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